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Gemeinderat, 53. Sitzung vom 25.02.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 20 von 102

 

Konzepte sind notwendig." So lautet der Titel unserer heutigen Aktuellen Stunde. (GR Dr Herbert Madejski: Du zitierst jetzt aber nicht deine Inserate!)

 

Wie dringend notwendig neue Konzepte tatsächlich sind, zeigt eine Studie, wo eine Bewertung der österreichischen Wirtschaftspolitik durch Klein- und Mittelbetriebe vorgenommen wurde. Befragt wurden bei dieser Studie rund 900 Unternehmerinnen und Unternehmer in ganz Österreich, davon waren 500 in Wien. Befragt wurden diese Unternehmerinnen und Unternehmer zu den Themen Steuerreform, die Zufriedenheit mit der Bundesregierung im Allgemeinen und nach der sozialen Absicherung von Unternehmerinnen und Unternehmern.

 

Ich nehme es vorweg, das Urteil, das von den Unternehmerinnen und den Unternehmern gesprochen wurde, war vernichtend für diese Bundesregierung. Es war für mich nicht überraschend.

 

Aber, schauen wir uns doch die Studie im Detail an. Ich werde Ihnen zwei oder drei Ergebnisse der Studie schenken. Nicht, weil sie nicht genau so deutlich ausgefallen sind, sondern ganz einfach aus zeitökonomischen Gründen, weil ich natürlich auch noch andere Dinge anbringen möchte.

 

Aber die Meinung der Klein- und Mittelbetriebe der Unternehmerinnen, der Unternehmer zur Steuerreform der Bundesregierung, möchte ich Ihnen wirklich nicht vorenthalten, und zwar jener Steuerreform, die Sie bejubelt haben, die Sie gemeinsam mit der Bundesregierung gefeiert haben, wo Sie ganzseitige Inserate geschaltet haben, abwechselnd einmal die Bundesregierung, dann wieder die Wirtschaftskammer, dann der Wirtschaftsbund und die Freiheitliche Partei hat auch immer schön brav dazu applaudiert.

 

Das Ergebnis dieser Studie kann man auch mit einem Satz zusammenfassen: Es ist die Steuerreform eine Enttäuschung für die Klein- und Mittelbetriebe.

 

Lassen Sie mich ganz kurz aus dieser Studie zitieren:

 

„58 Prozent der Unternehmerinnen und der Unternehmer von Klein- und Mittelbetrieben sind der Auffassung, dass ihr Betrieb steuerlich nicht entlastet wird. Vor allem Frauen, 63 Prozent, und jüngere Unternehmerinnen, nämlich 60 Prozent, betonen, dass es für sie keinerlei steuerliche Entlastung gibt.

 

Zwei Drittel aller Unternehmerinnen und Unternehmer von Klein- und Mittelbetrieben beklagen, dass nur die großen Unternehmen von der Steuerreform profitieren. Besonders kritisch beurteilen dies die Unternehmerinnen, von denen fast drei Viertel, nämlich 73 Prozent, der Ansicht sind, dass nur Großunternehmen von dieser Steuerreform profitieren."

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist genau der Punkt. Sie machen Wirtschaftspolitik für Große und Sie vergessen dabei auf die Klein- und Mittelbetriebe! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Schauen wir uns ganz kurz die Maßnahmen der Bundesregierung an, die Sie mit dieser vielbejubelten Steuerreform gesetzt haben: Sie haben die Körperschaftssteuer gesenkt und haben dabei auf die Klein- und Mittelbetriebe vergessen. Sie haben die Gruppenbesteuerung eingeführt und Sie haben dabei auf die Klein- und Mittelbetriebe vergessen. Sie haben den halben Steuersatz für nichtentnommene Gewinne eingeführt und Sie haben auf die Klein- und Mittelbetriebe wieder vergessen. Sie haben die Investitionen gekürzt und Sie haben auf die Klein- und Mittelbetriebe wieder vergessen. Sie haben den Investitionsfreibetrag abgeschafft. Sie haben die Investitionszuwachsprämie abgeschafft und Sie haben auf die Klein- und Mittelbetriebe abermals vergessen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie machen Wirtschaftspolitik ausschließlich für Konzerne statt für Selbstständige und für Klein- und Mittelbetriebe. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Dabei sollte man annehmen, dass Sie besser wissen, welche Bedeutung die Klein- und Mittelbetriebe für unsere Stadt haben. Abgesehen davon, dass sie die Lebensqualität in unserer Stadt sichern, dass sie für die Nahversorgung in unserer Stadt sorgen, sorgen sie auch für Arbeitsplätze. 70 Prozent aller Arbeitsplätze sind bei Klein- und Mittelbetrieben. 85 Prozent aller Ausbildungsplätze sind bei Klein- und Mittelbetrieben. Sie zahlen die meisten Steuern. Und sie investieren am meisten, nämlich zwei Drittel aller Investitionen kommen von Klein- und Mittelbetrieben.

 

Wer sind das nun? Wir haben in Wien - vielleicht wissen Sie das - 76 189 aktive Betriebe, davon haben 32 800 keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sind so genannte Einpersonenunternehmen, Einmann-, Einfraubetriebe und 35 000 haben bis zu maximal 9 Beschäftigte. Das heißt, 90 Prozent der in Wien aktiven Betriebe sind Klein- und Mittelbetriebe. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass diese Betriebe der Motor der Stadt sind, dass diese Betriebe das Rückgrat der Wirtschaft sind und dass sie auch der Beschäftigungsmotor sind. Daraus ergibt sich auch eine ganz klare Aufgabenstellung, einerseits für die Politik und andererseits natürlich auch für die Interessensvertretung, nämlich für wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen zu sorgen, dass diese Klein- und Mittelbetriebe erfolgreich wachsen können, dass sie sich weiterentwickeln können und dass sie ihre Aufgaben auch weiter erfüllen können.

 

Was sind das für Rahmenbedingungen, die sich Klein- und Mittelbetriebe wünschen, die sie brauchen? Was ich Ihnen jetzt erzähle, sind nicht irgendwelche Punkte, die ich erfunden habe, sondern das sind Wünsche und Anliegen von Unternehmerinnen und Unternehmern, mit denen ich tagtäglich zu tun habe, nicht nur kurz vor einer Wirtschaftskammerwahl, sondern permanent:

 

Sie brauchen und sie wünschen sich ein gerechtes Steuersystem für alle, nicht nur für bestimmte Gruppen.

 

Sie brauchen und sie wünschen sich mehr Kaufkraft der Bevölkerung. Dazu gehört ganz einfach, dass es Rahmenbedingungen gibt, dass nicht nur Abgaben und Steuererhöhungen auf die Konsumentinnen und Konsumenten zukommen, sondern dass es Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen gibt. (StRin Dipl Ing Dr Herlinde Rothauer: Ja, zum Beispiel durch die Steuersenkungen für die Konsumenten!)

 

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