Gemeinderat,
51. Sitzung vom 17.12.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 45 von 89
zurückgeht, der dazu geführt hätte, dass Wohlstand in
Summe wächst? Diesen Aufschwung hat es nicht gegeben. (GR Mag Alexander Neuhuber: Wir müssen erst einmal 40 Jahre
Kommunismus in Europa verdauen!)
Also ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir in
Österreich 40 Jahre Kommunismus gehabt hätten, Kollege Neuhuber. Die
Kommunistische Partei in Österreich ist unter der Wahrnehmungsschwelle. Ich
weiß nicht, vielleicht sind Sie nach wie vor als letzter Vertreter einer
einseitigen Ideologie des Neoliberalismus derselbe Ideologe, wie es im Großen
und Ganzen auch Vertreter einer kommunistischen Ideologie waren. Sie glauben,
die einzig richtige passende Ideologie ist der Neoliberalismus! Das ist
bedauerlich! (GR Gerhard Pfeiffer: Wer
hat denn das gesagt? Das sagen Sie!) Sie wollen, dass die österreichische
Bundesregierung weitere Liberalisierungsschritte beschreitet, Kollege. Wo ist
der ökonomische Vorteil gewesen, den der Neoliberalismus in den vergangenen
Jahren in Österreich gebracht hat? (GR
Gerhard Pfeiffer: Sie behaupten einfach etwas, das nicht gesagt wurde!)
Der Kollege Neuhuber hat hineingerufen, dass wir
40 Jahre Kommunismus zu verdauen gehabt haben. Das zeigt doch ein
mangelndes Geschichtsbild! (GR Johannes
Prochaska: Er hat von Europa gesprochen! Hat es in Europa keinen gegeben?)
- Ja, es hat in Europa keinen Kommunismus gegeben, sondern es hat in Teilen
Europas kommunistische Parteien gegeben. (GR
Dr Matthias Tschirf: Nur 60 Kilometer entfernt!) Ich sage nicht
Kommunismus dazu, sondern ich sage Staatskommunismus, denn das waren autoritäre
Regime, wie Sie hoffentlich auch wissen. Dass, wenn man mit autoritären Regimen
zu tun hat, der Handel vielleicht auch nicht so blüht, ist etwas ganz anderes.
Dennoch hat sich Europa im Großen und Ganzen in jenem
Teil entwickelt, wo auch ein Kapitalismus, aber im Gegensatz zu jetzt mit einem
menschlichen Antlitz, geherrscht hat. Erst ab dem Zeitpunkt, wo die
neoliberalen Fetischisten die Oberhand erhalten haben, ist die Arbeitslosigkeit
in ungeahnte Höhen gestiegen. (GR Gerhard
Pfeiffer: Wo denn?) Erst ab diesem Zeitpunkt hat das Wohlstandsniveau real
zu sinken begonnen. (GR Gerhard Pfeiffer:
In Österreich?)
Schauen wir uns doch Österreich an: In Österreich
hatten wir vor 20 Jahren eine Lohnquote von 80 Prozent. Wo steht
diese momentan? Für österreichische Lohnkosten, die bereinigt sind, sind es nur
mehr 65 Prozent. Und wer hat den restlichen Reichtum eingesackt? Das frage
ich Sie, Kollege Pfeiffer. (GR Gerhard
Pfeiffer: Die Salzbarone!) Das werden diejenigen sein, die auch bei der
letzten Steuerreform wieder erheblich profitiert haben.
Jetzt kommen wir zurück: Sie wissen genau, dass es in
Wirklichkeit innerhalb des Kapitalismus und insbesondere des Neoliberalismus
auf Grund der globalisierten Finanzwirtschaft momentan ein enormes Überangebot
an Geld gibt. (Gerhard Pfeiffer: Das sind
die Spargelder! 305 Milliarden EUR Spargelder! Aber nicht von den
Neoliberalen!) Die Finanzinvestitionen sind schon ein Vielfaches der
Produktivinvestitionen. Gerade zu diesem Zeitpunkt werden auch die
Dienstleistungen interessant, dass man aus Dienstleistungen Geld machen kann,
die nicht nur Dienstleistungen von allgemeinem Interesse sind, sei es Notar,
sei es Friseur, egal ob großes Handwerk, kleines Handwerk oder Juristerei,
sondern es jetzt an das Eingemachte geht, an die Dienstleistungen, die für
Menschen wirklich unabdingbar notwendig sind. Es geht um den Sozialbereich, es
geht um den Gesundheitsbereich und es wird mittelfristig, da kann man sich bei
dieser EU-Orientierung, wie sie momentan läuft, sicher sein, auch um den
Bildungsbereich und um den universitären Bereich gehen. (GR Gerhard Pfeiffer: Wieso fordern Sie nicht, dass der
Lebensmittelbereich ebenfalls einbezogen wird? Sagen Sie mir das? Der
Lebensmittelbereich ist der wichtigste! Der muss nicht verstaatlicht werden?)
Herr Kollege Pfeiffer, wenn Sie die Diskussion
innerhalb der GRÜNEN verfolgt haben, wenn Sie sich die Mühe gemacht haben, zum
Beispiel unsere wirtschaftspolitische Positionierung von der Homepage
herunterzuladen, dann werden Sie gelesen haben, dass wir keine neue
Staatsgläubigkeit haben, dass bei uns der Markt in vielen Bereichen, auch in
zentralen Bereichen des Lebens, eine durchaus sinnvolle Alternative darstellt,
dass es darum geht, dass man sich halt genau anschauen muss, in welchen
Bereichen Markt sinnvoll ist, in welchen Bereichen er funktioniert und in
welchen Bereichen es sinnvoll wäre, von Haus aus darauf zu schauen, dass man
Bereiche der Gewinnorientierung entzieht, sie gemeinnützig erbringt. Und das
sind die Bereiche, wo der Markt auf Grund bestehender Rahmenbedingungen nicht
die immer wieder von der Betriebswirtschaft, aber vor allem von der
Volkswirtschaft eingebrachte Implikationen sicherstellen und gewährleisten
kann, wo es keine Konsumentensouveränität gibt, wo es keinen Einblick gibt, was
das Günstigste ist, was das Beste ist, wo es auch die Möglichkeit dazu nicht
gibt.
Kommen wir tatsächlich einmal zu den Spitälern, nur
als ein Beispiel: Glauben Sie allen Ernstes, dass sich jemand, der gerade einen
Herzinfarkt hat, überlegen kann, wo es für ihn am günstigsten und am billigsten
ist, sich operieren zu lassen, wo das Spital ist, das am günstigsten arbeitet?
Sicher nicht! Dieser Mensch wird wohl andere Probleme haben. Das heißt, er wird
sich wünschen, egal wo oder wie er einen Herzinfarkt hat, eine bestmögliche
medizinische Betreuung zur Verfügung gestellt zu bekommen.
Jetzt kommen wir zu dem Punkt, wo man sagt, da gibt
es keine Konsumentensouveränität. Die zentrale Herausforderung, wenn man über
Markt redet, ob das sinnvoll ist oder nicht, ist aber die Konsumentensouveränität
neben dem sozusagen Wissen und Herausfinden müssen, wo was am günstigsten ist.
Also der Gesundheitsbereich ist einmal weg. (GR
Gerhard Pfeiffer: Dort haben Sie die Kassen als Vertreter der Konsumenten!)
Selbiges gilt zum Teil für andere
Bereiche, Dienstleistungen von öffentlichem Interesse. Das, was jetzt passiert
ist, ist innerhalb dieser Liberalisierungsbestrebungen der EU de facto ein GATS
für ganz Europa
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