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Gemeinderat, 54. Sitzung vom 01.04.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 7 von 67

 

gewissen Umfang rückwirkend mit 12. März 2004 in Kraft getreten. Beide vom Gemeinderat beschlossenen Cross-Border-Lease-Transaktionen fallen daher nicht unter die Anwendbarkeit des Job-Creation-Akts.

 

Ihre Frage nach möglichen Auswirkungen ist daher eine rein hypothetische Frage, die ich nicht einmal hypothetisch beantworten kann. Denn niemand in Österreich kann abschätzen, welchen Steuervorteil der jeweilige amerikanische Investor aus den Cross-Border-Lease-Transaktionen gezogen hat. Der Schaden könnte ja nur der Entfall dieses Steuervorteils sein. Daher ist Ihre Frage konkret nicht beantwortbar.

 

Ihre in der Öffentlichkeit bekannt gegebenen Zahlen sind einfach spektakulär und möglicherweise auch spektakelhaft gemeint.

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Die 1. Zusatzfrage, Herr Dipl Ing Margulies.

 

GR Dipl Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Stadtrat!

 

Ich finde es bedauerlich, dass Sie nicht auf die Frage eingehen, weil die Frage war relativ eindeutig.

 

Ich habe wahrscheinlich als einer der ganz wenigen in diesem Saale tatsächlich auch in die Cross-Border-Leasing-Verträge hineingeblickt und selbstverständlich etwas darüber gefunden, welche Gründe für den Investor möglich sein können, Schadenersatzforderungen an die Stadt Wien zu stellen.

 

Ich habe Sie dezidiert gefragt, wie hoch kann die sich aus solch einem Rechtsstreit ergebende maximale Schadenersatzsumme für die Stadt Wien betreffend die beiden 2003 abgeschlossenen Cross-Border-Leasing-Verträge sein. Mir geht es nicht darum, wie Sie jetzt das Risiko einschätzen, dass der Investor die Stadt Wien verklagt.

 

Ich gebe Ihnen Recht, auch ich kann dieses Risiko nicht einschätzen. Das einzige, was ich feststelle, wird dem Investor sein Steuervorteil genommen, ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Investor die Stadt Wien klagt, erheblich höher, als wenn er seinen Steuervorteil behält. Da es nicht nur um den Job-Creation-Akt geht, sondern auch um die Neudefinition eines Geschäfts mit ökonomischer Substanz, ist es durchaus möglich, dass bei einer Überprüfung von 2003 abgeschlossenen Cross-Border-Leasing-Verträgen diese ökonomische Substanz verneint wird. (GR Christian Oxonitsch: Jetzt ist Fragestunde!)

 

Kollege Oxonitsch, wenn der Kollege Stadtrat 10 Minuten spricht, wird es möglich sein, es in zwei Minuten zu begründen. Die Frage war eindeutig gestellt und sie wurde leider überhaupt nicht beantwortet. Schließlich geht es um 300 Millionen EUR.

 

Vorsitzender GR Günther Reiter (unterbrechend): Herr Kollege, Sie haben noch 30 Sekunden Fragezeit.

 

GR Dipl Ing Martin Margulies (fortsetzend): Daher noch einmal die Frage: In den Verträgen ist klar und deutlich geregelt, wo der Gerichtsstand ist und was sozusagen Punkte sind, die Schadenersatzansprüche für den Investor ableiten. Wie hoch kann die maximale Summe dieser Schadenersatzansprüche, die der Investor gegenüber der Stadt Wien geltend macht, sein?

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr Stadtrat, bitte.

 

VBgm Dr Sepp Rieder: Herr Gemeinderat!

 

Ich habe nichts dagegen, dass Sie Ihre Überlegungen hier sehr ausführlich darstellen. Wir wissen, dass Sie sich sehr eingehend damit beschäftigt haben. Offensichtlich ist das Ausmaß der Sorge und der Dramatisierung der möglichen Auswirkungen dieser seinerzeit abgeschlossenen Verträge in einem Zusammenhang mit dem damaligen Abstimmungsverhältnis zu sehen.

 

Es gibt eine Reihe von Expertenmeinungen, nicht nur in Österreich, sondern auch in der Bundesrepublik Deutschland und in anderen europäischen Ländern, die durchaus bestätigen, dass die Annahme, dass es bei den früher abgeschlossenen Verträgen jetzt zu einem Aufrollen kommen kann, praktisch auf null einzuschätzen ist. Ich beziehe mich beispielsweise auch auf den Bericht des Rechnungshofs, der sich eher kritisch mit den Cross-Border-Leasing-Transaktionen beschäftigt hat, aber ausdrücklich festhält, dass die Frage der Auswirkungen des Steuerrechts jeweils dieser Vertragsseite zuzurechnen sind, wo das Ereignis passiert. Also wenn sich in Österreich das Steuerrecht ändert, dann hat das Konsequenzen, die wir auf der österreichischen Seite wahrzunehmen haben und Ähnliches gilt auch für die Frage in den USA. Daher enthalten die Verträge - nicht nur unsere Verträge - in aller Regel die Klausel, dass die Veränderungen des Steuerrechts von einer Verantwortlichkeit des anderen Partners ausgenommen sind.

 

Daher wiederhole ich noch einmal, erstens ist Ihre Frage rein hypothetisch und zweitens kann sie nicht beantwortet werden, weil der Schadensgegenstand nur die Einbuße des Steuervorteils sein kann und niemand von uns beantworten kann, welchen Steuervorteil der amerikanische Investor bei dieser oder jener Transaktion erzielt haben kann.

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zur Information, meine Damen und Herren, der Kollege Margulies hat seine, laut Geschäftsordnung in zwei Minuten zu stellende Frage ausgenützt. Um genau eine Sekunde hat er sie überschritten. Also aus der Sicht des Vorsitzenden ist das in Ordnung gegangen.

 

Die 2. Zusatzfrage, Herr Dkfm Dr Aichinger.

 

GR Dkfm Dr Fritz Aichinger (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister!

 

Sie haben jetzt wieder erklärt, dass alle Cross-Border-Leasing-Verträge, die die Gemeinde Wien abgeschlossen hat, sozusagen wasserdicht sind.

 

Sind Sie auf Grund der geänderten Gesetzeslage auch heute noch davon überzeugt und können keine Schadenersatzforderungen an die Gemeinde gestellt werden?

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr Stadtrat, bitte.

 

VBgm Dr Sepp Rieder: Herr Gemeinderat!

 

Ich habe nicht den geringsten Hinweis darauf, dass es in den Beziehungen zwischen den amerikanischen Investoren und den in Österreich etablierten Partnern, aber ganz besonders gilt das für den Partner Stadt Wien, zu irgendwelchen Differenzen oder Reibungen

 

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