«  1  »

 

Gemeinderat, 49. Sitzung vom 22.11.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 92 von 123

 

Nun zum Thema Geriatrie: Da haben wir unterschiedliche Auffassungen, das haben wir schon öfter diskutiert. Sie haben gesagt: Ja zu geriatrischen Krankenhäusern, aber rein und wieder raus. - Das ist genau das, was ich nicht will. Ich will die Leute nicht "rein und wieder raus" hin- und herschieben, sondern - das haben wir schon bei anderen Beispielen diskutiert - ich glaube, dass es für eine bestimmte Klientel - und da wiederhole ich noch einmal: Nicht für alle! - sehr differenziert notwendig ist, dass es diese intensive medizinische Betreuung permanent gibt. Denn ich will nicht, dass wir die Leute in eine Situation bringen, von der ich aus persönlicher Erfahrung weiß, dass sie die schlimmste ist. Wenn man ein Zimmer wechseln muss, ist das schon schlimm genug, aber erst das Spital zu wechseln, ist noch sehr viel schlimmer. Alle meine Besuche in den Geriatriezentren bestätigen mir das, bis dorthin, dass mir erzählt wird, dass Menschen, wenn sie irgendwo anders hin verbracht werden, sogar so weit kommen können, dass sie den Lebensmut verlieren, was dann zu ganz besonders schlimmen Konsequenzen führen kann. Davon halte ich überhaupt nichts.

 

Ich gebe aber gerne zu, dass wir in der Frage, wie wir es schaffen, dass wirklich jeder oder jede genau die Betreuung bekommt, die er oder sie braucht - nicht zu wenig, aber auch nicht zu viel -, noch viel Arbeit vor uns haben. Und weil Sie von geriatrischen Krankenhäusern gesprochen haben: Die Häuser der Begegnung zum Beispiel sind solche, und ich glaube, dass die als wichtige Partner für uns sehr gut auch zeigen, wie man hier arbeiten kann.

 

Man sollte wirklich vorsichtig und differenziert sein. Im Zusammenhang mit der Frage des Fehlbelages, die jetzt angesprochen wurde, ist auch das Wort "Missachtung" gefallen, und das gefällt mir nicht. Wir sind uns alle einig, dass wir mehr geriatrische Betten brauchen und dass wir derzeit mehr Menschen in Akutbetten liegen haben, die wir jedoch gerne in eine bessere Betreuung bringen würden. Aber auch da können wir nicht so generell sein.

 

Ich kann Ihnen erzählen, ich war vor kurzem im Geriatriezentrum, im Pflegeheim in Liesing. Dort liegt einer jener Fälle, über die Sie mir sagen: Was hat der dort verloren? Pflegestufe null, 32 Jahre alt, das ist ein junger Mann - Frau Dr Drapalik nickt, weil sie mit mir dort war -, ein junger Mann, der vor 8°Jahren einen schweren Unfall hatte. Er ist in ein Bassin hineingesprungen, es war leider zu wenig Wasser drinnen, und ist jetzt schwerst behindert. Er hat nie irgendeine Versicherung gehabt, deswegen gibt es auch kein Pflegegeld. Wenn man nur sieht: Pflegestufe null, 32 Jahre, dann denkt man sich: Was macht der dort, der ist dort falsch! Er hat aber keine andere Chance, und er ist bei uns - ich habe diesen Eindruck - auch sehr gut betreut und sehr gut aufgehoben.

 

Ich wollte Ihnen dieses Beispiel deswegen nennen, weil ich glaube, dass allein die Ziffern und die Zahlen nicht immer das menschliche Schicksal zeigen, das dahinter steht. Für diesen Menschen sind wir da, der ist dort gut betreut, unter aufopfernder Pflege der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, obwohl er rein formal, wenn man sich das anschaut - Pflegestufe null, 32 Jahre -, bei uns eigentlich nichts verloren hätte.

 

Nun zur Frage der Semmelweis-Klinik und der Übersiedlung, worüber gesagt wurde: Da wird über die Leute drübergefahren, und da gibt es fertige Pläne. - Ich sage Ihnen noch einmal, was ich auch das letzte Mal schon gesagt habe: Die Entscheidung ist noch nicht gefallen, aber ich stehe überhaupt nicht an zu sagen, jawohl, das ist ein wichtiges Thema, und wir werden uns mit den Leuten zusammensetzen. Das haben wir auch getan, es hat eine Arbeitsgruppe gegeben, da waren auch die Personalvertreter beteiligt. Ich war selbst draußen in der Semmelweis-Klinik, habe mit den Leuten gesprochen, und jetzt sind verschiedene Optionen berechnet worden. Die Zahl, die Sie genannt haben, ist zu hoch, weil da auch andere Maßnahmen dabei sind, die die Rudolfstiftung betreffen, aber es ist ein Ergebnis einer Arbeitsgruppe, und ich stehe dazu. Denn das ist das, was ich unter Planung verstehe, dass man sich verschiedene Dinge anschaut, dass man diese dann entsprechend bewertet und nachher die Entscheidung trifft, aber nicht im Vorhinein. Ich glaube, da kann eigentlich niemand etwas dagegen haben, und das scheint mir ein vernünftiger Weg zu sein.

 

Frau Kollegin Korosec hat relativ lang über meine Eigenschaften gesprochen und hat dann gemeint, sie hätte mich überschätzt. Ob Sie mich über- oder unterschätzen, das wird die Zukunft weisen, darauf bin ich schon sehr gespannt. Aber eines kann ich jedenfalls: Ich kann rechnen. Das ist wahrscheinlich auch ein Grund dafür, dass ich als Ökonomin jetzt an der Spitze dieses Ressorts stehe, weil es vermutlich nicht so schlecht ist, rechnen zu können. Deswegen muss ich Ihnen auch widersprechen, wenn Sie mir sagen, es könnte in den Gemeindespitälern so viel Geld eingespart werden, nehmen wir doch die Ordenskrankenhäuser als Beispiel.

 

Ich will jetzt nicht so undifferenziert sein, wie ich es einem Teil der Diskussion vorwerfe, weil die Ordenskrankenhäuser exzellent arbeiten - das möchte ich ganz klar sagen -, und sie sind wichtige, unverzichtbare Partner. Ich hatte selbst die Freude, bei der Eröffnung der Vinzenz-Gruppe dabei zu sein, und konnte das den Damen und Herren dort auch persönlich sagen, weil ich denke, sie wollen genauso gerne gelobt und wertgeschätzt werden wie die Gemeindespitäler, und das soll man auch tun. Aber in diesen offenen Diskussionen sagen auch die Führungen der Ordenskrankenhäuser, dass sie selbstverständlich - das sagen sie selbst - nicht vergleichbar sind mit den Spitälern des Krankenanstaltenverbundes.

 

Es ist so, dass wir ganz andere Vorhaltekosten haben und andere medizinische Leistungen anbieten, nämlich alle, egal wie viele LKF-Punkte sie bringen und ob das, ökonomisch gesehen, eine vernünftige Sache ist, sondern selbstverständlich müssen und wollen wir auch alle Leistungen anbieten. Es sind schon die Schulen, die Ausbildungsstätten, die wir haben, erwähnt worden. Wir haben eine andere Situation mit den anwesenden

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular