Gemeinderat,
55. Sitzung vom 28.04.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 85
Wir dürfen auch stolz sein auf die Qualität, denn der
Vergleich hinkt nicht nur, das ist mehr als ein Hinken, was Sie hier dauernd
mit Vorarlberg und Wien bringen. Wir in Wien haben Öffnungszeiten von in der
Früh bis zum Abend. In fünf Kinderbetreuungseinrichtungen gibt es sogar länger
Öffnungszeiten. Ich weiß nicht, was Sie da immer fordern, Kollegin Trammer,
dass wir flexiblere und längere Öffnungszeiten brauchen in Wien. Ich weiß
nicht, was Sie meinen. Meinen Sie flächendeckende Nachtkindergärten? Keine
Ahnung! Wir haben die Ganztagskindergärten, bei uns sperrt der Kindergarten
nicht zu Mittag zu, wie das in sehr, sehr vielen Gemeinden außerhalb Wiens der
Fall ist. Und – das hat Kollege Vettermann schon gesagt – aus vielen Umfragen
wissen wir auch, dass die Zufriedenheit der Eltern sehr, sehr hoch ist, was die
Situation in Wien betrifft. (GR Günther Barnet: Wann sperrt der Kindergarten
zu? Um 4 Uhr!) Um 4 Uhr?
Ich weiß nicht, von welchem Kindergarten in Wien Sie reden. Um
17.30 Uhr normalerweise, aber es gibt viele Kindergärten, die länger offen
haben. (GR Günther Barnet: Nein!)
Mein eigenes Kind geht in einen Kindergarten eines gemeinnützigen Vereins, der
länger offen hat. Es gibt sogar fünf Kindergärten in Wien, städtische
Kindergärten in Wien an Verkehrsknotenpunkten, die bis in die Abendstunden
offen haben, um auch diese Bedürfnisse zu erfüllen. (Neuerlicher Zwischenruf von GR Günther Barnet.)
Aber lenken Sie mich nicht ab, denn
ich wollte noch kurz auf diese Skurrilität eingehen, dass die ÖVP das, was Sie
hier heute alles fordern, seit Jahrzehnten verhindert. Und da Sie das Vorbild
Skandinavien nennen: Ich kann mich noch erinnern, es war die Ministerin Johanna
Dohnal, die damals versucht hat, die ÖVP-Bundesländer wenigstens ein bisschen
anzuregen, irgendwas zum Thema Kinderbetreuung zu tun, indem sie monatelang
versucht hat, so genannte 15a-Vereinbar-ungen abzuschließen. Die
ÖVP-Bundesländer waren und sind bis heute nicht bereit, hier mehr Geld zu
investieren.
Und dann möchte ich schon auch eines
noch sagen: Das Erste was die ÖVP- und damals FPÖ-Bundesregierung gemacht hat,
als sie an die Regierung kam: Sie hat alle Gelder für Kinderbetreuung, die der
Bund zur Verfügung gestellt hat, gestrichen. Ich weiß nicht, wie Sie das
argumentieren. Es gibt kein Geld mehr für Kinderbetreuung in diesem Land. Das
gab es noch unter SPÖ-Regierungsbeteiligung. Als Sie ans Ruder kamen, war das
eine Ihrer ersten Tätigkeiten, dass Sie diese Gelder gestrichen haben.
Noch einmal kurz zur sozialen
Staffelung. Tatsache ist, ein Drittel der Eltern in Wien zahlt nichts für die
Kinderbetreuung. Sie tun da immer hin und her, aber ich denke mir, an dem
können Sie nicht vorbei. Und eines vergessen Sie auch immer, wenn der Kollege
Strobl sagt, der Rest zahlt dann die volle Länge. Nein, das stimmt nicht,
sondern – ich weiß nicht, wo er jetzt ist, der Kollege Strobl, dem das Thema ja
angeblich so wichtig ist – wir haben in Wien 28 Stufen in dieser sozialen
Staffelung. Das heißt, es ist nicht richtig, was Sie hier sagen, dass der Rest
die volle Länge zahlt. Ein Drittel zahlt nichts, und dann gibt es
28 Stufen bis hin zum Vollbeitrag.
Ganz kurz zum Beispiel Dornbirn und
Vorarlberg. Tatsache ist, dass es in Wien eine Frauenerwerbsquote von
79 Prozent gibt. Im Vergleich zum übrigen Österreich ist es nämlich so,
dass es eine durchschnittliche Frauenerwerbsquote von knapp über
64 Prozent gibt. Dass das so ist, hat damit zu tun, dass Wien das einzige
Bundesland ist, wo es tatsächlich flächendeckende Kinderbetreuung mit Qualität
gibt. Denn wenn ich mir zum Beispiel Vorarlberg, das von Ihnen so angestrebte
Ziel, hernehme, dann muss man für Vorarlberg feststellen, dass bloß ein Viertel
aller dreijährigen Kinder außerfamiliär betreut werden kann und dass lediglich
weniger als ein Drittel, nämlich 31 Prozent der Mütter, nach der Babypause
den Wiedereinstieg schafft. Das ist das tatsächliche Problem.
Sie haben uns das Kindergeld
beschert. Frauen werden so lange wie möglich vom Arbeitsmarkt ferngehalten. Es
gibt vom AMS außerhalb Wiens kaum Programme für den Wiedereinsteig, und in den
ÖVP-dominierten Bundesländern gibt es auch keine Kinderbetreuung.
Hier fordern Sie Dinge, die in allen
anderen Bundesländern, wo die ÖVP am Ruder ist, gar nicht gemacht werden
können, denn dort gibt es überhaupt keine Kinderbetreuungseinrichtungen, die
ganztags offen sind, und vom Bund streichen Sie alle Gelder für Kinderbetreuung.
Ich denke, auch die Wienerinnen und Wiener können sich ein Bild davon machen,
wie ehrlich Ihre Politik hier in Wien gemeint ist.
Ich würde Sie bitten, wenn es Ihnen
schon so wichtig ist, dann schauen Sie mit uns gemeinsam, dass ganz Österreich,
was das Thema Kinderbetreuung betrifft, irgendwann einmal oder vielmehr so bald
wie möglich die Qualität bekommt, die Wien längst hat. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Die Aktuelle Stunde ist
damit beendet.
Bevor wir zur Erledigung der
Tagesordnung kommen, gebe ich gemäß § 15 Abs 2 der Geschäftsordnung
bekannt, dass an schriftlichen Anfragen zehn des ÖVP-Klubs und eine des Klubs
der Wiener Freiheitlichen eingelangt sind.
Vor Sitzungsbeginn sind von
Gemeinderatsmitgliedern des Klubs Bündnis Zukunft Wien ein Antrag, des Grünen
Klubs drei, des ÖVP-Klubs sechs Anträge eingelangt. Den Fraktionen wurden alle
Anträge schriftlich bekannt gegeben. Die Zuweisungen erfolgen wie beantragt.
Von den GRen Dr Herbert
Madejski und Henriette Frank wurde ein Antrag an den Herrn amtsführenden
Stadtrat der Geschäftsgruppe Stadtentwicklung und Verkehr betreffend
"Zeitlich befristeter Widmungsstopp für Einkaufszentren" gerichtet.
Das Verlangen auf dringliche Behandlung dieses Antrages wurde von der
notwendigen Anzahl von Gemeinderätinnen und Gemeinderäten unterzeichnet. Gemäß
§ 36 Abs 5 der Geschäftsordnung wird die Besprechung des Dringlichen
Antrages vor
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular