Gemeinderat,
1. Sitzung vom 18.11.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 56
werden müssen, bis es eine neue Bundesregierung gibt,
von der ich sehr hoffe, dass sie anders handeln wird und dass sie sehr wohl
willens und im Stande sein wird, eine bedarfsorientierte Grundsicherung für
ganz Österreich einzuführen, so wie Sie diese vorhin in Ihrer Rede geschildert
haben, was wir auch sehr unterstützen. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Die Frage, die wir uns aber hier und heute stellen
müssen, ist: Was tun wir in Wien bis dahin? Sind wir bereit und sind wir im Stande,
eine Pionierleistung zu Stande zu bringen? Wollen wir zeigen, wie es einmal
anders sein könnte? Wie können wir es anbringen und was können wir zu Wege
bringen? Ich meine nicht, dass wir hier null Möglichkeit hätten zu handeln.
Ein zweites Kapitel, das mir sehr wichtig ist, ist
der Bereich der Integrationspolitik, etwas, was uns sehr beschäftigt, nicht
zuletzt auch in den vergangenen Wochen ob der Unruhen in Frankreich einmal
mehr, der aktuell geworden ist, auch in der Öffentlichkeit, was jetzt vielleicht
mitunter auch, wie soll ich sagen, durch den Wahlkampf des Herrn Strache wieder
einmal an Aktualität gewonnen hat, die nicht notwendigerweise immer nur eine
traurige sein kann, denn ich finde, es ist gut, wenn man sich mit dem Thema
beschäftigt. Da kann man vielleicht auch hinschauen und kann man überlegen, was
man anders und besser tun kann.
So kann ich sagen: Wie sieht es mit der zweiten
Generation in dieser Stadt aus? Denn dort müssten wir doch ansetzen, das ist
logisch. Sie werden in dieser Stadt geboren, sie wachsen in dieser Stadt auf
und sie kennen keine andere Heimatstadt als Wien. Welche Perspektiven haben
diese Jugendlichen? Wie geht es ihnen in den Schulen? Wie sieht es derzeit aus?
Ist unser Bildungssystem durchlässig genug, wie es so schön heißt, auf dass sie
Chancen auf größeren Erfolg in ihrem Leben haben?
Die Statistik spricht hier eine eindeutige Sprache:
Wir müssen handeln. Wir müssen nicht nur handeln, weil in Wiens Schulen vor
allem anlässlich der letzten PISA-Studie sehr schlechte Ergebnisse zu
verzeichnen waren, wir müssen auch handeln, weil wir es mit Tausenden von
Jugendlichen zu tun haben, die eine Perspektive brauchen. Sie und wir wissen,
dass in Wien nicht bloß 700 Lehrerinnen und Lehrer fehlen, sondern seit
dem Jahr 2000 1 400 LehrerInnen weggekürzt wurden, in den Schulen
eingespart werden mussten, nicht zuletzt auch als Folge von zwei
aufeinanderfolgenden Finanzausgleichsverhandlungen, die aus unserer Sicht für
die Bundeshauptstadt nachteilig und ganz besonders katastrophal für den Bereich
der Schulen abgeschlossen worden sind. Die Folgen liegen auf der Hand. Das kann
man jetzt tagtäglich in Wiens Schulen erleben. BegleitlehrerInnen fehlen,
zusätzliche Fördermaßnahmen, gerade für diese Kinder, die auch vielfach
benachteiligt sind, fehlen und müssen weggekürzt werden. Selbstverständlich
musste darüber hinaus das weggekürzt werden, was Kindern Spaß macht, aber das
ist sozusagen fast ein Detail in dieser Debatte. Nein, das Wiener Schulwesen
ist für diese Kinder in den letzten Jahren nicht besser geworden. Es gibt ihnen
nicht bessere Chancen für ihre Zukunft. Es gibt ihnen kein Rüstzeug, wie sie
aus der Situation, in der sie aufwachsen, herauskommen können. Ganz im
Gegenteil, es ist schlechter geworden. Hier müssen wir handeln. Da fordere ich
Sie einmal mehr von dieser Stelle aus auf, die fehlenden Lehrerinnen und Lehrer
für Wiens Schulen selbst aus dem Stadtbudget zu bezahlen, auch bis es eine neue
Bundesregierung gibt.
Meines Erachtens nach sind es zwei wesentliche
Bereiche, in denen wir handeln müssen. Das sind unsere Schulen, wo die Zukunft
unserer Kinder geschaffen wird, und das ist die Bekämpfung der Armut in der
Bundeshauptstadt. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Wir haben von hier aus mehrfach vorgeschlagen, wir
haben es auch in den letzten Tagen als Vorschlag unterbreitet, sich das genau
anzuschauen, nicht nur gezielt, wie gesagt, die fehlenden Lehrerinnen und
Lehrer mitunter für die Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund wieder
einzusetzen, damit man es auch schafft, nicht nur diesen Kindern eine
Perspektive zu geben, sondern um auch insgesamt einen modernen hochqualitativen
Unterricht in allen Schulen in Wien zu schaffen, der allen Kindern die Chance
gibt, etwas zu lernen und schlussendlich etwas für ihre eigene Zukunft zu
haben.
Wir haben vorgeschlagen, den muttersprachlichen
Unterricht auszubauen. Wir haben vorgeschlagen und vielfach auch von dieser
Stelle aus betont, wie wichtig es ist, zusätzliche Stunden im Deutschunterricht
ebenfalls auszubauen. Hier gibt es sehr viel zu tun. Wir haben vorgeschlagen,
bilinguale und trilinguale Klassen auszubauen. Nicht zuletzt auch zwei bis drei
Schulen in nächster Zeit in Wien, von denen man weiß, dass es dort ganz große
Probleme gibt, dass es dort sehr viele Kinder mit Migrationshintergrund gibt,
aber auch Kinder, die starke Schwierigkeiten bei Deutsch haben, genau in diese
Schulen gezielt zu investieren und für die nächsten Jahre etwas auszuprobieren,
mit dem man zeigen kann, wenn man es möchte, wenn man in die Schulen konkret investiert
und modernisiert, kann man sehr wohl messbare Erfolge erzielen. Aufgabe der
Bundeshauptstadt ist es in meinen Augen auch, zu zeigen, wie Schule anders sein
könnte, wie die Zukunftsschule sein kann. Also lassen Sie es uns zumindest in
ein paar konkreten Schulprojekten gemeinsam versuchen! (Beifall bei den
GRÜNEN.)
An dieser Stelle möchte ich vielleicht ein Letztes an
die FPÖ adressieren. Bedauerlicherweise ist der Herr Strache jetzt gerade nicht
im Raum, oder ich kann ihn nur nicht sehen. Aber ich bin sicher, Sie
überbringen es ihm auch. Ich finde es besonders spannend, wenn er vor allem am
Vormittag von hier aus appelliert, über das Thema Integration zu diskutieren
und nicht mit der Keule der Ausgrenzung und der Diffamierung zu arbeiten. Das
finde ich besonders spannend, wenn es vom Herrn Strache kommt. Ich finde, wer
austeilt, und austeilen kann er kräftig und er hat auch kräftig ausgeteilt,
muss auch einstecken können, nämlich die Kritik, die berechtigterweise an diese
Form von Politik erfolgt! (Beifall bei den GRÜNEN und Teilen der SPÖ.)
Ja, Herr Strache, Sie teilen aus
und Sie teilen nicht
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