Gemeinderat,
2. Sitzung vom 01.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 31 von 64
impliziert, muss man natürlich diskutieren, weil das
soziale Netz in Österreich gewachsen ist und auch funktioniert. Es bietet die
Grundsicherheiten im Falle der Krankheit, der Arbeitslosigkeit, des Alters. Das
heißt, das Soziale gehört zum Kern des österreichischen Lebensmodells. Und
unser Sozialsystem ist eben ein lebendiger Organismus, den man nicht einfach
umpolen kann und auch nicht umpolen soll. Und Ihr Modell, so wie es auch im
Wahlkampf präsentiert wurde, weist eine starke bis gänzliche Aufweichung des
ausgewogenen Verhältnisses von Leistungen und Beiträgen auf. Und das ist nicht
unser Modell. (Beifall bei der ÖVP.)
Aber auch wir wollen selbstverständlich eine
Bündelung der ganzen Sozialleistungen, wir wollen ein hohes Niveau. Wir
diskutieren ja heute über Beträge wie in Wien von 405 EUR, was das
Schlusslicht ist. Also, hier gehört eine Bündelung, ein hohes Niveau her und
wir glauben auch, dass es zweckmäßig ist, dass österreichweit eine
Harmonisierung der Richtlinien kommt, nicht aber Ihr Grundsicherheitsmodell,
denn das ist im Grundsatz leistungsfeindlich und verwässert den Wert, den
Arbeit für Menschen nämlich auch grundsätzlich bedeutet, und das wollen wir
nicht.
Meine Damen und Herren, es ist von Ihnen wieder
einmal, so wie alle Jahre wieder, der Heizkostenzuschuss angesprochen worden,
und wir werden diesem Geschäftsstück zustimmen. Die Begeisterung hält sich bei
Gott in Grenzen, weil 45 EUR für Bedürftige in Wien ist wahrlich kein
Ruhmesblatt für die Alleinregierung dieser Stadt. (Beifall bei der ÖVP.)
Und ich möchte jetzt kurz in das letzte Jahr
zurückschauen. Im letzten Jahr wurden von der Stadt Wien
113 806 Betroffene festgestellt. An Kosten wurden vorgegeben
5,7 Millionen EUR, 35 000 wurden letztendlich genehmigt,
1,7 Millionen EUR wurden ausgegeben, 4 Millionen EUR wurden also
gar nicht verbraucht.
50 EUR waren es im Vorjahr und für die
Verwaltung waren 600 000 EUR vorgesehen. Wenn ich das umlege auf die
35 000 genehmigten, war ein Verwaltungsaufwand pro Akt von 17,50 EUR
festzustellen. Das heißt, wir haben ausgezahlt an Bedürftige 50 EUR und
jeder Akt der Bürokratie hat 17,50 EUR gekostet. Also, diese Relation,
meine Damen und Herren, stimmt mich auch sehr bedenklich.
Und jetzt schaue ich mir das heurige Jahr an. Die
Frau StRin Brauner hat heuer 50 000 Betroffene festgelegt. Somit sind
3,8 Millionen EUR anzunehmen, wenn 50 000 das beantragen, und
diese bekommen eine Erhöhung auf 75 EUR, also wird um 50 Prozent
erhöht. 50 Prozent hört sich gut an, es
kommt aber immer auf die Basis an, und das war ja eine sehr geringe mit
50 EUR.
Wenn ich davon ausgehe, dass wieder in etwa ein
Drittel der Anträge dann tatsächlich gestellt und gezahlt werden und diese eben
wirklich positiv erledigt werden, sind das ca 17 000 Anträge, das
kostet 1,3 Millionen EUR. Jetzt bleiben wieder
2,5 Millionen EUR über und die Verwaltungskosten, die diesmal mit
570 000 EUR angegeben wurden - nur um 30 000 EUR weniger -
obwohl man grundsätzlich mehr als die Hälfte an Bedürftigen angenommen hat -
wenn ich das umlege, dann komme ich pro Antrag auf 33,50 EUR. Und das,
meine Damen und Herren, das muss man sich schon auf der Zunge zergehen lassen. (Beifall
bei der ÖVP.)
Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt, die Hilfe
brauchen, die notwendig Hilfe brauchen, weil ein kalter Winter kommt, weil die
Heizkosten hoch sind, erhalten von der Stadt Wien 75 EUR und die
Bearbeitung des dazugehörigen Aktes kostet 33 EUR. (StR Dr Johannes Hahn: Das hat sich in einem Jahr verdoppelt, das ist
interessant!)
Meine Damen und Herren der Mehrheitsfraktion, da
wiehert nicht nur der Amtsschimmel, da muss man sagen, wenn man so unsensibel
ist und so unsensible Berechnungen vorlegt, da zeigt man sehr deutlich, dass
Ihnen die bedürftigen Menschen in dieser Stadt kein Anliegen sein können. (Beifall
bei der ÖVP.)
Ich freue mich, dass die Frau Stadträtin hier ist. Es
liegt natürlich auch in der Natur der Sache, Frau Stadträtin, wir sind
Oppositionspartei, und natürlich kritisieren wir dort, wo wir feststellen
müssen, dass es Fehlentwicklungen gibt, und das ist eine krasse
Fehlentwicklung.
Ich stehe aber auch nicht an, Positives zu sagen und,
Frau Stadträtin, ich gratuliere Ihnen zu Ihrem Mut, denn 2005/2006 schätzen Sie
in Wien 50 000 sozial Schwache. Das heißt, mehr als 50 Prozent
weniger als im Jahr zuvor. Was ist die Moral aus der Geschichte? Damit beweisen
Sie eindrucksvoll, Frau Stadträtin, die positive Sozialpolitik der
Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP. – GR Godwin Schuster: Dass man so
etwas behaupten kann!) Ich freue mich, Frau Stadträtin, dass Sie das
anerkennen und damit Ihre Kollegen und zum Beispiel gleich Sie, in die
Schranken weisen. Weil wir hören immer wieder in diesem Haus, das ist alles die
Bundesregierung und das ist unsozial, soziale Kälte. Ihre Frau Stadträtin sagt,
nein, so ist es nicht, wir brauchen heuer nur für 50 000 vorsorgen, weil
offensichtlich gibt es nicht mehr in dieser Stadt, weil sonst hätte man ja in
diesem Antrag für mehr Betroffene vorsorgen müssen. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren, wir, die Wiener Volkspartei,
wir waren ja immer überzeugt, die Schüssel-Regierung macht gute Sozialpolitik,
und das ist auch durchaus eindrucksvoll zu unterstreichen. (GR Godwin
Schuster: Sie können überzeugt sein!) Tun Sie mich nicht herausfordern,
sonst sage ich Ihnen jetzt alle Punkte, aber wie Sie wollen, wie Sie wollen.
Aber, meine Damen und Herren, jetzt grundsätzlich zur
Sozialhilfe. Im Vorjahr in der Fragestunde hat der Herr Bürgermeister der Frau
Kollegin - ich glaube, Frau Kollegin Jerusalem war es, die ihn gefragt hat, ob
er sich eine Erhöhung, eine bedarfsgerechte Erhöhung der Sozialhilfe,
vorstellen kann, und das war auch Ende des Jahres - die Antwort gegeben: Das
könne er sich durchaus vorstellen, allerdings möchte er noch die
Finanzausgleichsverhandlungen abwarten.
Das war vor einem Jahr. Die Finanzausgleichsverhandlungen,
wie wir wissen, sind positiv abgeschlossen
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