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Gemeinderat, 56. Sitzung vom 24.05.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 35 von 104

 

anschaue, der eher ein jüngerer Bezirk ist, gibt es andere Kräfte, die das bestimmen.

 

Also, das zweite große Thema, das sich als Bedrohung der europäischen Stadt darstellt, wenn wir sie weiterhin erhalten und weiterentwickeln wollen, ist sicher das Thema der Zersiedelung, dem alle großen Städte ausgesetzt sind, als vehementem Druck, sei es von Seiten der Bevölkerung, aber was ich jetzt noch viel bedrohlicher sehe, als Druck auch von Seiten vieler Unternehmen, die sich im Umland ansiedeln und Büroeinheiten dort schaffen, nicht zuletzt, weil dort auch die Grundstückskosten billiger sind.

 

Also, das sind Kräfte, die die Stadtentwicklung maßgeblich beeinflussen, unabhängig davon, was Politik kann. Und wenn ein großer Investor einen Businesspark im Süden errichtet, oder wenn die Umfahrungsstraße, diese Lobau-Autobahn, dort geplant wird, wo man sich jetzt geeinigt hat im Nordosten Wiens, und dann einen Autobahnknoten setzt, was kann der Wiener Verkehrsstadtrat oder Planungsstadtrat hier tun?

 

Also meine Hauptkritik ist, man traut sich nicht, diese Kräfte zu bestimmen und überhaupt Kraft zu mobilisieren, um gegen gewisse Entwicklungen anzutreten. Im Gegenteil, ich verweise auf Ihre Aussagen, das ist ja eigentlich ganz okay mit den Einkaufszentren. Wenn ich das irgendwie richtig verstanden habe, wir wollen sie als Stärkung der regionalen Kaufkraft. Wer offenen Auges durch Wien geht, sich anschaut, wie in vielen Bereichen - und das ist ja auch dokumentiert - die traditionelle Nahversorgung leidet und ein Geschäft nach dem anderen zusperrt, wer sich anschaut, wie sich die Verkaufsflächen pro Kopf entwickeln, wer sich anschaut, wie hier eine Waffengleichheit nicht existiert, müsste eigentlich aufgefordert sein, eines der wichtigsten Worte der Stadtentwicklung in den Mund zu nehmen, das "Nein" lautet, damit gewisse Entwicklungen nicht gegeben sind.

 

Ich zeige nur das eine Beispiel vor, warum ausgerechnet am Prater-Vorplatz, ausgerechnet dort, wo sogar der Fachbeirat sich sehr skeptisch geäußert hat, ein großes Einkaufszentrum sein muss, dessen Planung und auch dessen Vorbereitung in der Stadtplanung auch aus-gelagert wurde. Das ist keine Idee der Stadtplanung, sondern eine Schwäche der Stadtplanung gewesen, hier nicht Nein zu sagen, hier einen interessanten Stadtteil zu entwickeln, sondern da rollen Interessen auf die Stadt ein, und denen beugt man sich ganz relevant.

 

Also, diese beiden Dinge, die will ich zum Beginn und als das Wesentlichste nennen, warum ich diesen Stadt-entwicklungsplan präsentiere. Sein Anspruch ist,... nun ja, wie es dann wirklich kommt, werden wir in 10 Jahren ohnedies sehen, da schreiben wir den STEP 15, da werden wir sagen, na ja, alles ist nicht eingetreten, was der STEP 05 gesagt hat. Den wirklichen Anlauf, die Zersiedelung in Grenzen zu halten, Nahversorgung auszubauen, kann dieser Stadtentwicklungsplan nicht gewährleisten.

 

Ein Weiteres: Gleich zu Beginn stand das, wenn sich wirklich was ändern sollte, ich sage jetzt Stichwort “Partizipation“, Stichwort “Bürgermitbestimmung“, “Öffnung von Planungsprozessen“, wo es in der Tat einige interessante Ansätze gegeben hat, da ging es sehr wohl auch um die Reform der Instrumente. Und ganz am Anfang wurde vom Herrn Stadtrat instrumentrechtlich, was Flächenwidmungspläne betrifft, gesagt, da wollen wir eigentlich nichts reformieren, die sollen so bleiben wie sie sind.

 

Ich habe jetzt, ich sage es jetzt nun noch einmal, ich habe mir den Spaß gemacht, ich habe Journalisten, Interessierten Flächenwidmungspläne vorgezeigt und gesagt, so, jetzt lest mir einmal vor, erklärt mir, angesichts dessen, was wir hier haben, was wird hier beschlossen. Das kann niemand, das ist vollkommen unleserlich, das ist unverständlich.

 

Ich verstehe auch, warum es so sein muss. Hier geht es um Rechtssicherheiten. Also, ich erinnere mich noch an Herrn Vatter, wirklich bis heute bewundere ich ihn dafür, und habe es auch damals gesagt, wie er den Flächenwidmungsplan zu Wien-Mitte ausgearbeitet hat. Dagegen sind ja altägyptische Hieroglyphen Hip-Hop-Sprache gegen das, was hier an Komplexität gegeben ist.

 

Wie will man mit so etwas, wenn jetzt was in die öffentliche Auflage kommt, Demokratie schaffen. Da gibt es neue Instrumente der Visualisierung, da gibt es Möglichkeiten, die gerade die neuen Medien einem eröffnen, dass man versteht, dass man sich vorstellen kann, was die Rahmen sind.

 

Hier sagt man prinzipiell von Anfang an Nein, wir haben unsere Flächenwidmungs- und Bebauungspläne, die sind so unverständlich wie sie sind, das wollen wir auch gar nicht ändern, weil wo kommen wir da hin. Das halte ich für einen Grundfehler dieses Stadtentwicklungsplans, weil gerade um diese Instrumente ging es.

 

Auf der anderen Seite haben wir Masterpläne, die sich auch irgendwie im Stakkato ändern, je nachdem, welche Interessenten es hier gibt. Also, das ist ein weiterer großer Fehler. Und es wird ein viel zu geringer Anspruch erhoben, etwas ändern zu wollen. Ich muss leider das Gleiche zum STEP sagen bis auf einige wenige relevante Ausnahmen, die man an einem Strategieplan gemacht hat.

 

Was ändert sich in der Stadtentwicklung durch diesen Stadtentwicklungsplan, außer dass man fortschreibt und sagt, dass beim Flugfeld was passieren soll, dass bei Rothneusiedl was passiert, oder wahrscheinlich eher nicht, wenn die U-Bahn nicht verlängert wird, dass ein Zentralbahnhof errichtet wird, was eine vernünftige Sache ist. Ja, das schreiben wir jetzt fest oder präzisieren es in einer gewissen Weise, schreiben sehr viel Kluges, Überlegtes über Wien dazu, aber wirklich den Anspruch, eine Steuerung präzise vorzunehmen, auch Änderungen, weil es Probleme gibt, vorzunehmen, haben wir nicht, weil das Problem das ist, dass die Autoren dieser Studie wirkliche Probleme nicht sehen.

 

Um aber jetzt bei viel Kritik auch ein nachdrückliches Lob hier auszusprechen: In der Tat glaube ich, dass im Bereich des Schutzes der Grünräume, der Festlegung von Siedlungsgrenzen, wirklich ein Durchbruch gelungen

 

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