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Gemeinderat, 50. Sitzung vom 24.11.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 70 von 87

 

zu missbrauchen, also sicher nicht mit gutem Vorsatz. Sie müssten das wissen, Herr Bürgermeister! Das sind nicht Zahlen von mir, das sind Zahlen des österreichischen Rechnungshofs. Sie wissen das genau und sogar der Parteivorsitzende Gusenbauer hat Gesprächsbereitschaft in diese Richtung angekündigt.

 

Meine Damen und Herren, Herr Bürgermeister, Österreich hat die Flüchtlinge immer mit offenen Armen aufgenommen. Wir haben da eine große Tradition. Wir brauchen uns gar nicht zu genieren. (Bgm Dr Michael Häupl: Wir nicht!) Wir haben die Opfer des Staatssozialismus in all diesen Jahrzehnten aufgenommen. Wir haben 1956 die Flüchtlinge aus Ungarn und 1968 die Tschechen nach dem Prager Frühling aufgenommen. Wir haben auch 1980 nach den Aufständen in Polen, nach den Solidarnoscaufständen, diese Flüchtlinge aufgenommen. (Bgm Dr Michael Häupl: Wenn die FPÖ damals in der Regierung gesessen wäre, hätten wir es auch nicht gemacht!)

 

Herr Bürgermeister, wir können dieses Asylrecht nur weiter und langfristig gewähren, wenn wir jetzt den Missbrauch bekämpfen! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Herr Bürgermeister, ich war daher von diesem Teil Ihrer Antwort enttäuscht. (Bgm Dr Michael Häupl: Mir geht es jetzt umgekehrt genauso!) Sie haben diese Probleme mit keinem Wort erwähnt. Sie haben nicht erwähnt, dass Österreich zum Asylbetrugszielland Nummer eins geworden ist. Sie tun der Sache keinen guten Dienst, wenn Sie diese sensiblen, aber wichtigen Zahlen hier verschweigen. Sie tun der Sache keinen Dienst, wenn Sie hier die echten Flüchtlinge mit den Asylmissbrauchern, mit den Betrügern, einfach in einen Topf schmeißen. Es sollte daher nicht Ihre erste Sorge sein, wie aus vielen Stellungnahmen hervorgeht, einfach allen Antragstellern, und damit auch den Illegalen, den Kriminellen, möglichst rasch die Grundversorgung auf Kosten der Steuerzahler zukommen zu lassen. (Bgm Dr Michael Häupl: Sie stellen hier den Rechtsstaat in Frage! Merken Sie das nicht?) Es sollte vielmehr Ihre Aufgabe sein, Herr Bürgermeister, im Sinne des Steuerzahlers Spreu und Weizen zu trennen.

 

Meine Überzeugung ist, wer kriminell ist, hat beim Asylrecht verspielt. Wir werden dieses Wahlversprechen einlösen. Wir werden den Koalitionsausschuss einberufen und werden im österreichischen Parlament eine weitere Verschärfung dieses Gesetzes durchsetzen. Ich fordere aber auch Sie auf: Leisten sie im Sinne des Steuerzahlers auch Ihren Beitrag, dass dieser Missbrauch jetzt effektiv bekämpft wird! (Bgm Dr Michael Häupl: Wir werden dem Abbau des Rechtsstaates durch Sie keinen Vorschub leisten!) Leisten Sie Ihren Beitrag, Herr Bürgermeister, damit kriminelle Asylwerber in Zukunft sofort abgeschoben werden können! (Beifall bei der FPÖ. – Bgm Dr Michael Häupl: Was sollen wir für einen Beitrag leisten? Ihr Innenminister macht das! Das ist ja unglaublich!)

 

Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächste Rednerin ist Frau GRin Jerusalem gemeldet. – Bitte.

 

GRin Susanne Jerusalem (Grüner Klub im Rathaus): Sehr verehrte Frau Vorsitzende! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Mit den krausen Ideen der Zorropartei werde ich mich nicht auseinander setzen, sehr wohl aber mit dem Fonds Soziales Wien. Ich möchte gleich einleitend sagen, worin eigentlich unsere große Sorge besteht und ich denke, dass die meisten Abgeordneten der Sozialdemokratischen Partei diese Sorge verstehen werden, vielleicht nicht teilen, aber das werden wir möglicherweise herausbekommen.

 

Das Erste, wovor ich warne, ist Qualitätsdumping in einem sehr wichtigen politischen Bereich, in einem ganz wichtigen Bereich, nämlich im sozialen Bereich und im Gesundheitsbereich. Ich glaube, niemand von uns will Qualitätsdumping. Darin wird Übereinstimmung herrschen. Das gilt es zu verhindern.

 

Zweiter Punkt, Lohndumping: Auch in dem Punkt gehe ich einfach davon aus, dass wir alle der Meinung sind, dass diese 35 000 Menschen, die im Bereich Soziales und Gesundheit in Wien arbeiten, nicht Lohndumping erleiden sollen, sondern dass das Menschen sind, die schwere Arbeit leisten, die gut ausgebildet sein sollen und die gut, sogar besser als heute, bezahlt werden sollen.

 

Der dritte Punkt, was wir, glaube ich, auch alle nicht wollen, ist dass neoliberale Spielregeln Raum greifen und uns schlussendlich beherrschen, selbst wenn wir das gar nicht wollen, gegen die wir im Grunde genommen dann nichts mehr tun können.

 

Ich denke, soweit sind wir einer Meinung.

 

Nun hat aber die Wiener Landesregierung aus Gründen, zu denen ich noch kurz kommen werde, beschlossen, diesen Bereich auszugliedern und einen Fonds einzurichten. Was die Grünen befürchten und behaupten, ist dass dieser Fonds nicht das geeignete Mittel und nicht in der Lage ist, Qualitätsdumping, Lohndumping zu verhindern. Schauen wir uns das einmal ein bisschen näher an.

 

Zunächst einmal: Warum Ausgliederung? Ich denke, Sie haben es uns nie mitgeteilt, aber ich kann Ihnen sagen, was ich mir dazu denke. Ich glaube, dass der Druck sowohl von innen als auch von außen sehr stark war. Von innen deswegen, weil alle Reformen gescheitert sind, die Sie in den letzten Jahren diesbezüglich versucht haben, weil es nicht möglich war, die einzelnen magistratischen Abteilungen dazu zu bringen, in kooperativer Form irgendwie zusammenzuarbeiten. Da ist ganz viel gescheitert. Das war einmal der eine Grund.

 

Der andere Grund liegt natürlich im Beitritt der EU begründet. Wenn wir, was ich nachher tun möchte, uns das Weißbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse anschauen, so sehen wir nicht nur, dass von innen ein Druck da ist, sondern auch von außen, nämlich dass alle Länder und alle Kommunen dazu gezwungen sind zu handeln. So weit, so gut.

 

Was ich Ihnen aber im Speziellen vorwerfe, ist dass Sie diesen Handlungszwang, dem Sie da unterlegen sind, und ich gestehe zu, dass der existiert hat, auch

 

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