Gemeinderat,
49. Sitzung vom 22.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 91 von 123
Frau Kollegin Pilz, angesprochen haben, sehe ich auch die Fragen, die vor uns liegen, aber diese undifferenzierte Diskussion, wie Sie sie hier jetzt eingebracht haben, möchte ich doch so nicht unwidersprochen lassen.
Die Frage der Ausbildung
ist eine wichtige, und sie ist verbesserungswürdig. Gerade deswegen gibt es ja
auch die Initiativen des Krankenanstaltenverbundes. Frau Kollegin Stubenvoll
hat schon hingewiesen auf das Tutoren-Projekt, das es seit dem Jahr 2000
gibt, sowie darauf, dass es pro Abteilung einen Ansprechpartner, eine
Ansprechpartnerin gibt und dass es auch ein eigenes Ausbildungskonzept gibt und
viele andere Dinge, womit man versucht, die Ausbildung zu verbessern - was
nicht heißt, dass sie nicht noch verbesserungswürdig ist. Aber ich denke,
dieses Schwarz-Weiß-Szenario, das Sie hier gezeichnet haben, stimmt in dieser
Form nicht.
Ich bin gerne
bereit, auch darüber zu diskutieren, wie denn dieses Spannungsverhältnis
verbessert werden kann, das sich daraus ergibt, dass natürlich die jungen Ärzte
und Ärztinnen dazu da sind, um ausgebildet zu werden, aber dass sie schon auch
da sind, um zu arbeiten, denn sie bekommen ja auch Geld dafür, dass sie da
sind. Es ist ja nicht so, dass sie sich da jetzt irgendwie in ihrer Freizeit
mühevoll ihr Wissen aneignen müssen, sondern einiges haben sie sich - so hoffe
ich doch - auch schon vorher, während des Studiums, angeeignet.
Sie haben ein
konkretes Beispiel genannt, nämlich dass Patientenbriefe geschrieben werden
sollen: Da würde ich noch nicht automatisch etwas Schlechtes daran erkennen!
Wenn sie nur Patientenbriefe schreiben würden, das wäre nicht in unserem
Sinne. Aber ich denke, es gibt eben diese beiden Seiten: Dass natürlich diese
Turnusärzte und -ärztinnen auch vollwertige – oder noch nicht vollwertige, aber
wichtige - Mitglieder der Teams in den Krankenanstalten sind und natürlich auch
arbeiten und dafür Geld bekommen und dass beides, Ausbildung und Arbeit, Hand
in Hand gehen muss, woraus sich dann dieses Spannungsverhältnis ergibt und wo
man noch verbessern und optimieren kann. Zu dieser Diskussion bin ich sehr
gerne bereit, weil - und da stimme ich wieder zu - natürlich diese Ausbildung
für uns alle eine Grundlage ist, denn unser Spitzenmedizinsystem werden wird
nicht erhalten können ohne die entsprechenden Spitzenmediziner und
-medizinerinnen.
Auch die
Reduktion darauf, dass die Personalprobleme, die wir im Pflegebereich haben,
hausgemacht seien, kann ich so nicht stehen lassen. Abgesehen davon, dass die
Zahlen nicht gestimmt haben - wir haben im September 2004
455 Aufnahmen bei uns in den Krankenpflegeschulen gehabt -, ist natürlich
- und das wissen wir alle - die Schwierigkeit, Pflegepersonal zu bekommen, ein
internationales Problem. Und ich habe mich zum Beispiel auch sehr darum bemüht
- schon zu einem Zeitpunkt, als Minister Bartenstein es angekündigt hat -, dass
er die in meinen Augen äußerst unsinnige Grenze von 2 000 EUR, die
wir für die so genannten Manager in der Managerquote brauchen, damit wir sie
ins Land holen können, absenkt. Also schon frühestmöglich, zum Zeitpunkt der
Ankündigung, haben wir uns in den neuen EU-Staaten - weil es ja nur für diese
überhaupt gilt – umgeschaut, welches Pflegepersonal wir hier bekommen können.
Und die Situation ist die, dass es in allen neuen EU-Ländern ebenfalls
Pflegepersonalmangel gibt - und nicht so, wie man annehmen könnte, dass es dort
entsprechend viele Menschen gibt, die am Markt Beschäftigung suchen. Natürlich
könnten wir uns jetzt in Prag vor die Spitäler stellen und sagen: Kommt nach
Österreich, wir zahlen mehr!, aber ich glaube, das ist für uns alle nicht das,
was wir unter dem neuen Miteinander und unter der gelebten Partnerschaft in der
Europäischen Union verstehen.
Das einzige
Land, das noch genügend Potential sozusagen hat, ist Polen. Und da kann ich
Ihnen sagen, sehr geehrte Damen und Herren - wir haben uns nämlich sehr genau
erkundigt, weil wir natürlich auch versucht haben, hier entsprechende Schritte
zu setzen -, da sind uns andere wieder eine Nase voraus: Die Amerikaner bilden
nämlich in Polen mit amerikanischem Lehrplan auf Englisch mit amerikanischen
Schulen vor Ort die Menschen aus und waren hier sehr viel schneller, weil sie
nicht solche Grenzen haben, wie wir sie eben bis vor kurzem hatten; wir durften
Pflegepersonal aus dem Ausland ja gar nicht nach Österreich holen und dürfen
dies von außerhalb der EU nach wie vor nicht, was ich nach wie vor für eine
sehr problematische Sache halte.
Auch bei der
Dialyse-Situation muss ich sagen, wenn von einem Dialyse-Debakel gesprochen
wird: Bitte nicht die Dinge so schlechtzureden! (GRin Dr Sigrid Pilz: Die
vierte Schicht, Frau Stadträtin!)
Wir
haben ein sehr, sehr konstruktives Gespräch mit den Damen und Herren, die in diesem
Bereich die Spezialisten sind, und haben gemeinsam mit ihnen einen
Zweistufenplan entwickelt.
Die
Stufe Nummer eins ist, dass wir bestehende Einrichtungen schon jetzt ausgebaut
haben. Im Kaiser-Franz-Josef-Spital haben wir jetzt endgültig zwei Plätze mehr,
im SMZ-Ost haben wir fünf Plätze mehr. Wir haben im Hanusch-Krankenhaus dafür
gesorgt, dass die dritte Schicht in allen Bereichen endgültig ausgeweitet wird.
Wir haben im Kaiser-Franz-Josef-Spital durch zusätzliches Personal dafür
gesorgt, dass die bestehenden Plätze optimal ausgenutzt werden können. Wir
haben darüber hinaus als eine kurzfristige Maßnahme auch die Möglichkeit
geschaffen, dass eine sanfte Nachtdialyse stattfindet für diejenigen, die es
wünschen. Denn es gibt auch Menschen, die das wünschen, aber ich gebe zu, das
sind nur Menschen in einer speziellen Lebenssituation. Mit dieser Nachtdialyse
können wir, solange es notwendig ist, die aktuelle Situation, die ja durch die
neuen Plätze jetzt schon entschärft wurde, auch besser ausnutzen.
Der
zweite Teil des Stufenplans ist jetzt gemeinsam mit den Damen und Herren
Expertinnen und Experten in Ausarbeitung. Dass wir insgesamt noch mehr
Dialyseplätze brauchen und wie wir die ausbauen werden, das wird gerade in
einer Arbeitsgruppe der Bereichsleitung gemeinsam mit den Experten und
Expertinnen ausgearbeitet.
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular