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Gemeinderat, 56. Sitzung vom 24.05.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 42 von 104

 

nicht. Seit Jahren reden wir darüber; es endet immer im Streit, entweder zwischen einem Museumsdirektor oder der Wirtschaftskammer und der Stadt Wien. Das kann den Bürgern aber wirklich wurscht sein, wenn die rotierenden Busse um die Häuser herumfahren, wer daran schuld ist, dass es das nicht gibt. Aber auch im Stadt-entwicklungsplan für die nächsten 20 Jahre gibt es keine Busstrategie für Wien.

 

Lassen Sie mich nur zwei Sätze zu dem Fahrradkonzept sagen; darüber haben wir ohnedies schon lange debattiert: Das ist ja auch ein Schmäh! Das ist ja wirklich ein ganz großer Schmäh, und zwar: Wir haben vor kurzem irgendwo die 1 000 Kilometer Fahrradweg in Wien gefeiert - oder der Herr Bürgermeister oder der Herr Stadtrat hat das halt feiern lassen. In Wirklichkeit - das haben ARGUS und andere Verkehrsclubs nachgerechnet, und das stimmt auch, man braucht es sich nur am Plan anzuschauen und nachzumessen - sind von den 1 000 Kilometern über 720 Kilometer entweder auf der Donauinsel oder im Wienerwald oder in Grünflächen oder sonst wo – da kann man also nicht unbedingt sagen, das sei ein Verkehrsradwegenetz; und die restlichen 270 Kilometer mögen Radwege in Ihrem Sinne sein, in unserem Sinne sind das keine Radwege. Denn: Sie haben viel zu spät begonnen! Wenn Sie sich schon zum Prinzip des Radweges bekennen, so muss man leider dennoch feststellen: Sie haben viel zu spät begonnen, für Radwege tatsächlich Räume freizumachen oder zu planen. Daher können die Radwege in Wien, egal wann oder wo Sie sie jetzt bauen - gegen Einbahnen, Mischwege, was Sie wollen! -, nur Stückwerk sein, weil vor Jahren der Plan für ein Radwegenetz in Wien gefehlt hat.

 

Und ich sehe es an sich überhaupt nicht ein, wenn ich aus internen Papieren der Stadt Wien - das habe ich schon einmal vorgelesen - höre, dass man den Radfahrern gar nicht zumuten könne, auf für sie extra geschaffenen Radwegen zu fahren, weil das unbequemer und langsamer sei, sondern sie sollen dort fahren, wo sie schneller ans Ziel kommen. Da frage ich mich: Wozu bauen wir die Radwege denn überhaupt, wenn man den Radfahrern sagt, ihr braucht dort ohne-dies nicht zu fahren oder sollt dort nicht fahren?

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Geschäftsstraßen sterben weiterhin in Wien. Sie haben eigentlich überhaupt keine besonderen Tipps für die Geschäftsstraßen. Sie führen einfach nur an, dass es in Wien leider sehr schlecht steht, dass sich alles anders entwickeln wird, und Sie sehen zwei Punkte, warum das so ist: Das Erste war die Mietrechtsnovelle 1997 - die ebenfalls ja Sie beschlossen haben. Sie sagen, die Hausherren haben dann mehr Miete verlangen können. Das mag schon so sein, aber das als einzigen Grund für das Sterben der Geschäftsstraßen hinzustellen, ist ein bisschen dünn.

 

Und als Zweites sagen Sie, auf Seite 158, die Bezirke sollen im Rahmen ihrer dezentralen Budgetverantwortung mehr machen, sie sollen mehr Geld für den öffentlichen Raum der Geschäftsstraßen zur Verfügung stellen. - Jetzt frage ich mich: Welches Geld? Sie geben den Bezirken ja an sich überhaupt kein Geld. Und das Geld, das sie haben, ist ja verplant und muss für Projekte an desaströsen Schulen und Kindergärten, die Sie 20 Jahre lang verfallen haben lassen, aufgewendet werden. Also von wem, von wo sollen die Bezirke das Geld geben?

 

Und dann schreiben Sie hinein: „Die Funktionsanpassung und Stabilisierung" - gemeint sind die sterbenden Geschäftsstraßen – „kann und soll durch die maß-geschneiderte Festlegung der Widmung 'Geschäftsstraße' im Bebauungsplan und durch gezielte Maßnahmen zur Erhöhung der Attraktivität erreicht werden."

 

Na, wenn das alles ist, was Sie anzubieten haben, dann verweise ich auf das Modell Reinprechtsdorfer Straße. In der Reinprechtsdorfer Straße haben Sie jahre-lang umgebaut, mit Bäumen und Ecken Parkplätze vernichtet - und der Erfolg ist, dass weniger Geschäfte denn je dort aufgemacht haben, dass überhaupt nichts passiert ist, sondern dass die Reinprechtsdorfer Straße weiter gestorben ist. - Also wenn das Ihre Projekte sind, durch die die Attraktivität erhöht werden soll, dann: Gute Nacht!, denn wenn das in allen anderen Bezirken und Straßen auch so passiert, dann ist das an sich skandalös.

 

Ich frage mich jetzt als Meidlinger Mandatar, wieso auf Seite 169 - dort reden Sie von den Hauptzentren der Stadt - Meidling fehlt, obwohl Meidling eine der drei einzigen Geschäftsstraßen und eines der einzigen Hauptzentren war, die in den letzten 10 Jahren gewachsen sind. Sie haben hier nur mehr die Innere Mariahilfer Straße, die Landstraße, Donaustadt, Floridsdorf und Favoriten genannt. Ich habe das schon x-mal angeführt, aber wahrscheinlich ist der Lobbyismus der Frau Bezirksvorsteher Votava nicht so groß und ihr Einfluss in dieser Partei nicht so groß, dass sie es schafft, dass im Stadt-entwicklungsplan dort das Wort "Meidling" mit eingesetzt wird. Das tut mir Leid für den Bezirk, denn Meidling hat es sich verdient, weil das eine der wirklich wenigen Geschäftsstraßen ist, die florieren.

 

Kommen wir nun zu den Einkaufszentren. Bei den Einkaufszentren sehen Sie selbst die Gefahr - und das ist jetzt interessant: Da hat es heute eine neue, kühne Theorie vom Herrn Stadtrat gegeben. Der hat nämlich das erste Mal behauptet, dass es in Wirklichkeit nicht die Einkaufszentren der Stadt sind, sondern die am Stadtrand und im Umland liegenden Einkaufszentren, die die Konkurrenz mit dem Einzelhandel und den Geschäftsstraßen in Wien hervorrufen. - Mag schon sein, dass sie es auch tun, aber so, wie Sie es darstellen, ist es sicher nicht, denn den Speckgürtel, von dem Sie immer reden, der ursprünglich bei der Außenvariante als so gefährlich galt - deswegen waren wir ja angeblich immer gegen diese Außenvariante -, diesen gefährlichen Speckgürtel haben Sie sich selbst geschaffen, allerdings nicht als Speckgürtel, sondern als "Speckpunkte", oder wie immer man es nennen will. Denn Sie selbst haben das ja in vielen Plänen - zu Projekten, die jetzt entweder im Entwicklungs- oder Planungsstadium oder auch schon fertig

 

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