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Gemeinderat, 58. Sitzung vom 30.06.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 32 von 104

 

Gar nichts. Da ist kein SPÖ-Inserat drinnen, kein einziges SPÖ-Inserat! (Lebhafte ironische Heiterkeit bei FPÖ, ÖVP und den GRÜNEN.) Ich blättere weiter, drei Seiten weiter die FPÖ (GR Mag Christoph Chorherr: Aus der Seltenheitssammlung!), noch eine Seite weiter zwei Seiten der ÖVP, noch eine Seite weiter eine ganze Seite der ÖVP, noch eine Seite weiter das dritte Mal Herr Strache, noch eine Seite weiter die Bezirkstruppe der FPÖ. Also es ist wirklich bemerkenswert, was da eigentlich investiert wird. Und zum Abschluss haben wir dann noch einmal die FPÖ drinnen. Vier Seiten FPÖ-Inserate, fünf Seiten ÖVP-Inserate, und dann wird hier gesagt, es wird kein Wahlkampf gemacht. Es wird Wahlkampf gemacht, und man sieht es hier letztendlich ganz deutlich. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Wenn also das politische Parkett einfach zu sehr für Profilierung benützt wird und die Zusammenarbeit damit – und das konnten wir durchaus erleben – mehr behindert als gefördert wird, (GR Walter Strobl: Wer behindert sie?) dann ist es unserer Ansicht nach einfach Zeit, Entscheidungen zu treffen. Und wir haben diese Entscheidung getroffen. Wir haben heute dem Wiener Gemeinderat den Vorschlag gemacht, diese Wahl zum Wiener Gemeinderat und Landtag einfach vier Monate vor dem letztmöglichen Termin, und zwar im Oktober dieses Jahres, abzuhalten und den Gemeinderat mit Ende der heutigen Sitzung aufzulösen.

 

Unserer Ansicht nach bedeutet das einfach, vier Monate weniger Wahlkampf, weniger Parteienstreit. Es bedeutet für uns weniger Kosten, sowohl für die Parteien als auch für die Stadt, und es bedeutet vor allem – und das ist uns wichtig und diese Hoffnung habe ich letztendlich auch – vier Monate früher wieder konstruktive Zusammenarbeit, ein Miteinander in den Sachfragen, wie wir das in den letzten viereinhalb Jahren hier ja durchaus praktiziert haben. Und es bedeutet für uns auch – und das ist auch ein wichtiger wesentlicher Punkt –, dass wir nicht mitten in der EU-Präsidentschaft in Wien einen Wahlkampf abhalten. Es bedeutet für uns, rechtzeitig klare Verhältnisse zu schaffen.

 

Wir wiederholen daher von dieser Stelle aus auch noch einmal unser Angebot an den Bundeskanzler, auch auf Bundesebene – gemeinsam mit den Wiener und Wienerinnen – wieder für klare Verhältnisse zu sorgen, stabile Verhältnisse zu schaffen, die diese Republik, meine Damen und Herren, dringend notwendig hat. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 

Und es ist klar, es soll ja gar nicht verheimlicht werden: Wir wünschen uns eine andere Bundesregierung! No na ned! (Beifall bei der SPÖ und den GRÜNEN. – Ironische Heiterkeit bei der ÖVP. – GR Gerhard Pfeiffer: Wünsche an das Christkind!)

 

Wir wollen ein Ende dieser Bundesregierung. Das ist seit dem Amtsantritt dieser Bundesregierung kein Geheimnis. Wir wollen ein Ende dieser Bundesregierung, weil es jene Regierung ist, die den Menschen so tief in die Taschen gegriffen hat wie keine Regierung zuvor in dieser Zweiten Republik, die massive Belastungen über die Österreicherinnen und Österreicher gebracht hat. Alles kein Geheimnis. Es ist Zeit, dass auch diese Bundesregierung geändert wird, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und von GRin Dr Monika Vana. – GR Günther Barnet, sichtlich erheitert: Die SPÖ hat die Bevölkerung ja nie belastet!)

 

Aber wie dem auch immer sei, meine Damen und Herren, das werden ohnehin die Wählerinnen und Wähler entscheiden. Das entscheiden nicht wir hier. Das werden die Wählerinnen und Wähler entscheiden. Unser Anliegen ist, unabhängig von unserem politischen Wollen – und ich glaube, es wäre für diese Republik tatsächlich auch gut –, dass man dieses Angebot seitens Wien und das Angebot, das der Herr Bürgermeister unterbreitet hat, annimmt, dafür zu sorgen, dass Österreich tatsächlich mit stabilen Verhältnissen in diese EU-Präsidentschaft hineingeht. Ich glaube, es warten große Projekte, große Aufgaben auf diese Bundesregierung, und ich glaube, sie sollten auch von einer stabilen Regierung, wie immer sie ausschaut – das wird der Souverän entscheiden – gelöst werden, da diese Probleme von dieser Regierung nicht gelöst werden können.

 

Wir sind nach wie vor gesprächsbereit über den Termin. Daher auch heute von uns nicht die endgültige Festlegung. Ich glaube, man sollte diese Botschaft noch einmal hier von diesem Rednerpult und von diesem Haus aus an die Regierungsparteien senden. Wir sind gesprächsbereit über den Termin, daher legen wir uns heute auch nicht auf den entsprechenden Termin fest. Die Fristen dafür sind klar. Unser Wunsch und unser Wollen ist klar. Unser Angebot ist klar. Es liegt letztendlich nicht an uns, ob dieses Angebot angenommen wird oder ob man sich diesem Angebot schließlich entzieht.

 

Es muss ja der Herr Bundeskanzler tatsächlich schlaflose Nächte haben, wenn er sich vor Augen führt, was im Herbst passiert. (GR Walter Strobl: Machen Sie sich keine Sorgen!) Er hat drei Landtagswahlen vor sich, wo er ganz genau weiß, dass sein Koalitionspartner – manche sagen ja immer Ministranten dazu – schwere Niederlagen einfahren wird. Und wenn er weiß, wie letztendlich der Herr im Süden in solchen Situationen reagiert, dann kann er ja nur tiefste Sorge haben.

 

Ich kann das Nein der Wiener ÖVP auch nur so interpretieren, dass man schlicht und ergreifend die Order bekommen hat: Bitte schaut, dass ihr die Wahlen verhindert. Es kann uns nichts Schlimmeres im Augenblick passieren, als dass uns gerade jetzt unser Koalitionspartner wegbricht. Genauso wie in den letzten Tagen diese Order die Wiener ÖVP mehrmals erreicht hat. Man kippt halt um, man bringt zwar Neuwahlen ins Spiel, aber ist dann im Endeffekt dagegen. Man ist schlicht und ergreifend hörig. Wir nehmen es zur Kenntnis.

 

Ich sage einfach: Verkürzen wir die Zeit des Wahlkampfs! Verkürzen wir die Zeit des Parteienstreits! Lassen wir die Wiener Wählerinnen und Wähler über den weiteren Weg entscheiden. Und ich sage: Herr Bundeskanzler, ergreifen Sie unser Angebot und machen Sie auch Neuwahlen auf der Bundesebene. (StR Dr Johannes Hahn: Soll man jetzt bei jeder Landtagswahl Nationalratswahlen machen?)

 

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