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Gemeinderat, 50. Sitzung vom 24.11.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 42 von 87

 

und bei allen anderen Maßnahmen, die hier im Gemeinderat zwar vollmundig und mit blumigen Worten beschrieben und beschlossen werden, die aber dann in der Realisierung draußen ganz anders aussehen.

 

Vor allem in den letzten drei, vier Jahren zeigt sich eine Flächenwidmungspraxis, die deutlich macht, wieso es eigentlich diesem Grünraum, diesen wichtigen Naherholungsgebieten, diesen Sww-Flächen und landwirtschaftlich genutzten Flächen derart an den Kragen geht. Es hat sich eine Flächenwidmungspraxis eingeschlichen, die unter dem fadenscheinigen Titel "Neue Siedlerbewegung" verstärkt Flächen des Grüngürtels in Bauland Wohngebiet umwidmet.

 

Ein Beispiel – das werden wir demnächst im Ausschuss beziehungsweise hier im Gemeinderat haben – ist der Flächenwidmungsplan 7541 im 22. Bezirk, Breitenlee. Bei diesem Flächenwidmungsdokument wird sogar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass man sich eigentlich mit dieser Baulandwidmung in einer ausgewiesenen Fläche des 1°000-Hektar-Plans befindet und dann heißt es so nett in der Begründung: „Nach Abwägung der Vor- und Nachteile einer solchen Entwicklung soll dies auch, entgegen den überörtlichen Konzepten, insbesondere des 1°000-Hektar-Plans, die eine grünräumliche Entwicklung für dieses Gebiet vorgesehen haben, erfolgen."

 

Jetzt, meine sehr geehrten Damen und Herren, würde mich interessieren: Wie ernst nehmen wir uns alle hier herinnen noch? Wir haben jetzt einen Strategieplan vorliegen, mit Projekten, wo Parameter beschrieben sind, wo Rahmenbedingungen beschrieben sind, die einzuhalten es an und für sich der Stadt nicht schwerer und nicht leichter machen würden als bis jetzt. Das Problem ist aber, dass gerade die Bereiche, die nicht stark vertreten sind, die keine Lobbyisten in den diversen Bereichen sitzen haben – und das ist nun einmal der Grünraum, das sind nun einmal die Freiflächen, das sind die Sww-Flächen, das sind die landwirtschaftlichen Flächen –, immer auf der Strecke bleiben.

 

Es hat seit 1995 keinen Flächenwidmungsplan gegeben, in dem es zu Gunsten des Grünraumes, in dem es zu Gunsten des Sww-Gebietes eine Widmung gegeben hat. Es hat immer Abstriche für den Freiraum gegeben und immer Zuschläge für das Bauland gegeben. Wir haben es seit dem Beschluss des Grünraumkonzeptes, des 1°000-Hektar-Plans nicht geschafft, auch nur ein einziges Mal – kein einziges Mal, nicht einmal in den Randgebieten der Stadt, weder im 10. Bezirk noch im 23. noch im 21. oder 22. Bezirk – tatsächlich netto ein Plus für den Grünraum zu schaffen, widmungsmäßig abzusichern, von Ausgestalten ist schon überhaupt keine Rede.

 

Das einzige, was derzeit tatsächlich passiert, ist im Süden von Wien auf massiven Druck der Bevölkerung endlich bei den Grundäckern einen kleinen Teilbereich, der jetzt als Bad ausgestaltet wird, tatsächlich so umzusetzen, wie er eigentlich im ursprünglichen Konzept drinnen gewesen ist. Das sind die ersten 6 000 Quadratmeter, die tatsächlich mit einer Widmung versehen, mit dem notwendigen Ankauf versehen auch so ausgestaltet werden, dass in der Flächenbilanz tatsächlich netto ein Plus vor der Zahl steht.

 

Und das ist, meine sehr geehrten Damen und Herren, fast 10°Jahre nach dem Beschluss des 1°000-Hektar-Plans und fast 100 Jahre nach dem Beschluss "Grüngürtel in Wien" eine mehr als traurige Bilanz für eine sozialdemokratische Fraktion, die sich immer das grüne Wien, nämlich jetzt nicht von den Parteifarben her, sondern von den Wiesen- und Waldfarben her, auf ihre Fahnen geheftet hat und immer wieder mit "ach, wir sind doch so ökologisch, ach, bei uns ist alles so super" hausieren geht. Im Bereich der Nettobilanz sowohl bei Grünraum, Freiraumgestaltung, Ankauf als auch bei den Widmungen ist Ihre Bilanz eine negative.

 

Aus diesem Grund bringen der Kollege Maresch, Christoph Chorherr und ich einen Beschluss- und Resolutionsantrag ein, der lautet:

 

„Der Wiener Gemeinderat bewertet die vielfältigen Landschaftsräume, wie etwa Wienerwald, Donauraum, Wiener Becken, Marchfeld und Bisamberg mit ihren unterschiedlichen geographischen, klimatischen und bio-logischen Ausprägungen und Landschaftsbildern als gleichwertig schützenswert und spricht sich für die reale Schließung des Grüngürtels aus.

 

Die Siedlungsgrenzen sollen im Stadtentwicklungsplan 2005, STEP 05, verbindlich festgelegt werden, als Verordnung gesetzlich verankert, sodass keine widersprechenden Flächenwidmungs- und Bebauungspläne zur Beschlussfassung vorgelegt werden können.

 

Weiters spricht sich der Wiener Gemeinderat in Bezugnahme auf die Beschlüsse von 1905 und 1995 dezidiert für die Umsetzung der notwendigen Maßnahmen wie Widmung, Ausgestaltung, Ankauf für die Erreichung der Zielvorstellungen Grüngürtel Wien aus.

 

In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige Abstimmung dieses Antrages.“

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben versucht, viel in den Strategieplan hineinzustopfen.

 

Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner (unterbrechend): Kollege Kenesei, ich ersuche Sie um den Schlusssatz. Ganz kurz. Sie sind schon über der Zeit.

 

GR Günter Kenesei (fortsetzend): Ich bin schon beim Schlusssatz. Ich wäre schon fertig.

 

Ich glaube, dass gute Ansätze gefunden wurden, dass aber gerade bei dem Bereich der ökologischen Nutzung der Flächen, gerade beim Umgang mit den Frei- und Grünflächen der Stadt noch viel Arbeit auf uns wartet. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächster Redner ist Herr GR Mag Neuhuber gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.

 

GR Mag Alexander Neuhuber (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Vorsitzende! Herr Berichterstatter! Meine Damen und Herren!

 

Weil es jetzt sehr gut zum Beitrag des Kollegen Kenesei passt, der sich ein bisschen mit dem Umgang der Mehrheitsfraktion in diesem Haus mit der Opposition auseinander gesetzt hat, möchte ich auf eine Bemerkung vom Herrn Kollegen Schieder in seiner Wortmeldung

 

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