Gemeinderat,
50. Sitzung vom 24.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 51 von 87
dadurch abhandeln zu können, dass Sie nur einen
Redner herausschicken. (GR Harry Kopietz: Bitte warten! Bitte warten!) Was
die vereinigte Opposition an Argumenten beibringt, ist Ihnen völlig egal und
Sie sagen, das war es, das sitzen wir aus, das stehen wir locker durch, da
schauen wir vielleicht ein bissel hinein oder sonst irgendetwas, aber diese Debatte
halten wir aus.
Ja, ich weiß schon, was Sie meinen mit “Bitte
warten“. Der Herr Stadtrat hat sich auch noch zum Wort gemeldet und wird uns
jetzt am Schluss alles erklären, was wir nicht verstanden haben. (GR Harry
Kopietz: Das ist leider notwendig!) Wir würden diesen Dialog gerne mit ihm
führen, wenn er es vorher sagen würde, aber das°... (GRin Renate Winklbauer:
Wir haben nicht so viel Zeit!) Ja, Sie werden so viel Zeit haben müssen und
wenn Sie mich jetzt ganz lange aufhalten - bei mir steht 1906 -, dann bleibe
ich da stehen und sage alle paar Zehntelsekunden irgend etwas und dann dauert
es 20 Minuten! Sie können mir aber auch kurz°... (GR Harry Kopietz: Das
ist wurscht!) Das habe ich mir nämlich vorgenommen und dann schweigen Sie mit
Ihren Zwischenrufen. Wenn es Ihnen wurscht ist, dann ist es auch gut. Ich werde
nachher Ihr Buch lesen, wenn Sie dann sprechen.
Und zwar deswegen, Herr Stadtrat, weil Sie das Papier
nicht oder, wie soll man sagen, dieses Strategiepapier ist nicht einmal das
Papier wert, auf dem es gedruckt ist, und zwar aus zwei Gründen:
Der erste ist: Es wird die generelle Frage nicht
beantwortet, die ganz einfach ist: Muss diese Stadt wachsen? Ja oder nein? Und
wenn ja, wie? Diese Antwort hätte ich mir erwartet. Muss diese Stadt wachsen?
Ja oder nein? Und zwar deswegen, weil andere Städte, die in diesen
internationalen Umfragen, auf die Sie sich immer gerne berufen, auch positiv
bewertet werden, diese Frage für sich mittlerweile beantwortet haben, nämlich
damit, dass sie sagen, sie wollen aus vielen Gründen kein quantitatives
Wachstum mehr, weil es viele qualitative Nachteile hat und sich nur für
qualitatives Wachstum entschieden haben, was in Ihrem Plan nicht drinnen steht.
Und diese Städte liegen heute bei den internationalen Umfragen auf gleicher
Höhe wie Wien, aber in 10°Jahren werden sie deutlich vor uns liegen, weil Sie
den Anschluss verpasst haben!
Und ich sage Ihnen ein Beispiel bezugnehmend auf den
Antrag der GRÜNEN, der nur vollinhaltlich zu unterstützen ist:
Es geht um die Frage: Wie viel an grünem Freiraum in
dieser Stadt soll von der SPÖ oder wird von der SPÖ noch zubetoniert werden,
weil Sie dem “schnöden Mammon“ folgen. Und ich bringe Ihnen ein Beispiel aus
meinem Bezirk, weil über die Bezirke heute noch nichts gesagt worden ist.
Floridsdorf feiert heuer 100 Jahre und wie wir
spaßhalber sagen: „Wien bei Floridsdorf“, unter anderem deswegen, weil wir den
Charakter dieses Bezirks so loben. Wir sprechen davon, dass es dörfliche Räume
gibt, entstanden aus 5 oder 6°Dörfern - von einem davon werde ich sprechen -,
von einem Kern hoch erschlossen, industrialisiert, Wohngebiete, Gemeindebau,
alles, was der Sozialdemokratie wert ist und draußen der dörfliche Charakter.
Aber dieses Bild wird es in 10°Jahren nicht mehr
geben. Dieses Bild, das hier so ähnlich in diesem Plan dargestellt ist und das
sind ja tolle Fotos. Sie sind leider ein bissel klein und deswegen sieht man
sie nicht so gut, wenn man in den unteren Reihen sitzt, aber sie sind wirklich
toll, Herr Stadtrat. Für diese Fotos bin ich Ihnen dankbar. Sie zeigen grüne
Wiesen mit Blümlein, gerade dass man die Vöglein nicht zwitschern hört und
dahinter im entsprechend großen Abstand, eineinhalb, zwei Kilometer weit weg
irgendwelche Bauten. Das Problem ist, diese Bilder wird es in 10°Jahren in der
Leopoldau nicht mehr geben - sie heißt nämlich Au, weil es einmal eine Au war
-, weil Sie die Leopoldau systematisch zubetonieren wollen!
Sie erzählen uns da irgend etwas in diesem Plan, Sie
zeigen uns Bilder und tagtäglich tun Sie das Gegenteil! Sie legen einen Plan
vor, die B232, eine neue Straße, die mitten durch die Leopoldau durchgehen
soll, den Eindruck erweckend, als ob man dort eine Straße bräuchte. Kein Mensch
braucht den Ausbau der Draugasse, die B232! Ich fahre dort jeden Tag. Ich habe
noch nie in Radio Wien oder sonst wo gehört: „Stau in der Ruthnergasse, Stau in
der Shuttleworthstraße.“ Das gibt es überhaupt nicht, dort ist kein Stau! Dort
ist in den Spitzenzeiten bei den Ampeln ein bissel ein Rückhalteverkehr, aber
in der Ruthnergasse finden sie keinen Stau! Kein Mensch braucht die Draugasse,
außer wenn er vorhat, dort die große grüne Wiese, die einmal einen Kilometer
groß war, zuzubetonieren, etwas Neues zu errichten.
Und jetzt lebe ich gar nicht nach
dem Florianiprinzip. Ich sage gar nicht, ach, da sollen ein paar Leute im
Grünen wohnen, weil die Gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften vor 10°Jahren
gelockt haben mit „Wohnen im Grünen, komm doch zu uns, in Floridsdorf ist es so
schön“ - und nächstes Jahr betoniert ihr ihnen alles zu! Um das geht es gar
nicht, sondern es geht darum - und Sie selbst beschreiben das in einem anderen
Dokument, das Sie uns bald vorlegen werden, nämlich im STEP 05 -, dass in
unmittelbarerer Nähe wenige hundert Meter entfernt alte Industrieanlagen sind,
auf denen reihenweise Platz ist und die aus einer Zeit stammen, in der
arbeitsintensiver Produktion nachgegangen wurde - viele Maschinen, viele
Menschen. Heute ist das nicht mehr notwendig. Der Unterschied ist nur, Sie
müssten kreativ sein, Sie müssten sich dort an Siemens, VA TECH und wen
auch immer wenden und sagen: „Wie viel von euren Liegenschaften braucht ihr
eigentlich nicht mehr, die ihr verkaufen könntet, damit sich dort andere
Betriebe, die wir natürlich brauchen, ansiedeln können?“ Der Unterschied ist
nur, den Gewinn mit dem Verkauf der Liegenschaft würde Siemens oder sonst
irgendein Unternehmen machen, aber nicht die Stadt Wien. Den Gewinn machen Sie
dann, wenn Sie gemeinschaftliches Eigentum, nämlich grüne Wiesen, verscherbeln,
um irgendjemanden anderen neu anzusiedeln, und die Bürger, die dort wohnen und
viel Geld für Kleingarten,
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