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Gemeinderat, 55. Sitzung vom 28.04.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 63 von 85

 

GR Norbert Scheed (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderates!

 

Vorerst einmal herzlichen Dank für das Bekenntnis zur Arbeitnehmerförderung in Wien von beiden Vorrednern! Beim Beitrag des Herrn Dr Aigner sieht man nur, wie solche Bekenntnisse tatsächlich gemeint sind: Einmal mehr wird die Kette der Doppelbödigkeiten verlängert. Man sagt, man ist für Arbeitnehmerförderung, verweigert dann aber Mittel, indem man sie als aktionistisch diffamiert. Herr Dr Aigner, ich darf Ihnen sagen: Was für Sie Aktionismus ist, ist konkrete Hilfe für Arbeitslose oder von Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen! Dies Aktionismus zu nennen, das zeigt in Wirklichkeit, wie fern Sie von den realen Problemen dieser Menschen sind.

 

Denn ich darf Ihnen ein paar ganz konkrete Daten sagen. Ein jüngstes Projekt, das wir als Pilotprojekt in Angriff genommen haben, ist der Personalfinder, der sich genau mit dem beschäftigt, was Sie hier gefordert haben, nämlich sich darum zu kümmern, Beschäftigungschancen in dieser Stadt aufzuspüren und damit Menschen die Chance zur Vollzeitbeschäftigung zu eröffnen. Dort haben elf Personen, die mit dieser Aufgabe beschäftigt sind, bis Jänner dieses Jahres 840 offene Stellen erschlossen, 9 760 BewerberInnengespräche geführt und mittlerweile 510 Stellen offensiv und erfolgreich besetzt. Das ist "Aktionismus" nach Ihrer Redensart; wir sagen: Das ist praxisnahe, konkrete Hilfe für Menschen, die diese Hilfe brauchen! (Beifall bei der SPÖ.)

 

Wenn Sie hier von mangelnder Transparenz im WAFF sprechen, dann sage ich Ihnen, wie ich schon anderen aus Ihrer Partei gesagt habe: Machen Sie sich die Arbeit und lesen Sie die Evaluierungen, die die einzelnen Maßnahmen im WAFF selbst erfahren! Wir selbst haben das größte Interesse daran zu wissen, wie die eingesetzten Mittel in Erfolg messbar sind. Aber ich habe den Eindruck, es ist Ihnen einfach zu mühsam, die Evaluierungsberichte zu lesen. Na, sei's drum, dann geben Sie eben beschlussmäßig einen Auftrag ans Kontrollamt, wie ja bereits geschehen. Und was hören wir da?

 

Einzelne Beispiele: Frauen im Haupterwerbsalter, die arbeitslos werden, danach wieder eine Beschäftigung finden und dazwischen keine Maßnahme des WAFF in Anspruch genommen haben, sind im Schnitt um 48 Tage länger arbeitslos, verlieren 79 Beschäftigungstage und haben damit im Schnitt einen Verlust an Jahreseinkommen von 4 032 EUR. Im Vergleich dazu hat dieselbe Gruppe, die in WAFF-Maßnahmen integriert war, 93 Tage mehr an Beschäftigung und im Schnitt um 4 596 EUR mehr an Jahreseinkommen. Bei Männern im Haupterwerbsalter erhöht sich die Arbeitslosigkeit ohne Maßnahmen um 53 Tage, die Beschäftigungsdauer reduziert sich um 81 Tage, der jährliche Einkommensverlust beträgt 4 236 EUR. Umgekehrt ist bei den Männern in Maßnahmen das Jahreseinkommen im Schnitt um 2 132 EUR höher, die Arbeitslosigkeit um 47 Tage reduziert und die Beschäftigung um 75 Tage erhöht.

 

Das heißt, wir haben mittlerweile genau messbare Erfolge. Aber Sie wollen diese Erfolge nicht zur Kenntnis nehmen, und mir ist auch völlig klar, warum. Denn ich sage Ihnen ganz offen, wir können gar nicht schnell genug Maßnahmen umsetzen und Aktivitäten setzen, um jene Menschen wieder in Beschäftigung zu bringen, die durch die Politik dieser Bundesregierung - und vor allem Ihrer Partei in derselben - ihren Job verlieren. Das ist nämlich die Wahrheit! Dass wir in Wien in dieser Tätigkeit erfolgreich sind (Zwischenrufe bei der ÖVP.), wird nicht zuletzt dadurch bewiesen, dass Wien das einzige Bundesland ist, in dem seit August die Arbeitslosigkeit kontinuierlich sinkt - zum Unterschied von allen anderen Bundesländern! (Beifall bei der SPÖ. - GR Harry Kopietz: So ist es! - Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 

Die von Ihnen initiierte Kontrollamtsprüfung - da kann ich mir schon vorstellen, dass Sie das schmerzt - hat zum Ergebnis gehabt - und ich lese das wirklich mit Freude und Befriedigung, ich war überzeugt davon, dass nur dieses Ergebnis herauskommen kann -, dass der WAFF mit jedem eingesetzten Euro nachweislich einen Nutzen von 3 EUR für die angesprochene Zielgruppe produziert. Insgesamt hat das Kontrollamt dem WAFF einen effizienten Mitteleinsatz bestätigt sowie ein vorbildliches Rechnungswesen und eine vorbildliche Förderverwaltung konstatiert. In Wirklichkeit ist also Ihr Angriff ein Rohrkrepierer gewesen. Es ist öffentlich und objektiv zu Tage gefördert worden, was wir immer wussten: Dass der WAFF eine hervorragende und vorbildliche Einrichtung ist!

 

Daher sage ich auch, das Geld, das heute hier beschlossen wird, ist gut investiert. Das ist Geld, das in wichtige Maßnahmen investiert werden kann, wie zum Beispiel in den flächigen Ausbau des Programms Personalfinder über ganz Wien. Aber nicht nur das, es geht auch um die Ausweitung einer ganz besonders wichtigen Maßnahme, nämlich Jobchance, wobei es darum geht, Sozialhilfeempfänger in Beschäftigung zu reintegrieren. Das ist eine ganz, ganz wichtige Maßnahme, die mittlerweile sogar international Anerkennung gefunden hat: UN-Habitat hat Jobchance als Best-Practice-Modell aus-gezeichnet und damit auch besonders als international nachahmenswert empfohlen.

 

Mit diesen heute hier beschlossenen Mitteln geht es auch um die Verlängerung und den Ausbau des Qualifizierungsprogramms Gesundheit und Pflege. Wir wissen, dass gerade der Gesundheitsbereich einen hohen Bedarf an hoch qualifizierten Beschäftigten hat. Der WAFF nimmt hier Verantwortung wahr und leistet einen Beitrag.

 

Nicht zuletzt ein besonders wichtiges Projekt ist jenes, das wir "PISA PLUS" genannt haben. Da geht es darum, dass Menschen, die keinen Pflichtschulabschluss oder keine abgeschlossene Berufsausbildung haben, diese mit Unterstützung des WAFF kostenlos nachmachen können. Das ist deswegen besonders wichtig, weil wir wissen, dass nahezu 50 Prozent der Arbeitslosen in Wien über keine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen. Hier setzt der WAFF mit seiner Förderung genau in dem Segment, bei den Menschen an, die diese Hilfe am dringendsten brauchen.

 

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