Gemeinderat,
57. Sitzung vom 27.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 136
Problem der ÖVP! (Beifall
beim BZW. - GR Dr Matthias Tschirf: Das ist einfach unrichtig!)
Aber ich komme zu einem anderen Kapitel, damit die
ÖVP heute nicht ganz so viel Fett abkriegt. Herr Vizebürgermeister, die
Kollegin Vassilakou hat es angesprochen, Soziales und Gesundheit. Ja, ein
Wahnsinn! Da schaffen Sie es, das Budget wieder vorwärts zu bringen. Zwei Euro
pro Tag mehr Spitalskostenbeitrag ab 1. Juli. Da wird es jetzt bergauf
gehen. Das kostet den Wienerinnern und Wienern einiges. Es gibt andere
Bundesländer, die das nicht machen müssen. Wenn Sie daher von so einem tollen
Budget sprechen, dann sagen Sie auch immer, woher denn das Geld kommt. Das Geld
kommt aus den Einnahmen, die Sie durch Gebühren und Abgaben den Wienern und
Wienerinnen abnehmen. Da haben Sie eine totale soziale Ungerechtigkeit, obwohl
Sie ständig davon reden.
Nehmen wir uns ein Beispiel vor: Stadtwerke,
ermäßigte Fahrscheine. Die Senioren, wunderbar, als Kriegsgeneration, ist mir
alles recht, sollen nach dem Leiden wieder etwas haben. Aber dass alle Senioren
in Wien den ermäßigten Fahrpreis kriegen, versteht keiner. Warum der
Bürgermeister außer Dienst Gratz, sofern er mit den öffentlichen
Verkehrsmitteln fährt, einen ermäßigten Fahrschein kriegt, verstehe ich nicht.
Warum die berühmte Hofratswitwe, ob sie Klestil oder sonst wie heißt, einen
ermäßigten Fahrschein kriegt, verstehe ich nicht. Aber warum die
Sozialhilfeempfänger der Stadt und die Arbeitslosen in der Stadt, die
theoretisch gefordert sind, sich mehrfach am Tag irgendwohin zu bewegen, um
sich eine neue Arbeitsstätte zu suchen, weil ihnen das aufgetragen wird, nicht
in den Genuss von ermäßigten Fahrscheinen kommen können, das muss mir einmal
einer erklären. Wo ist da die soziale Treffsicherheit der Sozialdemokratie?
Alle Senioren, von der Hofratswitwe bis zum Bürgermeister außer Dienst,
ermäßigter Fahrpreis. Sozialhilfeempfänger, Notstandshilfeempfänger,
Arbeitslosengeldempfänger, die sich jeden Tag am Arbeitsmarkt wieder bewähren
sollten, bekommen keinen ermäßigten Fahrschein.
Oder ein anderes Beispiel, Herr Vizebürgermeister,
ganz tolle Richtlinien: Zu mir kommt in die Sprechstunde eine Frau, geschieden,
durch einen Fehler im Scheidungsverfahren, an dem sie leider selbst schuld ist,
auf das Wohnrecht in der gemeinsamen Wohnung verzichtet, arbeitslos, ein Kind.
Sie wollte Sozialhilfe beantragen, weil Sie davor nicht beschäftigt war und
daher kein Arbeitslosengeld bekommt. Was sagt man ihr? „Ja, Sie können es schon
kriegen. Rechtsanspruch haben Sie zwar keinen vollständigen, aber Sie können es
schon kriegen. Nur, haben Sie ein Vermögen? Haben Sie irgendetwas?" Sie
sagt: „Nein, ich habe nichts. Ich habe es Ihnen doch gezeigt. Ich habe auf den
gemeinsamen Anteil der Wohnung verzichtet." Dann stellt sich heraus, Sie
hat ein Auto, einen 10 oder 12 Jahre alten Mazda. Jetzt mache ich ein bisschen
Werbung, ist ja wurscht. Wert laut Schätzpreis: 300 EUR. Was sagt die
soziale Sozialdemokratie? „Zuerst wird das Auto verkauft. 300 EUR schauen wir,
dass wir hereinkriegen. Denn erst, wenn das Vermögen weg ist, gibt es
Sozialhilfe." Auch die Einwendungen, dass sie das Auto bräuchte, um sich
einen neuen Arbeitsplatz zu suchen und dass sie sonst in ein paar Jahren oder
in ein paar Monaten ein neues kaufen müsste, das für sie dasselbe wert wäre,
wie dieses 10 oder 12 Jahre alte Auto, weil es eigentlich abgeschrieben ist,
das neue Auto dann aber 3 000 EUR oder so kostet, waren egal, denn
die Richtlinien sehen es so vor. Hast du ein Auto um 300 EUR, bist du
arbeitslos, wohnungslos, geschieden, hast ein Kind, dann hast du zuerst das
Auto zu verkaufen, denn diese Einnahme braucht die Stadt. Das, Herr
Vizebürgermeister, ist weder sozial noch versteht das jemand!
Auf der anderen Seite, Herr Vizebürgermeister, die
Einnahmen noch einmal: Nehmen wir als Beispiel Wasser, Kanal, Abfall, ein
Überschuss von 110 Millionen EUR im Jahr 2004. Jetzt könnten wir vor
Begeisterung aufspringen und sagen: Tolle Unternehmen der Stadt Wien, verdienen
mit Wasser, Abwasser und Abfall 110 Millionen EUR. Aber das sind keine
echten Unternehmen. Das ist niemand, der sich am Markt bewähren muss, denn ich
wüsste nicht, wer sonst in Wien Abfall abnimmt oder wer Wasser liefert, ob man
Brunnen schlagen müsste oder wohin das Abwasser fließen soll, ob wir wieder
Senkgruben machen, wo wir die Colaflaschen einzementieren und dann
durchschlagen, damit es ins Wasser hinunterrinnt. 110 Millionen EUR
Einnahmen, die Sie angeblich in den nächsten Jahren in Investitionen stecken
werden, jetzt als Rücklage gebildet, bei Wasser, Kanal und Müll. Ja, dann
müssten aber in den nächsten Jahren die Preise deutlich hinuntergehen. Da
müssten die gesamten Gebühren hinuntergehen. Das sind ja keine Unternehmen, die
Gewinne erzielen sollen. Sie ha-ben zuerst von der Daseinsvorsorge gesprochen.
Das ist ein öffentliches Gut, das den Wienerinnen und Wienern kostendeckend zur
Verfügung gestellt werden sollte, nach dem finanzverfassungsgesetzlichen
Äquivalenzprinzip kostendeckend und nicht, dass Sie daran verdienen. Sie sollen
nicht daran verdienen, die Stadt Wien soll nicht daran verdienen und es sollen
auch die Werke nicht daran verdienen und uns monatelang mit irgendwelchen
Kampagnen quälen, die wir in der Stadt nicht sehen wollen. Wir wollen nicht,
dass uns Wien Energie einen Monat lang sagt, dass man Sport machen soll um
meinen Strom- und Gaspreis. Ich will das nicht. Das weiß ich eh. Ich will
weniger Strom- und Gasgebühren zahlen. Ich will weniger fürs Wasser zahlen. Ich
will weniger für den Kanal zahlen und will weniger für den Müll zahlen, weil
ich nicht will, dass die dort 110 Millionen EUR Überschüsse auf
Kosten aller Wienerinnen und Wiener errichten und dann drohen, Festspiele oder
was auch immer zu machen, wie es der Kollege Tschirf zuerst gesagt hat. (Beifall
beim BZW.)
Ganz nebenbei, das Wasser ist nicht das Verdienst der SPÖ,
muss man auch sagen, sondern eines liberalen Bürgermeisters, der vor mehr als
100 Jahren dafür gesorgt hat, dass diese Teile der Steiermark gekauft
werden. Aber vielleicht denken Sie auch wieder an Eingemeindungen, um für die
Zukunft vorzusorgen. Da bieten
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