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Gemeinderat, 2. Sitzung vom 01.12.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 30 von 64

 

behandelt werden.

 

Sehr geehrte Damen und Herren, die Zahl der einkommensschwachen Menschen steigt von Jahr zu Jahr. Immer mehr Menschen beziehen ein niedriges Arbeitslosenentgelt oder Notstandshilfe. Viele sind zwar erwerbstätig, ihr Einkommen ist aber gering. Weder Karenzgeld noch Kinderbetreuungsgeld oder Sozialhilfe sind existenzsichernd. Die gestiegenen Energiepreise stellen in der laufenden Heizperiode viele Menschen vor unlösbare Probleme. Je nach Heizungsart müssen bis zu 250 EUR Mehrkosten beglichen werden. Das ist unmöglich für Menschen, die ohnehin nicht wissen, wie sie ihren Lebensunterhalt finanzieren sollen.

 

Wir verhandeln heute aber neben unserem Antrag für eine sozial adäquate Regelung des Heizkostenzuschusses auch einen Antrag der SPÖ-Fraktion, womit der Bund aufgefordert wird, den einmaligen, im Sinn von ein Mal, nicht in Bezug auf die Höhe des Betrages, Heizkostenzuschuss von 75 EUR auf insgesamt 150 EUR zu erhöhen. Wir werden diesem Antrag zustimmen, weil er klar zum Ausdruck bringt, wie hoch der notwendige Zuschuss wegen der gestiegenen Energiekosten eigentlich sein muss, nämlich 150 EUR. Die dazu nötigen Verhandlungen zwischen Wien und dem Bund dürfen nicht auf dem Rücken der Betroffenen ausgetragen und eine Auszahlung des Betrags auf nächstes Jahr verschoben werden! Die Menschen brauchen jetzt finanzielle Unterstützung und nicht erst nach langwierigen Verhandlungen! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Sehr geehrte Damen und Herren, auf einen Aspekt möchte ich noch besonders hinweisen. Selbstständige, Zivildiener und Studierende sind vom Bezug des Heizkostenzuschusses generell ausgenommen. Die Stadt Wien ignoriert damit konsequent die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt und schließt den gesamten Bereich der so genannten neuen Selbstständigen, schlecht bis gar nicht abgesicherte freie DienstnehmerInnen oder WerkvertragsnehmerInnen und kleine Gewerbetreibende vom Heizkostenzuschuss aus. Erst letzte Woche hat mich ein selbstständiger Friseur angerufen, mit der Frage: „Wie bekomme ich einen Heizkostenzuschuss? Ich kann auf Grund meines Einkommenssteuerbescheides nachweisen, dass ich von 630 EUR im Monat leben muss."

 

Sehr geehrte Damen und Herren, die aktuellen Debatten zeigen, dass die Wiener Sozialhilferegelung auf längst vergangene Arbeitsmarktsituationen aufbaut und nur mittels Notfallsadaptionen für den jährlichen Heizkostenzuschuss zusammengeflickt wird. Die aktuellen Regelungen sind unzureichend, ineffizient, schließen große Gruppen potenziell gefährdeter Menschen aus. Wir GRÜNEN fordern daher in unserem Antrag die Gewährung des Heizkostenzuschusses für alle in Wien lebenden Menschen, deren Haushaltseinkommen unter der Armutsschwelle liegt, und die Anpassung der Höhe des Heizkostenzuschusses an die gestiegenen Energiekosten.

 

In formeller Hinsicht beantrage ich die sofortige Abstimmung dieses Antrags.

 

Sehr geehrte Damen und Herren, wir bringen zur heutigen Sitzung aber noch einen anderen Antrag ein, der zum Ziel hat, Menschen in Notsituationen ein Leben in Würde zu ermöglichen. Die Höhe der maximalen Sozialhilfe ist derzeit unter der Armutsschwelle. Das Wiener Sozialhilfegesetz basiert zu einem großem Teil auf arbeitsmarkttechnischen Rahmenbedingungen der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Der alljährlich neu genehmigte Heizkostenzuschuss ist nur ein weiterer Versuch, dieses nicht mehr zeitgemäße Flickwerk irgendwie über die Runden zu bringen. Von Seiten der Volksanwaltschaft wurde, selbst ohne Berücksichtung des aktuellen Energiepreisanstiegs, mehrfach festgestellt, dass die Sozialhilfe in ihrer derzeitigen Höhe nicht existenzsichernd sein kann. Auch die Armutskonferenz sieht die derzeitige Praxis der Sozialhilfe als unzureichend und fordert eine materielle Existenzsicherung mit armutsbekämpfender und armutsvermeidender Wirkung. Als existenzsichernde Höhe bezeichnen die Experten und Expertinnen der Armutskonferenz die Einkommensarmutsschwelle, 60 Prozent des medialen Pro-Kopf-Haushaltseinkommens, und fordern eine Sockelung aller bestehenden Systeme, Arbeitslosenversicherung, Pensionsversicherung, Krankenversicherung, Notstandshilfe und Sozialhilfe, in dieser Höhe derzeit von 785 EUR.

 

Aus Sicht der Wiener GRÜNEN ist es für die reiche Stadt Wien, auch angesichts des bereits begonnenen Kälteeinbruchs, höchst an der Zeit, die Vorschläge und Mahnungen der ExpertInnen ernst zu nehmen und damit sowohl die Bedürfnisse sozial benachteiligter Menschen zu berücksichtigen als auch den Vorgaben des Wiener Sozialhilfegesetzes Genüge zu tun. Wir fordern unter anderem die Sockelung der Sozialhilfe auf 800 EUR, bezogen auf das Mindestsicherungsniveau der Einkommensarmutsschwelle und die Einführung eines individuellen Rechtsanspruchs, und hier betone ich "Rechtsanspruch", auf soziale Dienstleistungen wie Schuldenberatung, Hilfe für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen, Delogierungsprävention, niederschwellige Gesundheitsangebote, MigrantInnenberatung, Frauenberatung und so weiter.

 

In formeller Hinsicht beantrage ich die Zuweisung dieses Antrags an den Gemeinderatsausschuss für Gesundheit und Soziales und hoffe auf einen parteiübergreifenden positiven Dialog im Ausschuss, um die soziale Situation in Wien nachhaltig zu verbessern! - Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Korosec. Ich erteile es ihr. Die Redezeit beträgt 40 Minuten.

 

GRin Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Frau Kollegin Cammerlander, Ihrem zweiten Antrag - Sozialhilfe - werden wir zustimmen. Und zwar werden wir deshalb zustimmen, weil er ja dem Ausschuss zugewiesen ist und natürlich dort die Gelegenheit gegeben ist, sehr genau darüber zu diskutieren.

 

Denn zum Thema Grundsicherung, was ja Ihr Antrag

 

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