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Gemeinderat, 49. Sitzung vom 22.11.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 87 von 123

 

Wissen Sie, wieso eigentlich der Zuschuss für die Brillen abgeschafft wurde? - Die Mitarbeiter der Krankenkasse behaupten: Damit die Pensionistinnen und Pensionisten mit 1. Jänner des nächsten Jahres nicht sehen, wie sich die Pensionsharmonisierung und die Pensionsreform auswirkt! (Beifall bei GemeinderätInnen der SPÖ. - Ruf bei der FPÖ: "Ha, ha, ha"! – Das war ein Fehler, Wagner!) - Das ist das, was betroffene Menschen, die dort tagtäglich mit dieser Materie zu tun haben, sich erzählen.

 

Meine Damen und Herren! Wenn heute hier bereits des Öfteren darauf hingewiesen wurde, es gehe hier nur um die Wiener Finanzen, um die Wiener Budgetpolitik, so mag dies richtig sein. Trotzdem möchte ich anmerken: Es müssen sich die Oppositionsparteien auch Vergleiche auf Bundesebene gefallen lassen. Mein Vorredner hat es heute bereits gesagt: Nur Vergleiche machen einen dann 100-prozentig sicher, was politisch der richtige Weg ist.

 

Meine Damen und Herren! Bei der Budgetpolitik des Bundes hat es sich in der Vergangenheit immer um Mogelpackungen zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger auch in Wien gehandelt. Die Politik der Wiener Sozialdemokratie und allem voran auch die Politik im Gesundheits- und Sozialbereich ist – und war auch immer - eine Politik für die betroffenen Bürgerinnen und Bürger.

 

Meine Damen und Herren! Budgetpolitik im Bund hat folgenden Grundsatz: Sie schafft Unsicherheit, Kürzungen - und trotzdem führt sie, wie man dem heuer vorgelegten Budget für nächstes Jahr entnehmen kann, zu einer Defizitausweitung. Budgetpolitik in Wien hat den Grundsatz: Stabilität und Kontinuität bei Sparsamkeit - und Ausgabensteigerungen dort, wo sie tatsächlich notwendig sind. So haben wir beim gesamten Budget einen Ausgabenrahmen von 9,4 Milliarden EUR, in den sozialen Dienstleistungen von 772 Millionen EUR, was einem Plus von 43 Millionen EUR entspricht, für Pflege und Gesundheit 1,26 Milliarden EUR, was einer Steigerung von 24 Millionen EUR entspricht, und eine Investitionssumme von nahezu 2 Milliarden EUR.

 

Meine Damen und Herren! Was das an Maßnahmen für die Beschäftigungspolitik bedeutet, können Sie all jene fragen, die im Hoch- und Tiefbau, im Bereich der Tischlerei, der Dachdeckerei und wo auch sonst immer beschäftigt sind.

 

Meine Damen und Herren! Aber was tun Sie, um in diesem Bereich die Anstrengungen der Wiener Finanz- und Budgetpolitik zu unterstützen? - Ich darf dazu sagen: Relativ wenig bis gar nichts! Ihnen fehlt bei den Einnahmen und Ausgaben Geld. Sie haben ein Defizit von 5,1 Milliarden EUR, die Ihnen fehlen. Für Ihre im Parlament allzeit von Ihnen gelobte Jobpolitik gibt es auch eine Graphik: Es gibt inzwischen 99 459 Frauen, die Ende Oktober keine Beschäftigung hatten. (GR Johannes Prochaska: Die meisten in Wien!) Das sind um 2 000 mehr als voriges Jahr.

 

Meine Damen und Herren! Sie haben aber auch mit Ihrer Pensionspolitik einen traurigen Rekord erreicht. Unter allen Pensionsanträgen waren es 55 Prozent, bei denen in der Vergangenheit die Invalidität für die vorzeitige Alterspension infolge langer Versicherungsdauer beantragt wurde. Sie haben es jetzt geschafft, dass nur 41 Prozent dieser Invaliditätspensionen befürwortet werden. Wir haben heuer eine neue Zahl, nämlich über 400 000 Antragsteller, die in dieses System hineingedrängt werden – nicht deswegen, weil sie das wollen. Auch wir haben eine Studie, die uns zur Verfügung steht, und diese zeigt eindeutig: Invaliditätspensionisten sterben um rund 10°Jahre früher als normale Alterspensionisten, und Frauen um 7°Jahre früher. Es ist also nicht aus Jux und Tollerei, dass die Leute in Invaliditätspension gehen, sondern das ist zwingend notwendig. Und diese Menschen werden von Ihnen bestraft.

 

Meine Damen und Herren! Dann gibt es noch eine wunderbare Graphik, aber auf die können wir inhaltlich auch nicht stolz sein: Wir haben weniger Krankenstände in Österreich und in Wien zu verzeichnen. Das stimmt schon, wir haben tatsächlich in Gesamtzahlen weniger Krankenstände, was aber bedeutet: Die Leute gehen auch krank noch arbeiten, weil sie sich Sorgen um ihre Beschäftigung, um ihren Arbeitsplatz machen.

 

Was wir aber gleichzeitig haben, meine Damen und Herren: Wir haben ein Ansteigen von psychischen Erkrankungen um 80,5 Prozent! Wissen Sie, was das in absoluten Zahlen bedeutet, was das heißt? - Arbeitnehmer werden krank, weil sie sich trotz Krankheit in ihrer Arbeitsstelle befinden, weiter arbeiten, weil sie sich Sorgen um ihren Job machen.

 

Was Sie aber getan haben, meine Damen und Herren, ist, massive Belastungen einzuführen: Anstieg der Lohnsteuereinnahmen - das können Sie sich in der Graphik anschauen, Sie haben es ja selbst auch im Parlament aufliegen -, gleichzeitig steigt die Lohnsteuer, dafür senken Sie die Körperschaftssteuer. Ist ja klar: Das eine sind die arbeitenden Menschen, das andere sind die Betriebe, und diese werden natürlich entlastet.

 

Meine Damen und Herren! Überhaupt das Größte - das ist jetzt Ihre größte Errungenschaft - ist die Pensionsharmonisierung. Was geschieht denn da bei der Pensionsharmonisierung, und wieso kommt es hier zu so massiven Unterschieden zwischen dem früheren Pensionsrecht und jetzt? - Das ist sehr einfach erklärt. In der Pensionsversicherung kennt sich inzwischen fast überhaupt niemand mehr aus. Es gibt zwischen 12 und 16 Berechnungsvarianten, die im Leistungsfall einzeln durchgeführt werden müssen. Wir haben nämlich die Pensionshöhe nach der Rechtslage 31.12.2003, dann führen wir eine zweite Berechnung der Pensionsreform durch, nämlich vorher. Dann haben wir die Pensionsreform 2003 modifiziert, und dann rechnen wir mit dem ab 1.1.2005 neuen Pensionskonto. Und dann gibt es noch eine Parallelrechnung. Und bei all dem, wo es dann teilweise auch Deckelungen gibt, gibt es dann noch verschiedene Varianten.

 

Wie wirkt sich das - und das sollen Sie ja wissen - im Einzelfall aus? - Bei einer Arbeiterin, geboren 1970, ein Kind, Beschäftigungsbeginn mit 15 Jahren, Kind mit 23 Jahren, 3 Jahre Unterbrechung und dann noch 12 Jahre Teilzeit bis zum 37. Lebensjahr – ich kann

 

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