«  1  »

 

Gemeinderat, 49. Sitzung vom 23.11.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 65 von 88

 

Der dritte wesentliche Punkt, dem ich mich jetzt abschließend widmen möchte, ist der große Bereich der Integrationspolitik, wo ich auf die Veränderungen, die wir hier bereits vorgenommen haben und die jetzt auch noch im Laufen sind, nicht eingehen möchte, weil das die Frau Kollegin Strobel in hervorragender Art und Weise gemacht hat. Ich möchte nur zum Kollegen Barnet etwas sagen – er ist jetzt gerade nicht da, aber vielleicht können Sie es ihm dann ausrichten –, weil einige seiner Fragen ganz leicht aufklärbar sind.

 

In der einen Frage ging es um die Budgetierung der MA 17. Die Differenz zum Rechnungsabschluss des Integrationsfonds liegt darin, dass die Personalkosten nicht im Ansatz der MA 17 sind, sondern im Sammelansatz. Die Frage, warum die MA 20 ein geringeres Budget hat, liegt daran, dass die MA 20 den Integrationsfonds dotiert hat. Der Integrationsfonds wird halt jetzt nicht mehr dotiert, sondern die Mittel sind im Sammelansatz und in der MA 17. Also diese Fragen sind sehr leicht aufzuklären.

 

Weiters sehr leicht aufzuklären ist die Frage, wieso es nur vier Ablehnungen von Staatsbürgerschaften mangels Sprachkenntnissen gegeben hat. Es ist nämlich so, dass natürlich die Staatsbürgerschaftswerberinnen und -werber, wenn das Erstgespräch stattfindet, gleich darauf aufmerksam gemacht werden, dass ihre Sprachkenntnisse zu gering sind, um die österreichische Staatsbürgerschaft auch zu erhalten, was dann – und deshalb gibt es ja auch dieses Erstgespräch – dazu führt, dass viele ihre Anträge zurückziehen oder gar nicht stellen. Daraus ergibt sich die Zahl. Die Zahl jener, die den Antrag nicht stellen, weil sie aus Sicht der Behörde der deutschen Sprache zu wenig mächtig sind, ist eine viel, viel höhere.

 

Ich möchte abschließend zur Frage der Integration generell sagen, dass es mich freut, Kollege Ulm, von dir hier ein ganz klares Bekenntnis gehört zu haben zu der Frage, dass Österreich ein Einwanderungsland ist. Ich halte das für wichtig, und ich halte es für wichtig, dass wir uns auch semantisch dieser Sache nähern, denn eines ist klar: Einwanderungsländer unterscheiden sich von Nichteinwanderungsländern nicht dadurch, dass sie mehr Einwanderung haben, sondern dass in Einwanderungsländern die Einwanderungsmöglichkeiten transparent sind, klar sind und durchsichtig sind und auch sozusagen die anschließende Integration eine klarere und transparentere ist.

 

Ich erachte es für dringend notwendig, dass wir auf Bundesebene daher eine Kommission einrichten – natürlich unter Einbeziehung der Länder –, um hier konkret zu planen, wie Integration nach Österreich stattfinden soll. Warum auf Bundesebene? Weil es an Schwachsinn grenzen würde, das in neun Bundesländern zu diskutieren. Das ist nun mal eine Materie, die im Bund statt finden soll.

 

Ich teile deine Meinung keineswegs, dass die derzeitigen Gesetze ausreichend oder gut sind, was kontrollierte und strukturierte Zuwanderung betrifft, da wir wissen, dass wir gerade bei den Schlüsselkräften zum Beispiel wesentliche Schlüsselkräfte, die wir in Österreich bräuchten, nämlich Pflegekräfte, nicht zuwandern lassen können, weil sie zu wenig verdienen. Wir wissen auch, dass die Regelung, die jetzt sozusagen eine Erleichterung für den EU-Raum bringt, nichts nützt, weil es im gesamten EU-Raum einen Mangel an Pflegekräften gibt.

 

Und die Saisonierregelung, über die viel zu wenig gesprochen wird, ist natürlich in Wahrheit ein Hammer, um das jetzt einmal so unsachlich auszudrücken. Denn die Saisonierregelung geht vom klassischen GastarbeiterInnenmodell vom Ende der 60er und der 70er Jahre aus, wo die Menschen kommen und wieder gehen, wo keinerlei Integrationsschritte gesetzt werden, die für die Ausländerinnern und Ausländer, die schon hier sind und integriert sind, aber natürlich auch für Österreicherinnen und Österreicher als Lohndrücker von der Wirtschaft verwendet werden und die jederzeit beliebig austauschbar sind. Diese Zahl an Saisonierbewilligungen ist in den letzten Jahren eklatant gestiegen, und das ist nicht gut so. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir eine andere Regelung brauchen. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Zur Frage, ob die Integrationspolitik vor ihrem Trümmern steht, möchte ich abschließend Stellung nehmen. Lieber Kollege Barnet, es ist natürlich schon sehr schwer, wenn das von Seiten der FPÖ jetzt so mit einer Träne im Knopfloch gesagt wird, diese Träne auch wirklich ernst zu nehmen, denn es war die FPÖ – und ich hoffe "war" und nicht "wird sein", aber ich sage jetzt einmal "war", weil ich ein hoffnungsfroher, optimistischer Mensch bin –, es war die FPÖ, die diese Stadt überzogen hat mit Plakaten "Wien darf nicht Chicago werden", es war die FPÖ, die diese Stadt überzogen hat mit Plakaten "Stopp der Überfremdung", und es war die FPÖ, die alles darangesetzt hat, dass sich in dieser Stadt ein Gegeneinander und nicht ein Miteinander entwickelt. Die FPÖ ist mit dieser Politik gescheitert, und deshalb kann ich all diese Sorgen über etwaige Probleme im Integrationsbereich hier nicht wirklich glauben.

 

Ich bin auch der festen Überzeugung, dass wir in Wien ein anderes Modell als in anderen Städten – sowohl in Amsterdam als auch in deutschen Städten – gewählt haben und dass die Tatsache, dass in unserer Stadt keine Flüchtlingsheime brennen, keine Morde begangen werden, keine Moscheen brennen und keine Kirchen brennen, weder gottgewollt noch zufällig ist, sondern das Ergebnis erfolgreicher Kommunalpolitik. (Beifall bei der SPÖ)

 

Es wäre vollkommen unseriös, zu sagen, es kann ein solcher Mord in Wien nicht passieren – das wäre unseriös, und das werden Sie von mir nicht hören –, ich sage aber, dass die Maßnahmen, die wir in den letzten Jahren zum Miteinander und zur Integration von Menschen, die hierher gekommen sind, ergriffen haben, sehr viele und sehr vielfältige waren, die wir auch mit großen Mitteleinsatz betrieben haben und fortsetzen werden. Und es ist so – das ist ein wesentlicher Unterschied zu dem, was in Deutschland und in Amsterdam passiert –, dass in Österreich ein Großteil der Kinder, die moslemischen Glaubens sind, öffentliche Schulen besuchen, dass der Religionsunterricht in Deutsch stattfindet und dass es uns

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular