Gemeinderat,
58. Sitzung vom 30.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 104
Eine breite politische Unterstützung ist einfach
besser als eine zu schmale.
Ich finde gerade in diesem Zusammenhang die Wortmeldungen
einzelner Abgeordneter von Oppositionsparteien in den letzten Tagen eigentlich
sehr interessant. Was sind die Diskussionsbeiträge? Interessant zum Beispiel
Herr Strache, der – vielleicht lassen Sie mich das darlegen – immer von einer
millionenteuren Vorverlegung spricht, jener Herr Strache, der seit Wochen und
Monaten Wien zuplakatieren lässt mit seinem Konterfei. Da kann man jetzt zu den
ästhetischen Fragen stehen wie man will – darüber sollen die Werbemenschen
nachdenken, kein Problem –, der Effekt ist klar: Die Bekanntheit ist im selben
Ausmaß gestiegen, wie die Beliebtheit gesunken ist. Auch nachzulesen gerade
wieder in einigen Umfragen.
Eine Plakatwelle kostet rund 200 000 bis
300 000 EUR. Man sieht, die alte FPÖ, die jetzt angeblich die neue FPÖ
ist, hat genauso wenig Probleme beim Geldausgeben, wie es die alte gehabt hat.
Oder ist das jetzt die neue? Ich weiß es nicht genau. Ganz egal, Geld spielt
einfach keine Rolle. Ich kann für die anderen Parteien in diesem Haus nur
sagen: Bei diesem Effekt ist das durchaus gut investiertes Geld. Da mache ich
Ihnen jetzt einmal gar keinen Vorwurf. Es soll sein, wie es ist, aber gerade
jener Herr Strache spricht von einer millionenteuren Vorverlegung.
Das soll er mir vielleicht einmal erklären – das
können Sie dann vielleicht auch tun –, warum eine Wahl Ende Oktober teurer sein
sollte, als wenn man sie Anfang März abhält. Die Heizkosten können es nicht
sein. Ich habe extra heute in der Früh noch im Internet nachgeschaut, im
Oktober ist es wärmer als im März. Im März haben wir durchaus auch noch Winter.
Also wie man es erklären kann, ist egal. Ich denke, dass gerade angesichts der
bekannten Informationen der FPÖ und ihrer Parteikasse durchaus auch vielleicht
ein Interesse da sein könnte, dass man sich möglichst Ausgaben erspart. Man
wählt einen anderen Weg. Gut, soll so sein.
Aber ich finde es schon besonders bemerkenswert, dass
da gerade einer jener spricht, der letztendlich zu den Anführern gehört hat,
dass einmal eine Wahl schon nach wenigen Monaten neu stattfinden musste, der
damals gemeinsam mit seinen Knittelfeldern Neuwahlen vom Zaun gebrochen hat.
Jetzt in Wien bei einer Vorlegung von viereinhalb Monaten überhaupt von einer
Vorverlegung zu reden, finde ich schon interessant, und das dann noch in
Zusammenhang mit Geld zu bringen, ist nicht wirklich verständlich, aber Sie können
es vielleicht nachher noch erklären.
Politisch viel interessanter finde ich eigentlich den
Punkt, dass Herr Strache uns immer wieder ausrichten lässt: Ihr habt die
Mehrheit, also arbeitet weiter! Das finde ich politisch ja wirklich ganz
interessant (GR Heinz-Christian Strache:
Das ist ein Wählerauftrag für eine Periode!), und ich lasse nochmals die
Frage weg, ob die Festlegung einer Wahl vier Monate vor dem letztmöglichen
Termin tatsächlich ein Beleg dafür ist, dass jemand seiner Aufgabe nicht nachkommen
will. Wir haben in dieser Periode mehr Sitzungen in diesem Gemeinderat
abgehalten als bis zurück zu den 70er Jahren. Weiter zurück habe ich leider
keine entsprechende Statistik bei uns im Klub gefunden. Wir haben, glaube ich,
hervorragende Arbeit geleistet und viele wichtige Projekte auf Schiene
gebracht. Also ich lasse das jetzt einmal weg, ob tatsächlich diese Festlegung
der Wahl rund vier Monate vor dem letztmöglichen Termin tatsächlich eine Vorverlegung
ist oder ob man das nicht eigentlich vielmehr dahin gehend interpretieren
sollte – und die Umfragen sprechen ja für sich bei den Oppositionsparteien –,
dass einfach jemand auf seinem Sessel klebt und die Sorge hat, dass er diesen
verliert. Lassen wir es weg.
Der spannende Punkt ist: Ihr habt die Mehrheit,
regiert einfach weiter. Wir blockieren zwar die Arbeit, wir machen keine
konstruktive Arbeit mehr möglich, alles egal, nutzt eure Mehrheit aus. Das ist
vielleicht der Gedankengang, den Sie auf der Nationalratsebene bereits
jahrelang praktizieren: Drüberfahren, keine Diskussion, keine Abstimmung, kein
Konsens, kein Abgleich von politischen Interessen. Unser Ansatz, jedenfalls in
diesem Hause, ist es nicht und wird es auch in Zukunft nicht sein, meine Damen
und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir suchen in Sachfragen immer die Kooperation mit
den anderen Parteien und, wie gesagt, die Zahlen sprechen ja für sich:
70 Prozent aller Beschlüsse in diesem Haus fallen einstimmig, über
95 Prozent aller Beschlüsse in diesem Haus fallen gemeinsam mit Oppositionsparteien.
Ich glaube, dass das einfach zeigt, dass wir es mit unserem Anspruch,
Gemeinsamkeit zu suchen, in den vergangenen viereinhalb Jahren wirklich auch
ernst genommen haben.
Man muss feststellen, diese Situation hat sich
durchaus verändert. Sie hat sich letztendlich auch verändert, wenn wir uns nur
die Debatte der letzten Tage ansehen. Da stimmt die ÖVP plötzlich gegen eine
Gesetzesinitiative, der sie kurze Zeit vorher im Ausschuss noch zugestimmt hat.
Gut, da ist halt anscheinend eine Order aus dem Ministerium gekommen, man darf
da nicht zustimmen. Soll so sein. Das nehmen wir zur Kenntnis. Man stimmt
einmal zu, man stimmt einmal dagegen. Da wird auf der anderen Seite ein Vorgang
zum Skandal stilisiert, der in den letzen Jahrzehnten hier so praktiziert
wurde, der völlig im Einklang mit der Wiener Stadtverfassung steht, mit jener
Wiener Stadtverfassung, die von der ÖVP mitbeschlossen wurde. Da wird hier
versucht, mit Wortmeldungen zur Geschäftsordnung einen Beschluss im Wiener
Gemeinderat zu verhindern.
Noch einmal: Es handelt sich um eine Vorgangsweise,
wie wir sie in den letzten Jahrzehnten praktiziert haben, die völlig im
Einklang mit der Wiener Stadtverfassung steht, die hier im Hause mit einer
breiten Mehrheit beschlossen wurde. Man sieht ja einfach, es wird schon
Wahlkampf gemacht.
Und da muss man schon festhalten,
dass das ja nicht eine singuläre Erscheinung ist, wo man sagen kann, gut, drei
Tage gruppendynamischer Effekt hier drinnen, da kann das schon vorkommen, dass
einmal etwas nicht so glatt rennt, so einen kleinen Koller, den man halt hat in
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