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Gemeinderat, 51. Sitzung vom 17.12.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 14 von 89

 

fragen mich, seit wann feststeht, dass Herr Dr Marhold Generaldirektor des Krankenanstaltenverbundes wird. Ich darf Ihnen mitteilen, dass die Begutachtungskommission am 1. Dezember 2004 stattgefunden hat und dass dann der Herr Bürgermeister die Entscheidung getroffen hat und mir diese am 6. Dezember dieses Jahres mitgeteilt hat.

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Die 1. Zusatzfrage stellt Frau GRin Dr Pilz. – Bitte.

 

GRin Dr Sigrid Pilz (Grüner Klub im Rathaus): Frau Stadträtin! Sie haben sicher in der Vergangenheit, so wie ich, Zeitung gelesen und gehört, dass Namen für die Besetzung der Generaldirektion im Gespräch waren. Und innerhalb des Krankenanstaltenverbundes war ein Wissen, über das Sie, wie Sie jetzt sagen, erst seit Dezember verfügen, schon längst bekannt. Ich lese Ihnen einen Brief vor, den ich im September bekommen habe:

 

„Liebe Frau Dr Pilz! Ich bin in einer der größten Wiener Krankenanstalten tätig und daher auch an einer professionellen Weiterführung des Wiener Krankenanstaltenverbundes interessiert. Wie Sie wissen, wurden erst kürzlich sämtliche Stellen der KAV-Leitung neu ausgeschrieben. Nun aber sollen wohl die Wiener GRÜNEN verkohlt werden. Der Generaldirektor und die anderen Direktoren stehen längst fest. So wartet der Ärztliche Leiter der Rudolfstiftung bereits seit einem Jahr auf den Generaldirektorenstuhl. Die Frage ist, auf welche Kompetenz er sich dabei berufen kann. Wäre nicht gerade jetzt und für die Zukunft wirkliche Managementqualifikation vonnöten?

 

Ebenso verhält es sich in der Ebene darunter und auch bei den nachzubesetzenden Verwaltungsdirektoren, wie zum Beispiel im SMZ-Ost. Auch hier steht ein unqualifizierter Parteibuchinhaber bereits fest. (Bgm Dr Michael Häupl: Das ist ja unglaublich? Was ist denn das?) Eigentlich sollten die anderen Bewerberinnen und Bewerber, die im Vertrauen auf ein objektives öffentliches Auswahlverfahren daran teilnehmen, Schadenersatz verlangen - von den Kosten der Scheinausschreibung ganz abgesehen. (Bgm Dr Michael Häupl: Das darf ja nicht wahr sein! Das ist eine Denunzierung übelster Art! Das ist ja unglaublich!)

 

Bitte helfen Sie uns, damit unsere Krankenhäuser mit Fachkompetenz und nicht mehr mit Willkür geführt werden! Vielen herzlichen Dank! Ich habe Kinder und bitte daher um Verständnis, dass ich mich nur in dieser Form an Sie wenden kann (Bgm Dr Michael Häupl: Was glauben Sie, was ich für Briefe kriege?), sonst werde ich bei der Gemeinde als Gefahr angesehen und stehe dann unter Beobachtung. Sie verstehen, dass ich den Namen nicht nennen werde." (Bgm Dr Michael Häupl: Das ist ja unglaublich! Das ist ja ungeheuerlich!)

 

Frau Stadträtin, ich frage Sie: Was sagen Sie zu diesem Brief? Und wieso wissen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Krankenanstaltenverbund offensichtlich schon längst Bescheid, wer Generaldirektor wird?

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Frau Stadträtin, bitte.

 

Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Sehr geehrte Frau Gemeinderätin! Ich bedauere Ihre Vorgangsweise, vor allem angesichts der Tatsache, dass hier viele junge Menschen sitzen, die eigentlich mit politischen Diskussionen konfrontiert werden sollten und lernen sollten, was Demokratie heißt - und nicht, mit Denunziantenbriefen konfrontiert zu werden. Ich finde das wirklich bedauerlich. Wenn wir beginnen würden, uns Briefe, die wir bekommen, gegenseitig vorzulesen, dann hätten wir erstens einmal wahrscheinlich eine Sitzung, die bis vier Uhr in der Früh dauern würde, und zweitens würde ich mich schämen, wenn ich diese Briefe verlesen würde (Bgm Dr Michael Häupl: Das ist ja ungeheuerlich! Das ist wirklich empörend!), denn da stehen oft Dinge drinnen, die ich als extrem unwürdig empfinde, und ich halte auch überhaupt nichts davon. Sie wissen, wie viele Gerüchte es gibt.

 

Ich versuche jetzt, meinen Ärger ein bisschen im Zaum zu halten, weil nämlich diese jungen Menschen hier oben auf der Galerie sitzen. Sonst würde ich vielleicht noch ein bisschen anders sprechen - aber wahrscheinlich ist es ganz gut, dass ich meinen Ärger jetzt im Zaum halten muss -, weil ich das für eine Art und Weise des Vorgehens halte, durch die Menschen diskreditiert werden und die ich absolut nicht in Ordnung finde.

 

Und was anonyme Briefe betrifft: Wie ernst man sie persönlich nimmt, ist die eine Sache, aber dass man sie dann öffentlich in einer Gemeinderatssitzung verliest, auch angesichts dieser hier vorhandenen Öffentlichkeit, das finde ich wirklich absolut nicht in Ordnung. Erlauben Sie mir, dass ich das in aller Offenheit und Deutlichkeit auch so sage. Sie wissen, wie viele Gerüchte es gibt. Sie wissen, dass in einem Haus wie dem unseren sehr viele Dinge diskutiert werden. Wir alle gehen manchmal unter von Briefen, die – was meine Person betrifft, kann ich Ihnen das sagen – von Drohungen aus gewissen Ecken bis hin zu Beschimpfungen gehen. Ich pflege diese Dinge, diese Gerüchte und diese Beschimpfungen, sofern sie nicht strafrechtlich relevant sind - aber auch dann nützt es meistens nichts, weil sie ja anonym sind -, zu ignorieren. Und im Sinne der politischen Kultur dieses Hauses würde ich Sie ersuchen, das genauso zu halten.

 

Wir können uns gerne darüber unterhalten, wie die Entscheidung für diese Positionen zustande gekommen ist. Sie wissen es, weil ich es wiederholt im Ausschuss berichtet habe.

 

Wir können darüber diskutieren, ob es eigentlich in einem anderen Bereich auch so ein kompliziertes, objektives und manchmal – zu meinem Bedauern – lang andauerndes Verfahren gibt wie bei uns in der Gemeinde Wien. Ich kenne nämlich wenig Einrichtungen, die dieses Verfahren so haben. Über all das können wir gerne reden, wir können über die international renommierten Agenturen, mit denen wir hier zusammenarbeiten, reden, aber ich möchte mich, ehrlich gesagt, auf diesem Niveau, auf dem sich dieser Brief befindet – wie gesagt, ich bedaure es, dass der hier verlesen wird –, nicht auseinander setzen.

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Danke schön. Die 2.°Zusatzfrage: Frau GRin Korosec.

 

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