Gemeinderat,
1. Sitzung vom 18.11.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 38 von 56
auch Erwachsene sind, dürfen sich Politiker auch etwas wünschen. Ich habe drei Wünsche an das politische Christkind. Ich weiß auch, dass nicht immer alle Wünsche gleich vom Christkind erfüllt werden. Manchmal muss man sie im Laufe der Jahre wiederholen und vielleicht gelingt es dann, dass der eine oder andere Wunsch erfüllt wird.
Jedenfalls ist der erste Wunsch, den ich ans
politische Christkind in Wien habe, die Rückkehr zur politischen Arbeit in und
für Wien. (Beifall bei der ÖVP.)
Wenn ich da noch ein bisschen den zurückliegenden Wahlkampf
aufarbeite, dann muss ich eigentlich schon feststellen, dass ich den Eindruck
habe, es war zwar ziemlich symptomatisch, aber es war doch schon so, dass die
Wiener Volkspartei eigentlich die einzige Partei war, die sich bemüht hat,
Wiener Probleme im vergangenen Wahlkampf zu thematisieren. Die SPÖ hat sich
wirklich heroisch bemüht, eine Wahlkampfverweigerung zu betreiben. Die FPÖ war
monothematisch und monomanisch unterwegs. Und die GRÜNEN waren auf der Suche
nach dem Wiener Mut. Möglicherweise haben sie ihn jetzt gefunden, ihren
persönlichen Wiener Mut beziehungsweise ihre Grundsicherung in der Gestaltung
der Verwarnung des Herrn Ellensohn.
Wie dem auch immer sei, es ist notwendig, dass wir
jetzt wieder zur üblichen täglichen politischen Arbeit in und für Wien
zurückkehren, denn wenn ich zurückdenke, liegt es jetzt eineinhalb Jahre
zurück, drei Jahre nach dem vorletzten Wahltermin, dass die Diskussion um einen
vorgezogenen Wahltermin losgegangen ist, bezeichnenderweise vom Kollegen
Strache im April des Vorjahrs. Es hat dann die übliche Verzögerung gegeben,
also zwei Monate, bis dann der Ball von der SPÖ aufgegriffen wurde. Im Juni des
Vorjahrs verlautete es aus der Umgebung des Herrn Bürgermeisters, dass man sich
auch mit dieser Frage beschäftigen kann. Seit damals hatten wir diese Debatte
auf der Agenda und eigentlich ist jede andere Arbeit irgendwie eingestellt
worden. Ein weiteres Beispiel für ein doch sehr sublimes Zusammenspiel der SPÖ
mit der FPÖ. (Bgm Dr Michael Häupl: Das ist aber sehr sublim!)
Ich wollte heute schon den Kollegen Strache fragen,
weil er sich heute wieder als großer Kontrolleur und so weiter aufgeschwungen
hat, mich beschäftigt jetzt wirklich seit einigen Monaten, ich gebe zu, nicht
mit großer Intensität, die Frage, warum die FPÖ im Sommer als einzige
Kontrollpartei bei der Bohmann-Gruppe und beim Compress Verlag zugestimmt hat.
Aber ich nehme an, ein Schelm, der sich Böses dabei denkt, und ich bin
bekanntlich kein Schelm. (Beifall bei der
ÖVP.)
Es ist mir aber wirklich ernst. Wenn wir mit
derselben Haltung ans Werk gehen, dass wir sozusagen monatelang, fast
jahrelang, im Hinblick auf einen Wahltermin eigentlich die Arbeit einstellen,
dann mache ich mir große Sorgen, dass im Hinblick auf die Nationalratswahl in
einem Jahr jetzt wieder ein Jahr lang nichts Gravierendes passiert. Wenn ich
dann davon ausgehe, dass die nächste Gemeinderatswahl möglicherweise sogar
gleichzeitig mit der Nationalratswahl 2010 stattfinden wird, wenn ich mir
das vor Augen halte, dann besteht der nicht unbegründete Verdacht, dass wir in
diesem Hause vielleicht nur wirklich zwei Jahre an realer Arbeit vorfinden
werden. Das ist etwas, was ehrlich gesagt zu wenig und zu bescheiden ist. Wenn
ich dann zwei Legislaturperioden zusammennehme, knapp zehn Jahre, dann kommen
wir auf eine reale Arbeitszeit von nicht einmal fünf ganzen Jahren. Ich glaube,
das verstehen die Wiener Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nicht und das
sollte uns hinreichend zu denken geben. Wir sollten uns alle darum bemühen,
dass diese Arbeit stattfindet und nicht vor dem Hintergrund irgendwelcher
Wahltermine Arbeit nicht stattfindet. Aber ich gestehe, ich bin nicht besonders
euphorisch, dass dieser Wunsch in Erfüllung geht.
Damit komme ich schon zum zweiten Wunsch an das
Christkind, dass die Arbeit für Wien und seine Bürgerinnen und Bürger auch
heißt, die Zuständigkeiten zu sehen und wahrzunehmen. Es ist aus der
Regierungserklärung des Herrn Bürgermeisters heute für mich schon wieder ein
bisschen deutlich geworden, dass alle schwierigen Materien, auch solche, die
Geld kosten, wo Maßnahmen notwendig sind, die nicht immer populär sind,
grundsätzlich welche sind, wo der Bund zuständig sein muss, und wenn er es noch
nicht ist, dann hängen wir es ihm um. Wenn der Bund auch nur eine Teilzuständigkeit
hat, dann bemühen wir uns in vollem Umfang, dass der Bund die Zuständigkeit,
die Verantwortung nach außen hat und dass Wien eigentlich keine veritable
Zuständigkeit in wesentlichen Politikfeldern hat, sei es das Thema Sicherheit,
sei es das Thema Bildung, Gesundheit, Soziales oder auch Arbeitsmarktpolitik.
Da darf man sich aber auch nicht wundern, wenn insbesondere bei den Landtagen
eine Diskussion über die Sinnhaftigkeit dieser Landtage entsteht, wenn wir uns
selbst de facto quasi um eine Aushöhlung der Zuständigkeiten bemühen.
Andererseits, auch das habe ich heute aus der
Regierungserklärung und den jetzt schon erfolgten Debattenbeiträge herausgehört
und es hat mich auch nicht sonderlich überrascht, debattieren wir in diesem
Hause seit sechs Jahren Bundespolitik. Das muss gelegentlich notwendig sein.
Nur, ehrlich gesagt, mein Befund ist, seit sechs Jahren ist die Bundespolitik
zentraler Gegenstand der Debatten hier im Hause und das ist ganz sicherlich
nicht die Aufgabenstellung dieses Hohen Hauses hier in Wien! (Beifall bei der ÖVP.)
Ich vermute, dass an diese sechs Jahre noch ein Jahr
angehängt wird. Es sind die sieben schlimmen Jahre. (VBgmin Grete Laska:
Dann reden wir nicht mehr darüber!) Dann reden wir nicht mehr darüber. (VBgmin Grete Laska: Dann gibt es eine
andere Bundesregierung!) Dann gibt es einen wahren Hoffnungsschimmer. (VBgmin
Grete Laska: Dann kommen Sie daher und dann können Sie unsere Reden
herausnehmen!) Mit so viel Service hätte ich ja nicht gerechnet (VBgmin
Grete Laska: Wir sind ein richtiger Dienstleistungsbetrieb!), aber Wien ist anders. Ich warte das
ab. Fürs nächste halbe Jahr bin ich jedenfalls nicht sehr zuversichtlich, dass
sich an der Konstellation etwas ändert, und dann schauen wir, wie die Situation
sein wird.
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