Gemeinderat,
49. Sitzung vom 23.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 53 von 88
furchtbares Unwort, wenn man ehrlich ist – gleichzusetzen ist mit Frauenförderung. Du hast es aber heute so dargestellt, und ich weiß, du weißt auch, dass es nicht so ist. Also gut, wir wissen beide, es ist nicht so, aber du hast es heute zumindest im Wesentlichen so dargestellt. Das ist nicht Frauenförderung, sondern das ist – ich weiß nicht, wie man da sagen soll – geschlechtspezifisch oder geschlechtlich orientierte Politik des Ausgleiches von Ungerechtigkeiten, egal, ob sie historisch, subjektiv oder objektiv sind. Und in diesem Zusammenhang hast du von einer Quote von 50 Prozent geschrieben, die ein Gesetz vorsieht, das Gleichbehandlungsgesetz natürlich.
Also ich bin jetzt ein Mann, das stimmt, aber es gibt
auch Frauen, die sagen – also jetzt nicht meine, damit ich nicht immer meine
Frau zitiere –, mit der 50-Prozent-Quote ist nichts erreicht, denn es geht ja
nicht darum, dass Frauen etwas werden, weil sie Frauen sind, sondern es geht
darum, dass Frauen etwas werden, weil sie gut sind und Frauen sind. Daher bin
ich kritisch mit so einfachen Orientierungsmaßstäben wie 50 Prozent. Und
da passiert auch viel. Ich bin nicht der Pflichtverteidiger der Frau
Stadträtin, aber da passiert viel.
Von dir wurden auch die Probleme in den technischen
Berufen angesprochen, aber wie soll man das wettmachen, wenn da
jahrhundertelang diese Dinge anders orientiert waren. Im Sinne des von dir
angeführten Gender Mainstreaming – ich hoffe, irgendwann einen Begriff zu
finden, der das mit kurzen Worten übersetzt –, wäre kreativ darüber
nachzudenken, mehr Männer in frauenspezifischen Berufe zu bringen, um auch auf
diese Weise das Verhältnis zu verändern. Das passiert ja. Ich habe leider keine
Tochter oder noch keine, aber da gibt es den Töchtertag, und das ist ja auch in
Ordnung, da passieren ja klasse Sachen. Das muss man ja auch anerkennen.
Und zu den von dir angesprochenen 60 Jahren, die
es gedauert hat, bis sich das Verhältnis im oberen Führungsbereich verschoben
hat. Also ich tu mir da leichter, aber das muss man aushalten. 60 Jahre
müssen wir noch warten können. Wenn wir jahrtausendelang ein anderes
Gesellschaftssystem haben, das du unter anderem ändern willst, da werden wir
noch 60 Jahre Zeit haben um ein paar Jahrtausende auszugleichen. Die Zeit
wird man einfach haben müssen.
Wobei ich das mit dem Gesellschaftssystem sowieso
nicht ganz verstanden habe. Du hast gesagt, ihr seid eine Partei, die das
Gesellschafts- und Wirtschaftssystem nachhaltig verändern will. Das System, dem
ich anhänge und die Masse dieser Republik, heißt eben Gesellschaftssystem
Demokratie oder republikanische Demokratie oder demokratische Republik – wie
immer man es sehen will – und im Wirtschaftssystem Marktwirtschaft. Wenn du
Beides nicht willst, dann verstehe ich das, dann sag es. Aber du begibst dich
damit außerhalb dessen, was irgendwer einmal als Verfassungsbogen bezeichnet
hat. Bist du gegen die Marktwirtschaft, bist du gegen die Demokratie, bist du
gegen die Republik? Dann sag es! Wenn du dagegen bist, dann sag es. Wir haben
auch kein Problem damit, dann werden wir es weitersagen. (GRin Dr Monika Vana: Das ist ja lächerlich!) Hast du es anders
gemeint? Wenn du es anders gemeint hast, dann bitte ich, das vielleicht
nachträglich zu berichtigen.
Aber damit bin ich beim nächsten Punkt, nämlich bei
der Frage, was Gender Mainstreaming vielleicht erreichen könnte, nämlich sich
mit der Frage Gewalt gegen Frauen auseinander zu setzen. Gewalt gegen Frauen,
Frau Stadträtin, schreibst du dir auch auf die Fahnen, aber ich kann das noch
nicht ganz erkennen. Ich kann es für mich dort noch nicht ganz erkennen, wo wir
tagtäglich mit Gewalt gegen Frauen konfrontiert sind und wo wir uns damit
auseinander setzen müssen: im Bereich der illegalen Prostitution.
Das ist eine Problematik, die Wien insbesondere
deswegen betrifft, weil Wien zwar ein grundsätzlich gutes Gesetz hat, aber der
Vollzug mangelhaft ist. Der Vollzug ist mangelhaft, weil die eigene Behörde die
Augen dort zudrückt, wo es darum geht, aufzuzeigen, dass eine andere Behörde
nicht ordnungsgemäß vollzieht, nämlich die Bundespolizeidirektion Wien, an die
dieser Teil der Vollziehung delegiert ist.
Problematisch ist es zweitens auch deshalb, weil dieses
Spannungsverhältnis – und jetzt bin ich beim Kollegen Ulm – zwischen den
Bundesbehörden und ihren Ablegern in Wien, nämlich der Bundespolizeidirektion
Wien, und dem Land und der Stadt Wien offenbar nicht funktioniert. Da kann man
natürlich sagen, dass da Wien einen Teil an der Schuld trägt – das habe ich
gesagt –, aber man kann nicht so tun, als ob der Innenminister damit nichts zu
tun hätte, als ob die Bundespolizeidirektion nicht eine unmittelbare
Bundesbehörde wäre, die ihm untersteht und die er dazu anzuhalten hätte, ein
Gesetz, dessen Vollziehung der Landesgesetzgeber an ihn delegiert hat – und
damit bin ich bei der von Ihnen angesprochenen Bundesverfassung, denn diese
Teilung haben wir –, nicht ordnungsgemäß vollzieht, weil sie anlässlich der Ausstellung
des so genannten "Deckels" nicht schaut, ob eine Asylwerberin einen
aufrechten Aufenthaltstitel hat – es ist ja nicht einmal gesagt, ob die
überhaupt nachgeschaut haben; das wissen wir ja auch nicht, weil wir die Zahlen
nicht kennen – und ob der überhaupt der "Deckel" ausgestellt werden
dürfte, die Befähigung zur Ausübung des freien Gewerbes. Das ist Angelegenheit
der Bundespolizeidirektion Wien und damit des Innenministers. Diese Frage
gehörte längst geklärt, und da könnten Sie sich dafür stark machen, Kollege
Ulm, bevor Sie sonst irgendwie über die Sicherheitsverwaltung reden. (Beifall
bei der FPÖ.)
Das bringt mich zu dem Punkt, dass
wir anlässlich der Beschlussfassung des Prostitutionsgesetzes gemeinsam mit der
Sozialdemokratie zwei Anträge beschlossen haben: mehr Polizei in Wien. Ich kann
mich gut erinnern, wie Sie vor über einem Jahr, als Sie zum selben Thema hier
gesprochen haben, gesagt haben, die von der Zollwache werden in Wien landen,
also die übergeleitete Zollwache. (GR
Godwin Schuster: Ja, genau! 200!) Zwar nicht alle, haben Sie gesagt – da
will ich Ihnen Recht geben, es müssen nicht alle sein –, aber ein
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