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Gemeinderat, 49. Sitzung vom 23.11.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 27 von 88

 

der Verantwortung heraußen lassen. Ich habe unlängst eine Enquete organisiert, da war auch Prof Hofecker dabei. Ich habe ihn schon öfter zitiert, sein “Statistisches Jahrbuch der Musikschulen Österreich“. Es sind ganz einfach Zahlen, die beweisen, dass Wien, was die anderen Bundesländer angeht, aber auch im internationalen Vergleich, das absolute Schlusslicht ist.

 

Ich nehme nur einen Vergleich heraus, weil Zahlen an und für sich fad sind, wenn man sie vorträgt, aber das muss man hier einmal machen. Oberösterreich mit 1,4 Millionen Einwohnern hat zum Beispiel 67 Musikschulen. 55 000 Kinder können dort ausgebildet werden. Und man hat dafür 55 Millionen EUR zur Verfügung. In Wien, mit 1,6 Millionen Einwohnern, gibt es 17 Musikschulen mit 5 300 Mädchen und Buben, die dort unterrichtet werden. Allein das sagt schon alles. Wenn man aber auch Vergleiche mit allen anderen Bundesländern bringt, ist es immer so, ganz egal, ob es jetzt die Schulen sind, also die Institutionen, oder ob das die Kinder sind, die in die Musikschulen gehen, oder die Gelder, so gibt es in allen anderen Bundesländern das Sechs-, Sieben-, Acht-, Neun- oder Zehnfache, also nicht das Doppelte, sondern bis zum Zehnfachen. Das ist auch richtig so, denn man muss selbstverständlich in die Jugend investieren. Wir haben zum Beispiel zwei Bezirke, die vollkommen musikschulfrei sind, der 13. und der 14. Bezirk. Hier gibt es Gott sein Dank die erste private Musikschule Hietzing, eine Oase in der Wüste. Diese wird auch von der Stadt Wien gefördert. Die Frau Wolfsberg ist darüber sehr glücklich, aber sie weiß nie, wie sie das nächste Jahr übersteht. Es wäre fein, wenn man darüber vielleicht einmal nachdenken könnte, damit sie nicht jedes Jahr bangen muss.

 

Prof Frischenschlager war auch da. Er ist Ihnen sicher bekannt als Rektor der Universität für Musik, jetzt Emeritus, aber er war jahrelang Rektor. Er hat darauf hingewiesen, dass zum Beispiel in keiner Hochkultur der gesamten Kulturgeschichte der Menschheit etwas wie zum Beispiel die Klassik in Europa geschaffen wurde. Die Klassik in Europa ist einmalig. Es gibt diese Musik mit ihrem Reichtum an Ausdruck, geistiger Qualität, Harmonie und Schönheit. Sie ist ein kulturelles Erbe und auch eine Botschaft von Österreich nach draußen, denn in Österreich, vor allem in Wien, sind sehr viele dieser Musikschöpfer großgeworden. Er meint, dass es eine große politische Verantwortung ist, dieses Gut an die Jugend weiterzugeben.

 

Ich habe mich sehr darüber gefreut, dass damals die Frau VBgmin Grete Laska anwesend war. Wir haben nachher auch noch lange diskutiert. Meine Kollegin von der Sozialdemokratie war ebenfalls anwesend. Ich denke mir, es müsste auch ein Uranliegen der Sozialdemokraten sein, dass jedes Kind, auch aus einem sozial schwächeren Elternhaus, die Bildung genießen kann. Gerade deswegen muss die Wiener Sozialdemokratie hier endlich handeln.

 

Seit vielen Jahren bringen wir immer wieder Anträge ein, dass man hier doch etwas macht. Bis jetzt ist es noch nicht geglückt. Ich weiß nicht, ob die Frau Stadträtin schlecht beraten ist, vielleicht hat sie auch zu wenig Unterstützung vom Bürgermeister oder vom Finanzstadtrat, vielleicht auch von Ihnen, Herr Kulturstadtrat, denn ich denke mir, auch Sie sind für die Zukunft Wiens als Stadt der Musikmetropole verantwortlich, auch Sie müssen sich um die Musikkultur in Wien kümmern. Das ist ganz einfach eine städtische Pflichtaufgabe, wo Sie als Kulturstadtrat auch etwas machen müssen.

 

Deswegen habe ich hier einen Antrag vorbereitet, wo ich Sie bitte, Herr Stadtrat, dass Sie Ihre Kollegin dahingehend unterstützen, dass im Interesse kommender Musikergenerationen und Musikliebhaber in Wien ein Konzept für die Musikerziehung erarbeitet wird. Ich habe die Schwerpunkte genau ausgearbeitet. Aus Mangel an Zeit werde ich sie jetzt nicht verlesen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es gibt natürlich viele Prominente aus dem Kultur- und Musikleben, die diese politische Intention unterstützen: Nicolaus Harnoncourt, Ioan Holender, Joe Zawinul, Werner Hasitschka, Rektor der Universität Wien, Clemens Hellsberg, Vorstand der Wiener Philharmoniker und viele mehr. Herr Stadtrat, ich bitte Sie, dass Sie in dieser Hinsicht endlich tätig werden! Ähnliche Anträge gehen natürlich auch an die Frau VBgmin Laska und an Herrn VBgm Rieder.

 

Ich habe noch einen zweiten Antrag ausgearbeitet, nicht im Zusammenhang mit Musikschulen, sondern mit der Tanzausbildung, weil auch hier ein großes Manko vorhanden ist. Wir schreiben hier, dass die Situation der Tanzausbildung in Wien seit Jahren im Argen liegt. Es gibt keine fundierte Ausbildung für Tanz und Choreographie und die jungen Tänzer haben dadurch einfach weniger Chancen, sich später auf der Bühne zu bewähren. Wir fordern die Einrichtung einer Wiener Tanzakademie, damit eine Ausbildung auf höchstem Niveau den Erfolg zukünftiger Tänzer und Tänzerinnen garantieren hilft. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Mir ist es ein Anliegen, noch einmal Nicolaus Harnoncourt zu zitieren. Er sagt, dass die Kultur einfach eine Lebensnotwendigkeit ist, um die wir weinen werden, wenn wir sie nicht mehr haben, wird nicht gesehen. „Wenn man von einer Krise reden kann, ist das eine Krise der Erziehung.", sagt er. „Jeder, der Kinder hat, weiß, dass es eine Katastrophe ist, Kinder ohne Kultur aufwachsen zu lassen und etwas mit Kultur zu verwechseln, was keine Kultur ist. Kinder müssen genau in dem Alter, in dem sie die Sprache lernen, mit den Augen und mit den Ohren mit allen Künsten genauso vertraut gemacht werden. Wenn man das nicht einsieht, hindert man die Kinder, rechtzeitig ihr volles Menschsein zu entfalten. Das ist ein unverzeihlicher Fehler." - Zitat Ende.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, hier gilt es nicht nur schöne Worte zu machen, hier muss wirklich gehandelt werden. Jeder Tag, wo man zögert, ist ein Tag zuviel.

 

Ich komme zum letzten Punkt, Einheitsbrei anstatt kultureller Identität: Zur Bildung gehört auch die

 

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