Gemeinderat,
53. Sitzung vom 25.02.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 78 von 102
ich das Buch gelesen habe, deutlich in Erinnerung geblieben ist und den man auch in sein Stammbuch aufnehmen sollte. Ich zitiere: „Der, der selbst im Warmen sitzt, kann nicht einmal ansatzweise nachvollziehen wie es für den ist, der in der Kälte friert.“ Ich glaube, da sollten Sie sich auch einmal an der Nase nehmen, wo Sie doch selbst immer sagen, dass Sie so gerne auch wirklich aufrechte Sozialpolitiker wären. Sie sollten sich bei der Nase nehmen. Sie hätten diese Möglichkeit und Sie haben die Möglichkeit auch heute.
Wir Politiker verdienen alle sehr, sehr gut und recht
gut und besonders natürlich auch die Regierungsmitglieder in der Stadt, die
natürlich besondere Gagen und Spesentöpfe genießen. Da kann man sich halt
schwer vorstellen, wie es für eine alleinerziehende Mutter ist, die in dieser
Stadt mit 800 EUR das Auslangen finden muss, während man sich hier
natürlich in ganz anderen Sphären bewegt und teilweise auch die kommunale Inflationsrate
natürlich rasant nach oben geschnellt ist. Ich weiß schon, dass das schwer
nachvollziehbar ist, wenn man das am eigenen Leib selbst nicht spürt und nicht
kennt. Da sollten Sie sich auch ein bisschen mehr in die Lage dieser Menschen
versetzen. Gerade sozial Schwache, die sich eben nicht jeden Tag ein Schnitzerl
oder ein Gulasch so wie da in der Rathauskantine leisten können, sondern mit
Linsen oder mit einem Eintopf oder mit einem Grenadiermarsch auskommen müssen,
haben eben wirklich massive Probleme. Da sollten wir darüber nachdenken.
Ich werfe Ihnen vor, dass Sie nicht einmal
ansatzweise nachvollziehen können, wie es den -zigtausend Menschen in der Stadt
wirklich geht, wenn Sie wieder einmal an der Teuerungsschraube in dieser Stadt
drehen. Und an der Teuerungsschraube in dieser Stadt dreht nicht die
Bundesregierung, sondern das sind Sie, die an der Teuerungsschraube gedreht
haben. Ich wiederhole es noch einmal und es ist ja wichtig, es immer zu
wiederholen: Beim Gaspreis, beim Strompreis, bei den öffentlichen Kindergärten
bis 250 EUR (GR Heinz Hufnagl: Wer hat denn die Energie auf Bundesebene
erhöht?), bei den Spitalskostenbeiträgen, wo Sie diejenigen sind, die die
Beiträge reguliert haben, bei den öffentlichen Verkehrsmitteln in dieser Stadt,
bei den Gemeindewohnungsmieten – da ist ja nicht die Bundesregierung dafür
verantwortlich, dass heute die Monatsmiete in einem angeblich sozialen Wohnbau
bis 600 EUR ausmacht -, bei den Pflegepersonaleinsparungen, beim
Heizkostenzuschuss, den wir heute schon behandelt haben, bei “Essen auf
Rädern“, bei den Freizeitfahrtendiensten, wo Hunderte, ja über Tausend
abgelehnt worden sind, die einen Antrag gestellt haben und bei einer Situation,
wo es heute in dieser Stadt 7 000 Obdachlose gibt und Sie überhaupt
nicht bereit sind, irgendwelche Wiedereinstiegsprogramme für diese
7 000 Obdachlosen zu finden und ihnen möglich zu machen. Für
Menschen, die aus allen sozialen Schichten kommen und die oftmals durch
Lebensumfelder in diese Lage abgerutscht sind, würde es sich lohnen, in
Wiedereinstiegsprogramme zu investieren, um ihnen dabei zu helfen, ins Leben
zurückfinden und um ihnen raus aus der Obdachlosigkeit zu helfen.
Aber da denken Sie sich offensichtlich, das ist
ohnedies unbedeutend, wahltechnisch für Sie nicht relevant, da vergessen Sie
die Menschen einfach, die in der Stadt wirklich Hilfe nötig hätten. (GR Kurt
Wagner: Sagen Sie das dem Herrn Gudenus!) Ich sage, da ist es halt so wie
bei dem Häftling Iwan Denissowitsch in der Kälte, die er im Archipel Gulag beschreibt.
Da ist halt leider Gottes dieses Empfinden auch in der Stadt da.
Armut ist genauso ein Phänomen wie Kälte und da
sollte man doch gegenüberstellen, dass es Prioritäten in dieser Stadt geben
sollte. Ich kann es nur noch einmal ausrechnen: 30 000 Menschen haben
bis dato in dieser Stadt den Heizkostenzuschuss beantragt, obwohl Sie selbst
von Berechnungen von 110 000 Menschen, die diesen Heizkostenzuschuss
benötigen würden, ausgegangen sind. Da stellt man sich die berechtigte Frage,
warum das so ist. Sind diese Menschen, die es bräuchten und den Antrag nicht
gestellt haben, nicht ausreichend informiert, wohin sie sich wenden müssen? Ich
denke, daran liegt es. Sie sind auch gar nicht willens, diese
Informationspolitik den Menschen zu geben, ihnen zu sagen, wohin sie sich
wenden können, wenn sie einen Heizkostenzuschuss brauchen. Aber das wäre
notwendig.
Ich kann es nur noch einmal aufrechnen: Bei den
402 EUR, die man im Winter ursprünglich an Heizkostenzuschuss bekommt,
nämlich auf 6 Monate aufgerechnet, wo Sie die Einmalgebühr von 50 EUR
sozusagen jetzt generös für sechs Monate draufgelegt haben, sind wir bei
452 EUR für die 6 Monate Heizkostenzuschuss. Das ist zu wenig.
1,02 Millionen EUR würden reichen, um die 30 000, die bis jetzt
beantragt haben, wirklich nicht frieren lassen zu müssen. Das ist, glaube ich,
nicht zuviel verlangt.
1,02 Millionen EUR ist ein Betrag, der
heute sehr generös auch von Ihrer Stadtregierung für diverse Skandalprojekte
wie in der Kunsthalle gerne ausgegeben wird, wo man mit den Millionen um sich
schmeißt, um zu belegen, dass man selbst gar nicht bereit ist,
Integrationspolitik zu leben, obwohl man immer davon spricht, wo man jemanden,
einen so genannten selbsternannten Künstler unterstützt, der selbst in der
Beschreibung dieses so genannten Kunstobjekts zugibt, dass er Integration aus
tiefstem Herzen heraus ablehnt, sondern sehr wohl die Festsetzung seiner Kultur
in dieser Gesellschaft als Selbstverständlichkeit erachtet, verlangt und von
Integration nichts hält. Das ist ein interessanter Ansatz, aber das zeigt auch
Ihre Prioritätenlage, die Sie setzen.
Letztes Jahr hat Bgm Häupl sein
zehnjähriges Amtsjubiläum gefeiert. Jetzt kann man natürlich polemisch sein und
ich bin ja bekannt, dass ich mich bemühe, oftmals nicht polemisch zu sein, aber
manchmal geht es halt dann doch mit mir durch (GR Heinz Hufnagl: Darin sind Sie Weltmeister!), aber ich kann
Ihnen schon eines sagen, seitdem der Herr Bgm Häupl hier in Wien im Amt ist, in
den 10 Jahren seines Amtsjubiläums, kann man zumindest eines festmachen, in den
10 Jahren ist sozialpolitisch in dieser Stadt alles schlechter, aber nichts
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