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Gemeinderat, 3. Sitzung vom 12.12.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 16 von 105

 

gefragt hat, was der Unterschied zwischen Wien und den anderen Bundesländern ist. Nun ja, der Unterschied ist ein ganz ein simpler: Wien ist ein Ballungsraum und in Ballungsräumen kommt Arbeitslosigkeit und auch Armut gehäuft vor, viel, viel stärker als es im ländlichen Gebiet der Fall ist. Wir wissen auch ganz genau, dass ein Großteil der Arbeitslosen und auch der Sozialhilfeempfänger und -empfängerinnen in der Stadt Frauen sind, Frauen, die keine Möglichkeit haben, geradezu keine Perspektive haben, hier irgendwie etwas zu unternehmen und damit die Situation zu verbessern, denn vielfach sind es alleinerziehende Frauen mit kleinen Kindern, denen die Möglichkeiten wirklich nicht gegeben sind, jetzt unmittelbar etwas zu tun, um ihre Situation zu verbessern. Und klar, Herr Kollege Strache, am Land ist es anders, denn am Land ist es nach wie vor auch so, dass sich zum Beispiel sehr viele Frauen gar nicht als arbeitslos melden, gar nicht erst Sozialhilfe beziehen und somit gar nicht erst in der Statistik aufscheinen.

 

Nichtsdestotrotz sollte uns vielmehr beschäftigen, was wir in Wien tun können. Welche Möglichkeiten hätten wir und ergreifen sie nicht? Und einmal mehr sei von hier aus gesagt: Verehrte Damen und Herren besonders von der Sozialdemokratie, die leider gerade jetzt relativ spärlich im Raum vertreten sind, aber Sie sind ja da, Sie hören ja zu, ich freue mich ja auch riesig, die Sozialhilfe, die die Stadt Wien gewährt, ist nicht existenzsichernd, sie ist nicht armutsbekämpfend und sie leistet gar nichts dazu, um Menschen die Möglichkeit zu geben, aus der Armut auszusteigen und eine neue Existenz aufzubauen. Es ist bestenfalls Armutsverwaltung und nicht Armutsbekämpfung und noch dazu eine schlechte Armutsverwaltung, meine Damen und Herren!

 

Schaut man sich die Zahlen im Voranschlag 2006 an, so stellt man fest, dass es hier bei den unmittelbaren Ausgaben für die Sozialhilfe lediglich zu einer Steigerung von 0,8 Prozent, also 1,4 Millionen EUR, kommt. Und dieser Betrag ist angesichts der explodierenden Zahlen der Sozialhilfeempfänger und -empfängerinnen lächerlich. Dieser Steigerungsbetrag ist lächerlich, denn damit lässt sich überhaupt nichts ausrichten! Da können wir nicht von einer Erhöhung der Sozialhilferichtsätze und schon überhaupt nicht von der Schaffung einer Grundsicherung in Wien sprechen.

 

Einmal mehr sei hier gesagt: Das ist der falsche Weg. Unsere Aufgabe hätte es sein müssen, in Wien eine Pionierleistung für Österreich zu erbringen und zu sagen: So lange diese auf dem Gebiet der Armutsbekämpfung und der Arbeitslosigkeit offenkundig gänzlich unfähige Bundesregierung am Werk ist, muss es doch eine Aufgabe der Stadt Wien sein, eine Pionierleistung zu erbringen und zu zeigen, wie es denn hierzulande anders gehen könnte, wie ein neues soziales Absicherungssystem entstehen kann und hier als ersten Schritt die Grundsicherung einzuführen und zu schaffen. Das hätte möglich sein können, aber dazu hätte man selbstverständlich vollkommen andere Zahlen im Budget gebracht, die nicht da sind.

 

Wir GRÜNE nehmen das nicht zur Kenntnis, meine Damen und Herren, und einmal mehr bringe ich den Antrag zur Schaffung der Grundsicherung in Wien ein. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Jedenfalls auf dem Gebiet der Armutsbekämpfung lässt sich das vorgelegte Budget schlussendlich mit dem Satz quittieren: „Die SPÖ nimmt in Wien Armut zur Kenntnis und unternimmt bis auf weiteres dagegen nichts."

 

Ich gehe zu einem zweiten Bereich bei den Miseren, wo einfach zur Kenntnis genommen wird und nichts, aber auch rein gar nichts dagegen unternommen wird und das ist der Bereich Schulen in Wien mit inzwischen 1 400 fehlenden PflichtschullehrerInnen. Es ist ja auch schlimm genug, dass diese Misere in den Schulen in Wien von Ihnen, Herr Stadtrat und auch vom Herrn Bgm Häupl mitverursacht worden ist, da Sie ja wiederholt dem Finanzausgleich, auf dessen Basis diese Situation ja entstanden ist, Ihre Zustimmung gegeben haben. Nun schreiben wir ein weiteres Jahr diesen Zustand in Wiens Schulen fort, denn ich kann an Hand des vorgelegten Budgets nicht erkennen, dass die Stadt Wien vor hätte, auch nur einen fehlenden Lehrer, eine fehlende Lehrerin von diesen 1 400 Pflichtschullehrern aus dem eigenen Budget zu bezahlen. Und einmal mehr möchte ich betonen, dass das der falsche Weg ist! Es gibt kaum einen schlechteren Ort zu sparen als in Schulen, in Volksschulen einer Stadt, in denen inzwischen 40 Prozent der Volksschullehrerinnen und -lehrer eine andere Muttersprache haben als Deutsch, in denen schlussendlich die Wiege der Integrationspolitik einer Großstadt wie Wien sein sollte und in die investiert werden müsste indem man den Kindern beste Ausbildungschancen und eine Zukunft, eine Perspektive geben müsste. Von alldem ist nichts. Stattdessen haben wir überfüllte Klassen, teilweise überforderte Lehrerinnen und Lehrer, kaum die Möglichkeit, moderne, neue Unterrichtsmethoden anzuwenden, die den Kindern Spaß machen, die den Lehrerinnen und Lehrern Spaß machen und kaum die Möglichkeit, die eigene Muttersprache der Kinder zu fördern, geschweige denn die Möglichkeit, die deutschen Sprachkenntnisse in ausreichendem Maße für Kinder, die Deutschdefizite haben, zu fördern.

 

In den letzten Jahren haben wir in Wiens Schulen eindeutig den falschesten Weg eingeschlagen, den man nur einschlagen kann. Das alles mit dem Sanktus der Bundesregierung und wie gesagt mit der Unterschrift des Herrn Finanzstadtrats und des Herrn Bürgermeisters. Dieser Voranschlag 2006 ist keine Abkehr von diesem Weg!

 

Übrigens werden auch aus diesem Grund die GRÜNEN ihre Zustimmung zu diesem Voranschlag nicht geben, denn das ist keine gute Bildungspolitik und das ist schon überhaupt keine Integrationspolitik für die Kinder dieser Stadt.

 

Ich gehe weiter zum Kapitel Gesundheit.

 

Sie haben vorhin gesagt, dass wir polemisieren, wenn wir die Rechnungsabschlussdaten aus dem Jahr 2004 heranziehen und diese dann mit dem Voranschlag 2006 vergleichen.

 

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