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Gemeinderat, 1. Sitzung vom 18.11.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 44 von 56

 

Bewertungen bestätigt. Man hat nur vergangene Woche das renommierte Wochenmagazin "Die Zeit" aus Deutschland ansehen müssen. Darin gibt es einen sehr ausführlichen Artikel, den ich vielen meiner Vorredner durchaus ans Herz legen möchte und worin Probleme nicht verschwiegen werden, die es in dieser Stadt gibt, worin aber auch ganz klar gezeigt wird, in wie vielen Bereichen sich Wien in den vergangenen Jahrzehnten tatsächlich hervorragend positioniert hat, sich hervorragend weiterentwickelt hat und sich sehr positiv von vielen anderen europäischen Städten abhebt. Es ist in diesem Artikel sehr eingehend und ausführlich insbesondere auf die Erfolge in den innovativen Wirtschaftszweigen eingegangen worden, vor allem auch sehr deutlich auf diesen erfolgreichen Weg, wie wir tatsächlich den wirtschaftlichen Strukturwandel in Wien bewältigt haben.

 

Voraussetzungen dafür sind und waren - und sie werden es auch in Zukunft sein - die Rahmenbedingungen für Unternehmen, aber natürlich auch die solide Wirtschafts- und Finanzpolitik. Auch darauf soll noch einmal kurz hingewiesen werden. Wir haben hier in den vergangenen Jahren tatsächlich eine sehr solide Finanz- und Wirtschaftspolitik vorlegen können - es haben dies die Rechnungsabschlüsse gezeigt, es haben dies die Budgets gezeigt -, wodurch wir auf der einen Seite ein hohes Investitionsniveau in der Vergangenheit sicherstellen konnten. Wir haben hier ein hohes Maß an öffentlichen Investitionen und damit auch einen aktiven Beitrag zur Arbeitsmarktpolitik geleistet, haben aber trotz alledem das getan, wovon die Bundesregierung immer wieder spricht, nämlich keine Neuverschuldungen zugelassen. Ganz im Gegenteil, wir haben unseren Schuldenstand abgebaut! Auch das zeichnet Wien und die Arbeit der Wiener Sozialdemokratie besonders aus.

 

Aber es soll keine Frage sein, natürlich - und ich kann es in dieser Rede nicht vorübergehen lassen - hat Kommunalpolitik auch ihre Grenzen. Das ist keine Frage. Es sind ja hier nicht nur die drei Wünsche des Kollegen Hahn artikuliert worden, sondern auch eine Vielzahl weiterer Wünsche, viele Wünsche, die man dann erfüllen könnte, wenn man ausreichend Geld zur Verfügung hätte. Aber eine Kommune hat ebenso wenig ausreichend Geld, um alle Wünsche zu erfüllen, wie es im Endeffekt auch ein Privathaushalt nicht hat. Da muss man schon darauf hinweisen, dass wir natürlich auch in der Kommunalpolitik in Wien Grenzen haben, umso mehr, als wir - und ich kann diesen Vorwurf wiederum nicht ersparen - in den vergangenen Jahren einfach mit einer Bundesregierung konfrontiert waren und konfrontiert sind, die auf kurzfristige Effekte gesetzt hat, auf Sparen am falschen Platz, auf Umverteilung von unten nach oben und aufs Zurückschrauben der öffentlichen Investitionen. Das ist eine Tatsache, das zeigen auch die Zahlen des Finanzministeriums, und daher muss es auch hier erwähnt werden: Je enger die Spielräume für die Kommunen sind, desto enger wird natürlich auch der Spielraum in Wien.

 

Wien hat tatsächlich - und es ist wichtig, dies immer wieder in Erinnerung zu rufen, daher werden wir uns dem Wunsch, Ihnen diese Diskussion zu ersparen, nicht anschließen können - gerade in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Aufgaben seitens des Bundes übernommen! Da waren wir gar nicht so kleinlich, wie uns hier vorgeworfen wird, sondern ganz im Gegenteil: Im Interesse Wiens, im Interesse der Wienerinnen und Wiener waren zusätzliche Aufgaben zu übernehmen. All diese zusätzlichen Aufgaben haben natürlich auch Kosten verursacht.

 

Wir haben es nicht deshalb getan, weil es uns verfassungsmäßig zusteht - ganz im Gegenteil, in vielen Bereichen wäre uns das nicht zugestanden -, sondern wir haben es getan, weil wir es einfach für notwendig befunden haben, dass zum Beispiel der Schulweg für die Kinder gesichert wird, dass in die Infrastruktur investiert wird, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Es hat sich hier, glaube ich, einmal mehr gezeigt, dass Wien durchaus bereit ist, ein Gegenmodell zu sein, und tatsächlich auch bereit ist, zusätzlich zu investieren. Das ist gut so. Das werden wir nicht schrankenlos tun können, aber dort, wo es darum geht, gröbste Ungerechtigkeiten auszumerzen, die seitens dieser Bundesregierung verursacht werden, werden wir auch weiterhin unsere Verantwortung wahrnehmen. Davon können Sie überzeugt sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Es hat sich hier gezeigt, wie wichtig eine handlungsfähige kommunale Politik ist. Wir brauchen natürlich Spielräume, um reagieren zu können, und wir haben diese Spielräume im Rahmen unserer Möglichkeiten auch genutzt. Um nur speziell auf den Bereich des Arbeitsmarktes hinzuweisen: Es ist gerade Wien gewesen, das mit einer Vielzahl von Maßnahmen - seien es die Mittelaufstockungen im Bereich des WAFF, seien es die zusätzlichen Unterstützungen im Bereich des Wirtschaftsförderungsfonds, seien es aber auch eine Vielzahl von bildungspolitischen Maßnahmen - versucht hat, im Rahmen seiner Möglichkeit dieser desaströsen Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung gegenzusteuern. Es zeigt sich auch, wie wichtig eine mittel- und langfristig angelegte Politik ist. Aber es ist klar, Wien wird in Zukunft nicht immer und überall dort einspringen können, wo der Bund auslässt.

 

Es gibt ein altes - Sprichwort kann man fast nicht sagen, aber es gibt einen alten Slogan: "Stadtluft macht frei", so heißt es seit dem Mittelalter. Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass dieser Spruch durchaus deshalb entstanden ist, weil gerade in städtischen Ballungsräumen die Rechte der Bürger stärker ausgebaut waren als im ländlichen Gebiet. Ich meine damit nicht nur - weil Kollege Hahn sie auch angesprochen hat - die kontrollpolitischen Rechte, aber auch hier kann man sagen, dass dieser Spruch bis heute stimmt: Wien ist Vorbild für alle Bundesländer, was die Kontrollmöglichkeiten der Opposition betrifft, nicht nur deshalb, weil alle im Haus vertretenen Fraktionen im Stadtsenat vertreten sind, sondern weil es, im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern, in Wien eine Vielzahl von Minderheitsrechten gibt, die es nicht nur in den anderen acht Bundesländern nicht gibt - einige davon sind ja noch

 

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