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Gemeinderat, 57. Sitzung vom 27.06.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 34 von 136

 

d'accord! -, an der kommunalen Wasserversorgung – etwas ganz Wichtiges! –, aber auch an der Gemeindesparkassa. Dagegen haben Sie verstoßen - das nur zum Anfang der Diskussion. Es ist bedauerlich, aber es ist so gewesen!

 

Zwei Sachen noch: Wenn man sich - und das möchte ich noch einmal herausarbeiten - den Arbeitsmarkt anschaut und jetzt auch Kollege Strobl noch einmal gesagt hat: Ja, aber im ersten Quartal 2005, da haben wir wirklich eine Trendwende erreicht, da kann man eine Trendwende auf dem Wiener Arbeitsmarkt erkennen!, dann ist das leider falsch. Ich werde Ihnen anhand von drei Zahlen zeigen, wieso das falsch ist.

 

Wir haben im ersten Quartal einen Rückgang der vorgemerkten Arbeitslosen in Wien um 4 185 zu verzeichnen. - So weit, so erfreulich. Aber: Die Zunahme der vom AMS her in Schulung stehenden Personen beträgt 6 114, sodass der Saldo 1 929 beträgt. Und das bedeutet, dass es leider in Wien auch im ersten Quartal eine weitere Zunahme der Arbeitslosigkeit gegeben hat. Auch wenn man, weil ja 2005 gewählt werden soll und aus sonstigen Gründen, hier ein viel höheres Kontingent an Umschulungen, an Schulungen hat und bei diesen eine Erhöhung um 48 Prozent vorgenommen hat, kommt man trotzdem - bereinigt - zu dem Ergebnis, dass es ein weiteres echtes Ansteigen der Arbeitslosigkeit in Wien gegeben hat.

 

Daher kann man sich doch als Verantwortlicher, der noch dazu die absolute Mehrheit innehat, nicht hier herstellen und sagen, es sei alles in Ordnung! - Das ist nicht richtig. Der Herr Vizebürgermeister hat gesagt: Na ja, aber das ist nicht alles, und es ist nicht alles mit den Schulungen erklärbar! – Dazu muss ich sagen: Oja, das ist sehr leicht erklärbar, denn es hat – leider! - noch immer keine Trendwende stattgefunden.

 

Herr Vizebürgermeister! Es hat schon vor Jahren das "WirtschaftsBlatt" gesagt: „Industrie zieht sich Schritt für Schritt aus Wien zurück". - Das ist bis zum heutigen Tag leider so geblieben. Wir haben in den letzten 30 Jahren an die 100 000 Industriearbeitsplätze verloren, ohne dass es der Stadt gelungen ist, das auf der anderen Seite wirklich adäquat wettzumachen, auch nicht auf dem Gebiet, wo dies - da folge ich Ihnen - durchaus plausibel wäre: Sie sagen, es soll im Hightech-Bereich jetzt ein Schwerpunkt liegen. Aber auch damit haben Sie um Jahre zu spät begonnen! Das braucht eben auch seine Zeit, bis sich das entwickelt - und in dieser Zeit sind wir momentan. Hoffentlich entwickelt es sich weiter. Aber momentan sind wir wirklich das Schlusslicht Österreichs geworden, und zwar in den letzten vier Jahren: Wir waren es bis 2002 nicht, und jetzt sind wir es leider!

 

Das alleine zeigt schon, dass eben die Stadtregierung nicht erfolgreich gearbeitet hat, sondern ganz im Gegenteil: Die Stadtregierung hat in ganz wichtigen Zukunftsfragen und Schicksalsfragen der Stadt versagt. Sie verkauft die Nachteile, die die Wiener hier zu gewärtigen haben, durchaus so, dass man zuerst nicht so drauf kommt und es nicht durchschaut, wie die Entwicklung tatsächlich ist. Wenn man sich die Zahlen anschaut, wenn man sich all das, was auf dem Tisch liegt, anschaut, dann sieht man - trotz der Verwirrspiele im Rechnungsabschluss und in den Budgets -, dass es leider nicht gelungen ist, Wien tatsächlich wieder halbwegs positiv, was die Wirtschaftsentwicklung und die arbeits-marktpolitische Richtung betrifft, zu positionieren.

 

Weil heute angesprochen wurde, es wäre so wünschenswert, wenn wir in unseren Schulen Mehrsprachigkeit hätten, also dass die Kinder mehrere Sprachen lernen würden: Das ist unbestritten. Mehrere Weltsprachen zu können - ich betone allerdings: Weltsprachen zu können -, das wäre wirklich oder ist für die Zukunft die Herausforderung, auch für unsere Kinder, die jetzt in Ausbildung stehen.

 

Aber wie schaut denn die Realität aus? - Ich möchte hier ausnahmsweise einen Artikel aus der "Presse" zitieren – ich habe mir das abgewöhnt, weil Sie sonst immer sagen: Ja, ja, Sie zitieren immer nur "Presse"-Artikel!, aber in diesem Fall zitiere ich tatsächlich die "Presse", denn sonst kommt wieder von der extremen Linken der Vorwurf, man wäre ausländerfeindlich. Ich lasse es mir nicht nehmen, und da kann sich Herr Margulies noch so totalitär hier herstellen und sagen, die Freiheitlichen dürfen überhaupt nichts mehr reden (GR Dipl Ing Martin Margulies: Das habe ich nicht gesagt!), ich werde das jetzt, damit da nicht wieder so etwas Absurdes unterstellt werden kann, selbstverständlich zitieren.

 

Vor kurzem hat die "Presse" unter dem Titel "Kein Deutsch, keine Noten" nämlich berichtet, dass es von den Erstklasslern in Wien jedes Jahr ungefähr dieselbe Anzahl gibt, ungefähr 15 000, aber wie viele von diesen Erstklasslern - und auch dann in der Folge - wirklich schon die Unterrichtssprache können, darüber gibt der Stadtschulrat keine Auskunft, weil man dort sagt, man wisse es nicht.

 

„Wir erfassen, sagt der Stadtschulrat, nur ao Schüler. Als ao - außerordentlich - werden diejenigen Kinder eingestuft, die über mangelnde Deutschkenntnisse in dem Ausmaß, dass sie dem Unterricht nicht folgen können, verfügen. Es besteht die Möglichkeit,“ schreibt die “Presse“, „diese Kinder zwei Jahre lang nicht zu beurteilen. Nach diesen zwei Jahren verlieren die Schüler den ao-Status automatisch, ohne dass die Deutschkenntnisse überprüft werden. Um zu verhindern, dass die Kinder bis zum Ende der Pflichtschule nicht benotet werden, erklärt der Sprecher des Stadtschulrates. Und: Im Schuljahr 2004/05 war fast ein Viertel der Erstklassler in Wien als ao eingestuft. In manchen Bezirken in Wien haben sogar über 50 Prozent der Schüler einer Klasse außerordentlich schlechte Sprachkenntnisse."

 

Und das ist das Interessante: Das hat man zum Beispiel bei der Diskussion um die PISA-Studie überhaupt nicht als Problem erkannt. Und das ist aber genau auch eine Zukunftsfrage: Wie schaut die Ausbildung unserer Kinder aus? - Und solange wir das nicht in den Griff bekommen, solange wir nicht kapieren, dass Kinder nicht fremdsprachig in Regelklassen eintreten können, und man dann glaubt, sie können dem Unterricht folgen und wären dadurch gut ausgebildet, solange man das nicht

 

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