Gemeinderat,
50. Sitzung vom 24.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 53 von 87
Wir wollen in dieser Region auch das starke Wirtschaftszentrum sein. Wenn man hier davon spricht, dass wir das verschlafen hätten, Kollege Barnet, dann habe ich das Gefühl, Ihnen ist nicht aufgefallen, welche Position diese Stadt innerhalb dieser Region jetzt schon hat, wenn die Wirtschaftskraft zwischen Wien und Bratislava 1 zu 10 ist und wenn sich die Einkommenssituation nur sehr langsam annähert, und Bratislava ist der blühendste Pool in den neuen Mitgliedsstaaten.
Aber wenn Sie sich die Zahlen von Budapest anschauen
und wenn Sie sich die Zahlen von Prag anschauen, so ist Wien bei allen Werten
voraus, ausgenommen bei einem Wert, nämlich beim Motorisierungsgrad. Da hat uns
Prag schon überholt und da bin ich eigentlich froh, dass wir nicht voraus sind.
In Städten ist der Verkehr nur bewältigbar, wenn es einen starken und gut
funktionierenden öffentlichen Verkehr gibt und nicht jeder das Auto benützt,
wann es ihm gerade einfällt, sondern dann, wenn es sinnvoll zweckmäßig ist.
Ansonsten ist dieses Zentrum Wien das Zentrum im
südlichen Zentraleuropa und wird europaweit auch als solches genannt. Wir haben
in der vergangenen Woche hier den Eurocity-Kongress mit mehr als
300 Bürgermeistern aus ganz Europa gehabt und dabei hat der Vertreter der
Europäischen Kommission in aller Deutlichkeit festgehalten - der Vizepräsident
Verheugen war das -, dass diese Stadt innerhalb des europäischen Städtegefüges
ein sehr starker Schwerpunkt ist und sich nicht zu scheuen braucht, diese
Schwerpunktrolle auch wahrzunehmen. Und genau das steht in dem Strategieplan,
genau das wollen wir!
Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass diese Stadt ein
moderates Wachstum benötigt. Wenn Sie es nicht gefunden haben, dann schauen Sie
auf die Internetseite, wo der Stadtentwicklungsplan 2005 im Entwurf schon
drinnen steht: 70 000 bis 90 000 Einwohner innerhalb von
10 Jahren, eine moderate Größe. Wir hatten zwei Jahre, wo wir innerhalb
von zwei Jahren in Summe 100 000 Zuzug hatten. Das ist eine
überhitzte Entwicklung, die eine Stadt nicht leicht verkraften kann. Aber
innerhalb von 10 Jahren einen Zuwachs an Bevölkerung von
70 000 bis 90 000 zu haben, das ist genau das, was diese Stadt
unbedingt auch benötigt, um die Umstrukturierung hin zu einem international
beachteten Dienst-leistungs- und Forschungszentrum, zu einem Zentrum der
Kultur, der innovativen Industrien werden zu können und bleiben zu können, die
entsprechende kritische Masse überschritten zu haben.
Wenn den einen oder anderen die Akronyme, die aus
EU-Programmen entstehen, ein bisschen fremdländisch vorkommen, so mag das schon
sein, nur sie sind die Bezeichnungen von EU-Programmen und dafür kann die Stadt
nicht wirklich etwas. Wir sind gerne bereit, da die Erklärungshilfe zu liefern.
Vielleicht setzen wir beim nächsten Strategieplan dann auch noch ein Glossar
dazu, damit wir dem Kollegen Neuhuber die Übersetzung etwas erleichtern.
Diese Programme nicht wahrzunehmen, würde uns auf
europäischer Ebene nicht auf die Sichtbarkeitsebene mit hinaufheben, die
notwendig ist, um auch auf der europäischen Plattform wahrgenommen zu werden.
Wir haben leider ja die Situation, und das beschreiben alle Zeitungen so und
die “Presse“ ist nicht wirklich die Zeitung der Sozialdemokratie, aber sie
beschreibt jetzt viel deutlicher, dass die Wahrnehmung Österreichs denn doch
ein bisschen zu wenig auf der Ebene der Europäischen Union von der Regierung
unterstützt wird. Deswegen ist es auch so wichtig, dass Österreich, dass Wien
als Hauptstadt dieses Österreichs selbst Städtepolitik betreibt und sich selbst
auf der internationalen Bühne entsprechend deutlich zu Wort meldet.
Wir haben einen weiteren Punkt, der ganz entscheidend
in Zeiten mit einem Arbeitsminister ist, der verlauten lässt, dass er sich
darüber freut, dass die Steigerungsrate der Arbeitslosigkeit zurückgegangen
ist, was nur heißt, es steigt die Arbeitslosigkeit mehr. Wir haben ganz genau
definiert und auch die Instrumente dazu genannt, wie wir die vorausschauende
Arbeitsmarktpolitik gestalten wollen, soweit das der Stadt überhaupt möglich
ist, denn immerhin ist die Arbeitsmarktpolitik eine Angelegenheit des Bundes.
Wir haben auch die nachhaltige soziale Sicherheit
hervorgehoben und als einen der Schwerpunkte erwähnt. In Zeiten, wo man darüber
diskutiert, ob die Brillen noch weiterhin von der Krankenversicherung gezahlt
werden oder nicht, ist es wohl ganz entscheidend, den Menschen, die in dieser
Stadt leben und wohnen und arbeiten, sicherzustellen, dass sie auch das soziale
Netz vorfinden können. Wenn das die Strategie der Stadt ist, dann kommt es nicht
darauf an, ob in dieser Strategie drinnen steht: „Das wird bis zum 31.8.2007
erfüllt sein“, sondern es kommt darauf an, dass es sich in allen Aktivitäten
dieser Stadt auch niederschlägt und dass im Gegenüber zum Bund, zu der
Europäischen Union und allen anderen Entscheidungsebenen die Position der Stadt
in dieser Form auch vertreten wird.
Wir haben auch deutlich darauf hingewiesen und mit
dem Ziel, dass wir eine Stadt des Miteinanders verschiedener Kulturen,
Religionen und Lebensweisen sein wollen, dass wir diese Politik, die die Stadt
Wien über viele, viele Jahre in dieser Form praktiziert hat, weiter entwickeln
und in einer Form, dass es nicht zur Einengung und Einschränkung zum Beispiel
auf eine Leitkultur kommt.
Wenn Sie die deutschen Zeitungen,
Herr StR Herzog, in den letzten Wochen gelesen haben, dann werden Sie
feststellen, dass viele bis hin zur “Frankfurter Allgemeinen“ ganz deutlich
darauf hinweisen, dass das Beschränken auf die Leitkultur ein Riesenproblem für
die Integration und für die Berücksichtigung auch anderer Herkunftsorte und
anderer Ethnien innerhalb eines Staates darstellen. Sie werden auch, so nehme
ich an und so hoffe ich, in den Zeitungen unserer deutschsprachigen
Nachbarstaaten lesen – ich gehe ja nicht davon aus, dass wir uns alle
slowakischen übersetzen lassen, die Zeitungen aus Bratislava. Es genügt ja,
wenn man zum Beispiel “Die Welt“ - auch nicht unbedingt eine Zeitung, die der
Sozialdemokratie nahe steht - hernimmt, dann
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