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Gemeinderat, 53. Sitzung vom 25.02.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 71 von 102

 

Jerusalem: Ja!)

 

Ja danke, ist schon erledigt.

 

Im Einvernehmen mit der Antragstellerin dürfen wir auf diese von der Geschäftsordnung vorgesehene Möglichkeit verzichten. Wir kommen somit sofort zur Begründung.

 

Zur Begründung hat die Frau GRin Jerusalem das Wort. Ich darf feststellen oder festhalten: Die Redezeit ist mit 20 Minuten begrenzt.

 

GRin Susanne Jerusalem (Grüner Klub im Rathaus): Meine sehr verehrten Damen und Herren!

 

Die GRÜNEN bringen heute einen Dringlichen Antrag zur Sozialpolitik ein. Wir wollen, dass auch für Wien, so wie das auf Bundesebene üblich ist, periodisch ein Bericht über die soziale Lage in Wien erstellt wird. Es soll einen Armutsbericht über Wien geben.

 

Sie alle oder die meisten von Ihnen werden vermutlich dieses Buch kennen (GRin Susanne Jerusalem zeigt ein Buch.), das unlängst erschienen ist und den Bericht über die soziale Lage 2003 bis 2004 vom Bundesministerium für soziale Sicherheit beinhaltet. Und dazu gibt es einige Dinge zu sagen, die wenig erfreulich sind und bei denen ich der Ansicht bin, dass sich Gemeinderätinnen und Gemeinderäte, sogar der Herr Barnet, damit auseinander setzen sollten, um Arbeit für die Wienerinnen und Wiener leisten zu können. (GR Günther Barnet: Wir sind eh alle da, aber bei euch fehlen alle! Bei uns nicht!)

 

Ich möchte auf eine Zahl hinweisen, die meiner Meinung nach von besonderer Bedeutung ist, nämlich in dem sozialen Bericht des Bundesministeriums aus dem Jahr 2001/2002 war zu lesen, dass 4 Prozent der Bevölkerung akut arm sind. 4 Prozent, die von den ganz Armen und Ärmsten sind. Nun müssen wir 2 Jahre später zur Kenntnis nehmen, dass es sich nicht mehr um 4 Prozent handelt, sondern um 5,9 Prozent der Bevölkerung, die akut arm ist. Und das ist eine Steigerung, die man nicht einfach mit einem Achselzucken zur Kenntnis nehmen kann, sondern eine Steigerung, wo ich der Ansicht bin, es müssen bei uns allen die Alarmglocken läuten und bei uns Wiener Abgeordneten ganz im Speziellen und zwar deswegen, weil der Bericht des Bundes auch festhält, dass die Lage in Wien besonders schlimm ist. Das ist jetzt sicher nicht die Schuld der Wiener Stadtpolitik. Das ist nicht das, was ich ausdrücken will. Aber es ist eine Lage, die für Wien schlimm ist und die daher diskutiert werden muss.

 

Man muss natürlich überlegen, welche Zahlen man braucht und ich denke, die Art der Erhebung, die diesmal vom Bund gewählt wurde und die ja eine EU-weite Erhebung ist, ist eine durchaus sinnvolle und zwar hat man nicht nur geschaut, wer verdient weniger als - in dem Fall sind es - 785 EUR, sondern man hat darüber hinaus auch die Lebenslagen der Menschen untersucht und das halte ich für eine sehr gescheite und intelligente Vorgangsweise, die ich auch für einen Wiener Bericht gerne hätte.

 

Und zwar hat man unter anderem zum Beispiel überprüft, ob die Menschen, die so wenig verdienen, zum Beispiel auf Urlaub fahren können, wenn man davon ausgeht, dass sich Armut auch daran messen lässt, ob jemand auf Urlaub fahren kann. Oder man ist dem nachgegangen, wie sich die Menschen ernähren. Können sie es sich leisten, in der Woche einmal Fleisch und einmal Fisch zu essen. Ist das drinnen. Oder man hat sich angeschaut, in welchen Wohnungen die Menschen wohnen - sind das sehr dunkle Wohnungen, sind das feuchte Wohnungen, sind das vielleicht schimmelige Wohnungen - und hat daran festgemacht, ob die Menschen arm sind. Denn selbst wenn jemand etwas mehr als 785 EUR hat, so ist es ja zum Beispiel in Wien nahezu unmöglich zu übersiedeln und sich eine neue Wohnung zu finden, denn selbst der so genannte soziale Wohnbereich ist nicht so kostengünstig, dass sich die Menschen das leisten können.

 

Man hat aber auch zum Beispiel untersucht, wie gesund die Menschen sind. Einige von Ihnen, denke ich, waren unlängst bei dieser Veranstaltung in der Urania, wo es ja darum ging, dass ein Anzeichen von Armut ja auch die Krankheit ist. Arme Menschen sind einfach mehr krank, häufiger krank und nehmen auch weniger Rücksicht oder können auch weniger Rücksicht auf ihre Gesundheit nehmen. Auch da sprechen die Zahlen für sich und auch dafür, dass Sozialpolitik in diesem Bereich ansetzt.

 

Ich denke mir und irgendwie hege ich die Hoffnung, dass diesem Dringlichen Antrag von einer Mehrheit der Gemeinderäte dieses Hauses zugestimmt werden kann. Es geht ja nur um einen Antrag, dass die Lage einmal einkommensmäßig und in Bezug auf die Lebenslage der Menschen festgestellt wird. Mehr beinhaltet dieser Dringliche Antrag nicht. Es ist nur einfach der Vorschlag, die Bitte, einen Bericht über diese soziale Lage und die Armut der Menschen zu machen.

 

Jetzt denke ich mir, bitte, da fällt doch dieser Stadt kein Stein aus der Krone, wenn das gemacht wird. Es gibt so viele Berichte. Es gibt den Umweltbericht, es gibt auch einen Bericht der Kinder- und Jugendanwälte oder der Volksanwaltschaft oder einen Strategieplan der Stadt, warum also nicht auch einen Bericht zur sozialen Lage und einen Bericht über die Armut der Menschen? Spricht bitte irgendetwas dagegen, sich einmal anzuschauen, wie es denn eigentlich den Menschen geht, die da von Armut so besonders betroffen sind und die Bevölkerungsgruppen kennen wir ja? Wir kennen die speziellen Probleme bei den Frauen. Wir wissen, dass Frauen ein Stück weit ärmer sind als Männer und weniger verdienen. Wir wissen, dass besonders Alleinerzieherinnen von Armut bedroht sind.

 

Wenn wir das alles wissen, dann können wir es auch zusammenfassen und dann können wir uns mit dem Ergebnis auseinander setzen. Aber einstweilen lautet mein Antrag ja einmal nur auf die Erstellung eines Berichts. Sie müssten sich schon sehr rasch sehr vieles mir Unbekanntes einfallen lassen, um da tatsächlich vernünftig dagegen argumentieren zu können!

 

Oder schauen wir uns doch einmal an und lesen wir alle zusammen die Zahlen, die man zusammenfassen kann, wenn man die Sozialhilfe genau untersucht und,

 

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