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Gemeinderat, 57. Sitzung vom 27.06.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 69 von 136

 

Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Schmalenberg.

 

GRin Mag Heidrun Schmalenberg (Bündnis Zukunft Wien – die Stadtpartei): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Die Stadt Wien möchte gerne immer sozial sein, aber gerade im Sozialbereich ist nicht alles Gold, was glänzt. Über die missglückten Reformen in der Vergangenheit, über die Ausgliederung habe ich schon heute Mittag gesprochen. Seit vielen Jahren schafft es die SPÖ in Wien nicht, im Sozialbereich für Ordnung und Transparenz zu sorgen. Wichtig sind in allen Bereichen, aber besonders hier, Oppositionsparteien. Wichtig sind auch Medien, die mithelfen können, Realitäten wahrzunehmen, wie das zum Beispiel bei den Wiener Geschützten Werkstätten gewesen ist, die jetzt neustrukturiert worden sind, die jetzt umbenannt worden sind, wo man sich jetzt etwas überlegt hat und wo man jetzt einen Weg geht, der hilft, dass auch wirklich Menschen mit psychischer Erkrankung wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert werden. Dazu ist es eben - wie schon gesagt - notwendig, dass es kritische Politikerinnen und Politiker gibt, die ihre Aufgaben ernst nehmen, die in einem Vorstand nicht als Applaudierklub für die Geschäftsführung sitzen, sondern eben eine Kontrollfunktion im Sinne der Patientinnen und Patienten, im Sinne der Betroffenen und natürlich auch im Sinne der Mitarbeiter haben. Gerade die Betreuung von psychisch Kranken hat in einer Großstadt wie Wien eine ganz besondere Bedeutung. In der vergangenen Vorstandssitzung des PSD, des Psychosozialen Dienstes, musste ich den Rechnungsabschluss leider ablehnen, nicht weil ich die Arbeit und die Tätigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht schätzen würde, ganz im Gegenteil, ich möchte von dieser Stelle aus auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meinen herzlichen Dank aussprechen, sondern einfach deshalb, weil ich den Eindruck habe, dass der Psychosoziale Dienst nicht effizient ist. Es gibt nach wie vor keine aufsuchende, keine nachgehende Betreuung, obwohl wir jetzt seit vielen Jahren darüber sprechen und in jeder Vorstandssitzung nachgefragt wird und uns jedes Mal versprochen wird, dass das jetzt schon kommt und dass es jetzt schon eine Arbeitsgruppe gibt, die das untersucht, die rechtlichen Voraussetzungen et cetera et cetera. Bis heute gibt es das nicht und wenn, dann nur in Ansätzen in einem viel zu geringen Ausmaß. Warum ich noch dagegen gestimmt habe, ist, dass es beim PSD offensichtlich eine unterschiedliche Wertigkeit von Männern und Frauen gibt, was die Mitarbeiter betrifft, denn mir liegen die Gehaltszettel von zwei Personen vor, einem Mann und einer Frau, beide gleiches Alter, gleiche Ausbildung, gleiche Tätigkeit, dieselbe Stundenanzahl, nur die Frau verdient ungefähr ein Viertel weniger als der Mann. Ich habe das in der PSD-Vorstandssitzung nachgefragt und habe leider keine Antwort bekommen. Und weil ich einfach aufs Schärfste ablehne, dass Frauen mit gleicher Qualifikation weniger verdienen als Männer, habe ich mich dann auch entschlossen, den Rechnungsabschluss, aber auch den Leistungsbericht abzulehnen, weil gerade eine Institution, die mit Steuergeldern finanziert ist, das ernst nehmen und darauf achten sollte, dass Männer und Frauen gleich viel verdienen.

 

Der dritte Punkt, warum ich abgelehnt habe, ist: Ich habe den Eindruck, dass der Chefarzt Dr Rudas seinen eigenen Leistungsbericht, den er dort vorgetragen hat, nicht kennt. Ich habe den Eindruck, dass er selbst von der Genauigkeit überfordert war, mit der diesmal, das erste Mal, auf das Ersuchen von Frau Dr Pilz und von uns anderen Oppositionspolitikern detailliert Aufschluss über die einzelnen Leistungen, über die einzelnen Institutionen gegeben wurde und dass er selbst das nicht genau gelesen hat oder nicht genau analysiert hat und nicht gewusst hat, warum so eklatante Unterschiede zwischen den einzelnen Einrichtungen bestehen. Das hat mich einigermaßen erschreckt und aus diesem Grund habe ich auch nicht zugestimmt.

 

Ich glaube, es ist Zeit, dass wir uns Gedanken über eine Weiterentwicklung der Psychosozialen Versorgung in Wien machen, denn das, was der Chefarzt Dr Rudas in dieser Vorstandssitzung irgendwie widergespiegelt hat, hat mir Angst gemacht und hat mir nicht das Gefühl gegeben, dass wir hier aufs Beste bestellt sind.

 

Was in Wien ganz besonders wichtig ist, ist die Wiedereingliederung von Menschen mit Behinderungen, seien es jetzt psychische Behinderungen oder andere, am Arbeitsmarkt. Gerade in diesem Bereich der Beschäftigung gibt es in Wien große Defizite, denn es fehlen mindestens 200 Arbeitsplätze, geschützte Arbeitsplätze, betreute Arbeitsplätze. Gerade der Übergang nach der Schule, also wenn behinderte Menschen aus der Schule in die Arbeitswelt kommen, stellt ein großes Problem dar. Aber auch die Wohnsituation, was Menschen mit Behinderungen betrifft, ist unbefriedigend. Auch hier fehlen ungefähr 200 Plätze, wobei der Bedarf in den nächsten Jahren noch steigen wird, vor allem, weil junge Menschen eigenständig leben wollen und Menschen oft von ihren Familienangehörigen betreut werden, die Familienangehörigen dann aber selbst pflegebedürftig werden und diese Leistung nicht mehr erbringen können. Ich glaube, wir brauchen hier wirklich ein Programm, das sicherstellt, dass das Wohnen für behinderte Menschen in Wien in Wohngemeinschaften mit betreuten Wohneinrichtungen möglich ist.

 

Der Rechnungshofbericht - und über den habe ich heute Mittag auch schon gesprochen - hat auch, was die Behindertensituation in Wien anbelangt, einige Aussagen gemacht, vor allem, was die Kontrollen anbelangt, denn hier wird festgehalten, dass die Kontrollen nicht wirklich so umfassend waren, wie sie sein sollten. Da wird davon gesprochen, dass die Leiterin der Begutachtungsstelle auf eigene Initiative Überprüfungen durchführen ließ, die zu anderen Ergebnissen gekommen sind als solche Kontrollen, die vorher angekündigt wurden. Und weil das so war, wurden dann durch eine interne Weisung diese unangekündigten Kontrollen eingestellt. Ich glaube, das sollte nicht sein. Wir sollten wirklich dafür Sorge tragen, dass hier ausreichend kontrolliert wird, weil das ganz

 

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