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Gemeinderat, 49. Sitzung vom 23.11.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 26 von 88

 

Publikums mit großer Trauer verfolgt. Denn das Publikum will einfach Komödien, wo man lachen kann, wo man sich nicht schämen muss, weil man lacht. Es möchte ganz einfach Tragödien sehen, wo man das Stück wiedererkennt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist auch bezeichnend, dass einer unserer Großen im Theaterleben, Max Reinhardt, ich glaube, da sind wir uns auch einig, sagt - ich zitiere ihn: "Die beste Regie ist die, die man nicht merkt." Aber wenn man sich heute umschaut, wenn man heute ins Theater geht, ist es so, dass jeder Regisseur versucht, sich in den Mittelpunkt zu stellen, und der Dichter ist zufällig auch da. Das ist eine Entwicklung, die wir ablehnen! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Selbstverständlich soll es auch das Grelle geben. Von mir aus auch das Ordinäre. Von mir aus auch das Banale und Triviale. Das soll es in der Kulturpolitik auch geben. Man soll sich versuchen dürfen, man soll provozieren können. Das ist in Ordnung. Aber doch nicht auf allen Bühnen, doch nicht überall. Das finden wir schade, weil das ist ein Einheitsbrei. Es ist ganz einfach so, dass ich mir dann überall das Gleiche anschauen muss. Früher haben die Zuschauer genau gewusst, wenn sie zum Beispiel ins Burgtheater gehen, dann können sie dort Klassiker vorfinden. Das war ganz einfach, und ich sage das jetzt ganz bewusst, humoristisches Bildungstheater. Man hat gewusst, dort sieht man sie mit ihrer guten Regie, so wie das Stück geschrieben war. Ein anderes Publikum will nicht Klassiker, die finden das öde und fad. Die wollen dort nicht hingehen. Die können dann von mir aus in die Josefstadt gehen. Dort haben sie ein Ensemble vorgefunden, das seit vielen Jahrzehnten mit einer ganz eigenen Tradition zusammengewirkt hat. Das Publikum hat genau gewusst, wenn es dort hingeht, finde es das vor. Dann gab es ein Publikum, die das zu bürgerlich und auch zu fad fanden. Die sind dann ins Schauspielhaus gegangen, haben sich den Gratzer angeschaut und haben dort das gefunden, was sie wollten. Das ist nämlich der Reichtum einer Theaterlandschaft, wenn ich verschiedene Möglichkeiten habe, mir Theater anzuschauen. Aber das wird jetzt immer gleichergemacht, wird nivelliert. Das ist unserer Meinung nach Armut.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Beispiel der Mitbegründer der Salzburger Festspiele, nicht nur Reinhardt, sondern auch Hugo von Hofmannsthal hat sie mitbegründet, sagte, dass sich in Salzburg die Teilnehmer nicht im Trivialsten repräsentieren sollten, sondern im Höchsten erkennen. Auch das ist eine Möglichkeit, Theater zu spielen. Das heißt, es muss auf der einen Seite das Experimentelle geben, aber auf der anderen Seite muss es doch möglich sein, dass ich dort auch Ideale zeigen kann, das, was nach Höherem strebt. Das ist eine Sache, die wir sehr wohl einfordern. Wenn ich jetzt noch sage, Destruktion statt Tradition, dann ist das nur eine Fortführung dieses Gedankens.

 

Es wurde am Samstag Gratzer für sein Lebenswerk geehrt. Es sei ihm noch einmal gratuliert. Seine Stärke war jedoch nicht die Führung, würde ich sagen, eines bürgerlichen Traditionstheaters, wie es nun einmal die Josefstadt ist. Das war eine Fehlbesetzung. Es war sehr schade, dass man ihn dort hingesetzt hat, weil das Publikum weggeblieben ist. Das Publikum der Josefstadt will halt nun einmal ein Theater, so wie es ist. Diese Gleichmacherei ist unserer Meinung nach ein Fehler. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Nächster Punkt: “Ideologie statt Idee“, 30 Millionen EUR für das Mozartjahr. Das Kernstück und die Dinge, die im Theater an der Wien aufgeführt werden, alles das, was Hans Landesmann schon vorbereitet hat, sind eine gute Sache. Wir haben dem zugestimmt. Aber wenn ich jetzt "Ideologie statt Idee" sage, dann geht es natürlich um die so genannte Peter-Sellars-Schiene. Die so genannte Peter-Sellars-Schiene ist eigentlich noch nicht richtig definiert. Er ist zwar seit zwei Jahren eingesetzt, um für das Mozartjahr Projekte zu starten, aber ganz genau weiß man noch nicht, was auf einen zukommt. 10 Millionen EUR sind für diese Schiene gewährt. Was wir bis jetzt von dieser Schiene wissen, sagen jährliche Pressekonferenzen. Ich habe hier eine, die aus dem Jahr 2003 ist. Darin nennt er die Aufgabe, die er für das Mozartjahr sieht, nicht nur eine künstlerische, sondern auch eine politische. Deswegen nenne ich es "Ideologie statt Idee". Das heißt, er will dass Wien 2006 der Ort ist, wo eine neue Welt entworfen und erschaffen wird. Es soll wie der neue Wiener Kongress sein, ein neues Zeitalter Weltvergebung. Das heißt, er möchte auch politische Führer aus Krisenherden wie Pakistan, Indien und dem Nahen Osten nach Wien einladen. Es geht um Vergebung und Versöhnung.

 

Zum Beispiel muss er auch für eine globale Auswirkung Mozarts sorgen. Man fragt sich: Warum braucht man Peter Sellars, damit man Mozart kennen lernt? Überall auf der Welt kennt man Mozart. Ich finde das lächerlich! Entschuldigen Sie, Herr Mailath-Pokorny, wenn ich das jetzt so offen sage. Wozu braucht man Peter Sellars, damit Mozart international wird? Das Wiener Mozartjahr soll international sein. Mozart spielt man überall auf der Welt mit großer Freude. Man braucht hierzu nicht Peter Sellars!

 

Ich habe mir noch einmal heraus gesucht, was er eigentlich für seine Schiene bekommt. Das ist auch interessant. Auch er ist auf der Gehaltsliste der Vereinigten Bühnen. Für das Jahr 2003 hat er schon 70 000 EUR bekommen, damit er sagt, was er vorhat. 2004 hat er 80 000 EUR bekommen, damit er sagt, was er vorhat. 2005 wird er 100 000 EUR bekommen. Und im Jahr 2006 wird er 150 000 EUR bekommen. Also 700 000 EUR allein für bis jetzt Multikultiworthülsen, die unserer Meinung nach ganz einfach nur an Mozart herumpfuschen, sind unserer Meinung nach völlig entbehrlich! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Ich komme zum nächsten Schwerpunkt: “Mangel anstatt Bildung“. Sie alle wissen, dass wir Freiheitlichen uns seit vielen Jahren dafür einsetzen, dass die Musikausbildung, die in Wien im Argen liegt, verbessert wird. Ich bringe das absichtlich hier im Kulturressort. Wenn es auch bei Frau VBgmin Laska angesiedelt ist, kann ich den Herrn Kulturstadtrat Mailath-Pokorny nicht ganz aus

 

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