Gemeinderat,
3. Sitzung vom 12.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 5 von 105
sollte offen bekannt werden – natürlich von den
positiven Leistungen der Bundesregierung, sofern es sie gibt. (Heiterkeit
bei der SPÖ.) Wir müssen aber auch die Nachteile hinnehmen, die sich aus
der Politik der Bundesregierung ergeben, sei es, dass sie Fehler begeht, sei
es, dass sie Dinge verschleppt oder nicht tut.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der
Opposition! Ob das Ergebnis der letzten Gemeinderatswahl auch die Einschätzung
der Wienerinnen und Wiener widerspiegelt, was das Verhältnis von Profit aus
Tätigkeiten der Bundesregierung einerseits und Hinnahme von und Belastungen
durch Nachteile andererseits betrifft, überlasse ich Ihrer Beurteilung. (GR Dr Matthias
Tschirf: Herr Vizebürgermeister! Sie waren schon besser!) Tatsache ist, dass
der Mitglieder- beziehungsweise Fanklub der Bundesregierung in diesem Haus
etwas kleiner geworden ist und dass so mancher von denen, der noch vor nicht
all zu langer Zeit ein heroischer Herold der Ruhmestaten der Bundesregierung
gewesen ist, mittlerweile zum Kritiker konvertiert wurde und aus der Sicht des
Bundeskanzlers quasi wiederum vom Paulus zum Saulus geworden ist. Wer von uns,
meine sehr geehrten Damen und Herren, erinnert sich nicht an die heldenhaften
Lobgesänge des Dr Schock, der vor nicht allzu langer Zeit hier noch aktiv
die schwarz-blaue Regierung gerühmt hat. In der letzten Zeit habe ich
allerdings nichts Vergleichbares mehr von ihm gehört.
In Anbetracht dessen, meine sehr geehrten Damen und
Herren, funktioniert die Erstellung des Voranschlages nicht im luftleeren Raum,
das kann nicht sein. Vielmehr wird die Ausgangslage zum Teil durch das
bestimmt, was bundesweit geschieht, durch die Einnahmensituation und letztlich
natürlich auch durch die Politik der Europäischen Union. Ich möchte nur einige
Punkte herausgreifen, um deutlich zu machen, worum es hier gegangen ist.
Wir müssen 2006 die Auswirkungen der
Steuerreform voll verkraften. Der Finanzausgleich hat zwar etwas an Schärfe
genommen, Tatsache bleibt aber, dass die Steuerreform die Einnahmen für alle
Gebietskörperschaften doch deutlich gesenkt hat.
Weiterer Punkt: Was ist uns nicht alles erzählt
worden, was die Steuerreform an Gegenfinanzierungen aufbringen wird? In Studien
und in Erklärungen der Regierungsmitglieder wurde uns erzählt, dass die
Steuerreform für alle Gebietskörperschaften kein Problem ist, dass der
Wirtschaftsaufschwung die Einnahmen erhöhen wird und wir damit in der Lage sein
werden, all das locker hinzunehmen. Dieses Wirtschaftswachstum und die
Gegenfinanzierung haben aber nicht stattgefunden, und daher sind wir
gegenwärtig in einer Situation, die es uns unter diesem Blickwinkel nicht
leicht macht.
Weiterer Punkt: Wir haben heuer, 2005, mehr
Ertragsanteile erzielt. Das ist eigentlich aber eine verrechnungstechnische
Sache. Es hat sich nicht um eine Überflutung mit Steuereinnahmen, die
hereingeflossen sind, gehandelt, sondern es wurden Vorausleistungen aus dem
Jahr 2004 zu Beginn des Jahres 2005 noch mit hereingerechnet.
Außerdem gibt es zum Teil auch durch die Umstellung im Finanzausgleich auf ein
neues, einheitliches Aufteilungssystem einen Schub, der die
Ertragsanteile 2005 erhöht hat, aber mit der unangenehmen Wirkung, dass
dies zu Lasten der Ertragsanteile 2006 geht.
Wir haben darauf reagiert. Wir müssen 2006 mit geringeren
Ertragsanteilen rechen und müssen daher, um dieses Minus auszugleichen, einen
Weg finden. Dieser Weg hat darin bestanden, dass wir das, was wir 2005 an
Mehreinnahmen gehabt haben, nicht irgendwie verputzt haben, indem wir sozusagen
großartige Aktionen gestartet haben, sondern es zur Vorfinanzierung von
Investitionen im Jahr 2006 verwenden. Das gilt insbesondere für den Bereich des
Krankenanstaltenverbundes und ist erkennbar an einer Reihe von Beschlüssen der
zuständigen Ausschüsse in den letzten Wochen.
Es soll auch nicht verschwiegen werden, dass es so
etwas wie eine Geldentwertung in Österreich gibt. Manchmal habe ich das Gefühl,
dass das jetzt, im Gegensatz zu früheren Zeiten, eher klammheimlich behandelt wird.
Immerhin macht diese Geldentwertung vom 1.1.2001 bis Ende September 2005
8,2 Prozent aus. Das ist eine gewaltige Minderung, auch dessen, was
Pensionisten als Pensionen bekommen oder was als Lohn hereinkommt. Das bedeutet
aber auch, dass sich der Realwert der Einnahmen, den die Stadt hat, deutlich
verringert.
Die Prognosen für 2006 sind differenziert. Ich stufe
das Mittel eher höher mit 2,1 Prozent ein. Die Nationalbank, die vor
kurzem ihre Wirtschaftsprognose bekannt gegeben hat, kommt auf 1,9 Prozent. –
Der Durchschnittswert liegt jedenfalls bei etwa 2 Prozent, und das muss
man mit berücksichtigen.
Schließlich gab es jetzt vor wenigen Tagen auch einen
Gehaltsabschluss, der für die Gewerkschaft mit einem Plus von 2,7 Prozent
sehr erfolgreich war. Das schlägt sich in den Möglichkeiten des Budgets mit
60,3 Millionen EUR Mehrausgaben nieder. Herr Vorsitzender! Herzlichen
Dank!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ungeachtet
dieser Schwierigkeiten bekennen wir uns weiterhin zu einer stabilen Haushaltsführung.
Das bedeutet nicht automatisch Nulldefizit, aber ich sage ganz persönlich: Wir
respektieren den Stabilitätspakt, weil er ein Teil des Finanzausgleichs ist,
und man kann sich natürlich nicht einfach die Rosinen heraussuchen, die man
haben will, und das andere ablehnen. Wir waren nie Nulldefizit-Fans, in diese
Ecke kann man uns sicherlich nicht stellen. Wir haben es daher auch nicht
notwendig, bei der Wendehalsakrobatik des Herrn Finanzministers mitzutun.
Übrigens hat der Rechnungshof Karl-Heinz Grasser nachgewiesen, dass er 2004 ein
saftiges Bundesdefizit eingefahren hat: 60,35 Millionen EUR hat er
eingenommen, 64,98 Millionen EUR hat er ausgegeben. Das ist, einfach
gerechnet, ein Minus von 4,63 Milliarden EUR oder 1,7 Prozent.
Der Finanzminister hat darauf empört reagiert, dem Rechnungshof
parteipolitische Linke unterstellt und eigentlich keine plausible Antwort
gegeben. Das ist halt so, hat er gesagt. Was soll er tun?
Bei dieser Gelegenheit möchte ich aber mit Ihrer
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