Gemeinderat,
3. Sitzung vom 12.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 47 von 105
gegeben, die auch Veränderungen gebracht haben. Unter anderem wurde das Arbeitsrecht im Herkunftslandprinzip belassen, es ist ausgenommen und ist nun also Aufgabe des Ziellandgebietes. Es ist dies ein wesentlicher Punkt, der zum Schutz der örtlichen Arbeitnehmer äußerst notwendig ist.
Des Weiteren gilt die Richtlinie nicht
für Dienstleistungen der Daseinsvorsorge, was das immer auch sein soll. Das
muss sowieso die Republik Österreich lösen, was darunter zu verstehen ist.
Weiters ausgenommen sind Gesundheitsdienstleistungen, Rechtsberatungen und
audiovisuelle Bereiche, auch der ganze privatrechtliche Bereich ist eben
ausgenommen.
Dessen ungeachtet, meine Damen und Herren,
liegen Österreich und vor allem Wien sicher im Schnittpunkt von Betroffenheit.
Wir sind wahrscheinlich als Erste – gemeinsam mit östlichen Regionen der
Bundesrepublik – am meisten davon betroffen. In Irland, Portugal oder sonst wo
kann man wahrscheinlich ruhig und zurückgelehnt diese Dinge verfolgen, die sich
hier abspielen. Österreich dagegen ist davon betroffen. Man kann davon
ausgehen, dass der Verdrängungswettbewerb österreichische Unternehmen viel
kosten wird, viele aus dem Markt werfen wird. Das heißt also, dass hier massive
Veränderungen in der Unternehmerstruktur auftreten und ein
Verdrängungswettbewerb auf Österreich zukommen wird.
Leider wird nicht nur das eintreten,
sondern es werden damit selbstverständlich auch Arbeitslose produziert, wie sie
in Wien ja schon zur Genüge vorhanden sind. Ich glaube daher, dass der
Bürgermeister als Landeshauptmann sich sehr, sehr intensiv mit der
Bundesregierung zusammenschließen muss, um zu erreichen, dass diese in Brüssel
bei allfälligen weiteren Verhandlungen nicht einknickt, sondern im Interesse
der österreichischen Bevölkerung handelt. (Beifall
bei der FPÖ.)
Der zweite Punkt, den ich hier noch zur
Debatte stellen will, der uns wirklich unter den Nägeln brennt, ist sicherlich das
Thema der Einmannfirmen und der Scheinselbstständigen, die vor allem in
Ostösterreich, in Wien und in großen Städten unseres Landes vorhanden sind. In
Wien haben wir eine Rekordarbeitslosigkeit, Wien liegt trotz der Beteuerungen
der regierenden Sozialdemokraten bei diesem Punkt in Österreich leider
unangefochten an der Spitze. Verschärft wird diese Situation mit Garantie durch
die sich breit machende Flut von Einmannunternehmungen unter Umgehung des
Ausländerbeschäftigungsgesetzes, denn Arbeitnehmer aus den neuen EU-Ländern
können ja bekanntlich bis auf weiteres keine Arbeit in Österreich annehmen, für
Unternehmer – unter Anführungszeichen – gilt aber Niederlassungs- und
Dienstleistungsfreiheit.
Das ist an und für sich eine gute Sache,
allerdings gibt es in manchen Gewerben – vor allem im Bauhilfsgewerbe, aber
auch im Transport und anderen – natürlich massivst veränderte Zustände. Es
haben sich zum Beispiel in Wien ca 2 500 Personen aus Polen als
Einzelunternehmer angemeldet. Dazu kommen noch viele aus Ex-Jugoslawien. Sie
werden durch Inserate aus Polen angeworben, und zwar angeworben durch
österreichische Firmen. Das ist lukrativ für beide Seiten. Es ist lukrativ
angesichts des Lohnniveaus in Polen, in Jugoslawien oder in sonst einem der
neuen Beitrittsländer, es ist aber naturgemäß auch sehr lukrativ für die
österreichische Firma, die keine Lohnnebenkosten, keine Sozialabgaben zahlen
muss und keine geregelte Arbeitszeit beachten muss. Hier kommen die Interessen
der Scheinselbstständigen aus den diversesten Ländern der neuen
Beitrittsstaaten mit den Interessen der inländischen Firmen zusammen, die sich
hier doch eine unlautere Wettbewerbssituation auf Kosten anderer schaffen.
Alles in allem sind es wahrscheinlich
8 000 bis 10 000 solcher hier in Österreich tätiger
Scheinselbstständiger, die meisten davon vor allem in Wien, wie gesagt, und in
den großen Städten Österreichs. Ein echtes Problem angesichts der
Arbeitslosigkeit in Wien und des Steigens dieser Arbeitslosigkeit in ganz
Österreich. Der Missbrauch ist ein gewaltiger. Kein Einzelfall wird
geschildert, sondern es kam schon öfter vor, dass an einer Wiener Adresse 100 Personen
als Einzelunternehmer mit Firmen- und Wohnsitz gemeldet waren und dass es
keinem zuständigen Beamten der Gemeinde Wien aufgefallen ist. Oder: Eine
heimische Firma beschäftigt eine ganze Reihe Gipskartonverleger als
Unternehmer, besser gesagt als Subunternehmer, aber diese haben kein eigenes
Material, keine eigenen Werkzeuge, sie arbeiten nicht selbstständig, sondern
nach Anweisungen.
Die Situation wurde seit dem Beitritt der
Neuwerber im Großen und Ganzen geduldet, es wurde zugeschaut, geschehen ist da
bis vor einiger Zeit nichts. Es gibt zwar die KIAB, eine Einsatzgruppe des
Finanzministeriums, aber die ist mit Garantie unterbesetzt. Die auf den
Baustellen befindlichen Einmannfirmenbetreiber sind offiziell legal da, auf den
ersten Blick zumindest. Es fehlt eine effektive Einsatzgruppe, die die
Verhältnisse vor Ort einer Klärung zuführen könnte.
Weiters: Die Behörden, egal welche,
nutzen ihre Möglichkeiten, aus welchen Gründen auch immer, zu wenig aus. Es
gibt die Tatsache, dass Firmenbucheintragungen von den zuständigen Gerichten
mit Sicherheit nicht genügend überprüft werden – vielleicht können sie sie auch
nicht überprüfen, aber das ist sicher der Fall –, doch in Zusammenarbeit mit
den Meldebehörden, zum Beispiel der Stadt Wien, wären Scheinanmeldungen von
zahlreichen Firmen – unter Anführungszeichen – in der gleichen Wohnung, wie
geschildert, sicherlich unmöglich. Auch Prüfungen der Finanzbehörden bei den
österreichischen Auftraggebern würden mit Garantie abschreckende Wirkung haben.
Ein altes Problem, das nicht direkt damit
in Zusammenhang steht, aber sehr verwoben ist: Es wäre ganz, ganz wichtig,
endlich eine Reform des GmbH-Gesetzes oder überhaupt des Gesellschaftsrechtes
als solches in Bezug auf Missbrauchdelikte, wie sie üblich geworden sind –
nicht nur in diesem Bereich, sondern vor allem auch im steuerlichen Bereich –,
durchzuführen; eine lang erhobene Forderung von uns, auf die bisher nicht
eingegangen worden ist.
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