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Gemeinderat, 53. Sitzung vom 25.02.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 21 von 102

 

Sie brauchen leistbare, faire Mieten, damit wir nicht eine Situation haben, so wie wir sie derzeit haben, dass in vielen Bezirken Wiens in den Einkaufsstraßen, aber auch in den Nebenlagen Geschäftslokale leer stehen, nur weil die Vermieter ganz einfach eine horrende Miete verlangen und ein Nahversorgungsbetrieb sich das nie und nimmer leisten kann.

 

Sie brauchen Anreize und Unterstützung bei Investitionen.

 

Sie brauchen ein soziales Netz auch für Selbstständige.

 

Sie brauchen die Unterstützung der öffentlichen Hand, eine Unterstützung, wie es sie in Wien gibt, eine Unterstützung, die es durch Investitionen in die Infrastruktur gibt, die es durch Unterstützung bei der Wirtschaftsförderung gibt. (StRin Dipl Ing Dr Herlinde Rothauer: Ja, Einkaufszentren!)

 

Das ist der große Unterschied zwischen der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung und Wien. Sie machen eine Wirtschaftspolitik für Konzerne. Wir machen eine Wirtschaftspolitik für Klein- und Mittelbetriebe. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Das Ergebnis dieser Wirtschaftspolitik kann sich sehen lassen, denn während in den anderen Bundesländern die Arbeitslosenzahlen ständig im Steigen sind und die Beschäftigung sinkt, sinkt in Wien die Arbeitslosigkeit und die Beschäftigung steigt. Das ist sozialdemokratische Wirtschaftspolitik. (GR Johannes Prochaska: Das ist ja nicht wahr! In Wien gehen sie in Schulungen!) Nehmen Sie sich ein Beispiel, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. - GR Johannes Prochaska: Schulungen sind getürkte Zahlen!)

 

Aber ich bin sehr zuversichtlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Klein- und Mittelbetriebe wissen ganz genau, wen Schwarz-Blau tatsächlich unterstützt. Sie wissen, wer von der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung tatsächlich profitiert. Sie wissen auch ganz genau, wen Schwarz-Blau meint, wenn Sie von der Wirtschaft sprechen, nämlich ausschließlich die Großunternehmen. Auch wenn Ihnen kurz vor der Wahl immer etwas einfällt, dass man Maßnahmen für Klein- und Mittelbetriebe setzen soll, dann ist das zu spät.

 

Ich komme schon zum Schluss, meine sehr geehrten Damen und Herren. Wenn Ihnen tatsächlich an der Wirtschaft etwas liegt, wenn Sie wollen, dass Wien seine Position als erfolgreicher Wirtschaftsstandort weiter ausbaut, dann sorgen Sie dafür, dass Konzepte, die in Wien so erfolgreich sind, auch auf Bundesebene übernommen werden, dass es wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen gibt, bei denen sich alle Betriebe weiterentwickeln können, weiter wachsen können, weiter arbeiten können. (StRin Dipl Ing Dr Herlinde Rothauer: Herr Vorsitzender, waren das jetzt 10 Minuten?)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer (unterbrechend): Bitte, auch die Überzeit ist bereits überzogen.

 

GR Friedrich Strobl (fortsetzend): Wir brauchen eine Wirtschaftspolitik wie sie in Wien gemacht wird, eine sozialdemokratische! - Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Frau StRin Rothauer, ich darf Ihnen mitteilen, die Überzeit ist demokratiepolitisch auf alle gleich verteilt. (GR Dr Matthias Tschirf: Das werden wir nachrechnen!) - Ihr könnt nachrechnen, was ihr wollt, weil jeder von euch redet nicht fünf, sondern in der Regel mindestens sechs.

 

Für weitere Wortmeldungen bringe ich in Erinnerung, dass die Damen und Herren des Gemeinderats sich nur einmal zum Wort melden dürfen und die Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist.

 

Als Nächste die Frau GRin Mag Vassilakou, bitte.

 

GRin Mag Maria Vassilakou (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr verehrte Damen und Herren!

 

Die Zahlen sind in der Tat beeindruckend. Über 70 Prozent aller Kammermitglieder sind, wie Sie auch wissen, Herr Kollege Strobl, Einzelunternehmer. Das sagt zwar nichts direkt über die Unternehmensgröße aus, aber immerhin, dass das Unternehmen in einer Hand ist.

 

Wenn man sich allerdings fragt, wer diese Einzelunternehmer und -unternehmerinnen sind, kommt man darauf, 80 Prozent aller Wiener Unternehmer sind Kleinstbetriebe, das heißt, mit bis zu 9 Beschäftigten. (GR Friedrich Strobl: 89!) - 89. Umso mehr, umso besser. Mehr als 50 Prozent sind Mikrobetriebe, das heißt mit null bis maximal drei MitarbeiterInnen und ein Großteil davon sind wirkliche Einmann- oder Einfraubetriebe. Das heißt, in der Tat kann man zu Recht behaupten, das ist das Rückgrat der Wiener Wirtschaft.

 

Nun ja, es sind Wahlen in der Wirtschaftskammer und sie werden wie immer entdeckt. Meistens bleiben sie in der Zwischenzeit vergessen, verloren und unentdeckt. Aber dann entdeckt man sie plötzlich, will man sie immer entlasten, sozial absichern und das Füllhorn ausschütten. Also plötzlich, immer knapp vor den Wirtschaftskammerwahlen, wollen alle Parteien ungefähr mehr oder weniger dasselbe.

 

Ich gebe Ihnen nicht Recht, Herr Kollege Strobl, dass seitens der ÖVP und des Herrn Wirtschaftskammerpräsidenten jetzt nicht unbedingt allzu viele Forderungen zumindest im Zusammenhang mit KMUs kämen. Wenn ich mir Meldungen der letzten Woche anschaue, dann muss ich sagen, Eldorado, wirklich Eldorado.

 

Die einzige Frage, die sich stellt: Warum tun Sie es nicht? Warum fordern Sie es alle paar Jahre immer wieder und tun es nicht? Warum schauen Sie sich die Probleme, die es gibt, nicht wirklich an?

 

Wir sprechen von einer Gruppe von Menschen in der Stadt, die jahrein, jahraus wächst und die mit einer Vielzahl von Schwierigkeiten konfrontiert ist. Es fängt an bei einem Steuer- und Sozialabgabensystem, das absolut kontraproduktiv ist, wo man im dritten Jahr die Nachzahlung und die Vorauszahlung für die nächsten Jahre kriegt, wo man immer davon ausgeht, dass ein 10-prozentiges Umsatzwachstum da ist, für das man die Rechnung schon für das nächste Jahr im Voraus kriegt, wo man immer kürzere Akquisitionsläufe hat, wo man hohe Mieten hat, wo man teure Selbstbehalte zu zahlen hat, wo es kein soziales Absicherungssystem gibt, denn

 

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