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Gemeinderat, 53. Sitzung vom 25.02.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 24 von 102

 

SPÖ-Wirtschaftsprogramm genau diese kleinen Betriebe, die Sie jetzt hier verteidigen, höher besteuern. Und, Herr Klubobmann Oxonitsch, Herr Strobl, ich zitiere aus Ihrem neuen gültigen Wirtschaftsprogramm, ich gebe Ihnen das, schauen Sie sich das an, ich zitiere aus Ihrem neuen Wirtschaftsprogramm - die SPÖ schlägt vor, die Gewinne der Klein- und Mittelbetriebe mit der Kommunalabgabe zusätzlich zu belasten, (GR Friedrich Strobl: Entlasten, nicht belasten!) die Gewinne mit den Beiträgen zum Familienlastenausgleichsfonds zusätzlich zu belasten und dann kommen Sie hier heraus bei diesem neuen Wirtschaftsprogramm und sprechen auch noch von Entlastung, Herr Kollege. (GR Friedrich Strobl: Das ist falsch!) Sie sollten einmal selbst Ihr neues Programm lesen, meine ich (Beifall bei der FPÖ.) und ich meine daher, unsere Betriebe brauchen von Ihnen ganz sicher keine neuen Rezepte, keine Konzepte, sondern wir müssen ganz im Gegenteil unsere Betriebe vor Ihren Konzepten, vor Ihren Steuererhöhungsplänen in Schutz nehmen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als nächster Redner zum Wort gemeldet ist der Herr Dipl Ing Margulies. Ich erteile es ihm.

 

GR Dipl Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Herr Kollege Schock hat eindrucksvoll bewiesen, wer am lautesten schreit, hat nichts zu sagen. (Beifall bei den GRÜNEN. – GR Heinz-Christian Strache: Ja, ja!) Und im Endeffekt kann man glücklich darüber sein, dass wenn er von “unsere Betriebe“ spricht, er sich noch einmal irrt. Denn bei der Wirtschaftskammerwahl - und alle Prognosen zeigen dies eindeutig - werden die Freiheitlichen auch bei der Wirtschaftskammerwahl auf Platz 4 abstürzen. Und in dem Sinn werden “unsere Betriebe“ im Sinne der FPÖ, nur mehr eine kleine Minderheit sein.

 

Aber er hat auch eindrucksvoll dokumentiert, dass er in Wirklichkeit, wenn es um Wirtschaftsförderung geht, um neues Wirtschaften, darauf setzt genau mit demselben neoliberalen Wirtschaftskonzept, das Österreich erst dahin gebracht hat, wo es jetzt steht, (GR Heinz-Christian Strache: Die Verschuldung der Vorregierung, gell!) und versucht, wieder mit noch mehr Neoliberalismus die Wirtschaft anzukurbeln. Das funktioniert nicht, Herr Schock. (StR DDr Eduard Schock: Das ist Krankreden!) Das funktioniert nicht, Frau Rothauer. Das große Problem, insbesondere bei den Klein- und Mittelbetrieben, ist die mangelnde Konsumnachfrage.

 

Die Konsumnachfrage wird dann gesteigert, wenn es gelingt, das Einkommen in Österreich wirklich zu erhöhen.

 

Und jetzt kommen wir zu der Frage, wer profitiert wo von Steuersenkungen. Und vielleicht ein Punkt, ein kleiner Exkurs nur zu den Gewinnsteuern für Unternehmer bei den Körperschaftssteuern. Wenn ich mir überlegen muss, wie unterstütze ich die Wirtschaft - wobei ich gerne vorweg schicke, es gibt nicht die Wirtschaft - es gibt Großkonzerne, Aktiengesellschaften, multinationale Konzerne, es gibt Klein- und Mittelbetriebe und dann gibt es sehr viele Menschen, die in Wirklichkeit in die Selbstständigkeit gedrängt werden und Einzelunternehmen führen - (GR Mag Alexander Neuhuber: Alle werden gebraucht!) aber wenn ich mir überlege, wie unterstütze ich gerade die Kleinen, dann muss ich mir Fördermaßnahmen suchen, die nicht am Gewinn ansetzen, weil für die Kleinunternehmer und die Kleinstunternehmer ist nicht die Frage des Gewinnes und die Besteuerung des Gewinnes in der Regel ihr Problem, denn die sind froh, wenn sie mehr recht als schlecht, mit kaum einem Gewinn, denn so ist ja die reale Situation in Wien wie auch in Österreich, überleben. (GR Mag Alexander Neuhuber: Aber die Kleinunternehmer werden auch von der Einkommenssteuer erfasst, und es wird auch für sie Erleichterungen geben!) Und bei denen, die relativ hohe Gewinne schon jetzt verschieben, da wird es noch weiter erleichtert.

 

Eine Senkung des Körperschaftssteuersatzes hat somit nichts anderes zur Folge, als dass die großen börsenotierten Unternehmen massiv entlastet werden und für all jene Unternehmen, die de facto überhaupt keinen Gewinn oder nur einen ganz geringen Gewinn machen, werden bei einer Gewinnentlastung, der Steuerentlastung der Gewinne, nicht zusätzliche Mittel frei, die tatsächlich investiert werden.

 

Aber ich möchte auch noch auf einen zweiten Trugschluss zurückkommen, weil ja insbesondere die Spitzen der ÖVP momentan der Flexibilisierung der Arbeitszeit und dem Lohnraub wirklich Wort reden. Sie wollen, dass in Hinkunft Menschen 60 Stunden in der Woche um weniger Geld arbeiten als bisher. (StRin Dipl Ing Dr Herlinde Rothauer: Wie kommen Sie denn auf die Idee!) Ja, glauben Sie im Ernst, dass wenn Menschen jetzt länger arbeiten müssen um weniger Geld, dass man damit die Konsumnachfrage steigert. Sie haben bei dieser selbst nicht aufgepasst und sind wahrscheinlich selbst Teil der PISA-Studie, denn all jene, die sagen, mit Arbeitszeitverlängerung schaffe man Arbeitsplätze, sind Teil der PISA-Studie, die uns bei Mathematik auf eine schlechtere Stufe gebracht hat. Das kann nicht gehen, es ist die Quadratur des Kreises, die Sie wollen, wenn man länger um weniger Geld arbeitet, dass Arbeitsplätze geschaffen werden.

 

Und in diesem Sinne, Frau Kollegin Rothauer, würde ich Sie ersuchen, - insbesondere wo wir ja alle wissen, dass es der Wirtschaft nur dann gut geht, wenn es allen gut geht - (StRin Dipl Ing Dr Herlinde Rothauer: Ja, da bin ich derselben Meinung!) sich diesen Spruch nämlich wirklich einmal zu überlegen. Es heißt, geht es allen gut, dann geht es der Wirtschaft gut, aber nicht umgekehrt, geht es der Wirtschaft gut, dann geht es allen gut. Nur wenn es allen gut geht, geht es der Wirtschaft gut.

 

Damit es aber allen gut geht, müssen mehr Arbeitsplätze geschaffen werden, damit es allen gut geht, muss die Inlandsnachfrage gesteigert werden, und das geht sicher nicht mit einer Arbeitszeitverlängerung, sondern das ginge mit einer Arbeitszeitverkürzung und das ginge vor allem, wenn sich insbesondere auch einmal die ÖVP auf Europäischer Ebene dafür einsetzt, dass die großen Steuervermeidungsmodelle der Großkonzerne endlich

 

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