Gemeinderat,
6. Sitzung vom 28.02.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 82
ich habe es mir auch nicht anders erwartet! (Heiterkeit
bei der FPÖ.)
Frau Stadträtin! Prinzipiell
sind alle Entscheidungen, die wir hier treffen und die Sie als
Regierungsmitglied treffen, politische Entscheidungen, nicht immer
parteipolitische, wie ich sagen möchte, aber politische.
Ich möchte Sie daher im Hinblick auf diesen Bescheid,
der letztlich bei der Wasserrechtsbehörde herauskommen wird, als Politikerin
fragen: Auf welcher Rechtsgrundlage schreibt die Stadt Wien beziehungsweise schreiben
Sie als amtsführende Stadträtin ein Wasserrechtsgutachten vor, wobei es sich
bei Grundwasser – wie Sie wahrscheinlich wissen – um ein
Privatgewässer und nicht um ein öffentliches Gewässer handelt und bei
Privatgewässern prinzipiell keine Wasserrechtsbescheide ausgestellt werden
sollen oder müssen, sondern nur bei öffentlichen. Nun handelt es sich beim
Grundwasser in der Lobau eindeutig laut Wasserrechtsgesetz § 2 oder 3 um
Grundwasser und daher um privates Wasser.
In Anbetracht dessen meine Frage: Was ist die
Rechtsgrundlage dafür, dass Sie einen Wasserrechtsbescheid ausstellen lassen?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte.
Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Sehr geehrter Herr
Gemeinderat!
Mir war nicht bewusst,
dass wir heute “Millionenshow“ spielen, aber ich bin froh, dass Sie mit meiner
Antwort zufrieden sind. (GR
Dr Herbert Madejski: Meistens!)
Na ja, man bemüht sich redlich!
Es gibt eine eindeutige
Rechtsgrundlage, nämlich das Wasserrechtsgesetz § 10 Abs 2. Das wurde
uns übrigens auch von der obersten Wasserrechtsbehörde, dem Bundesministerium
für Umwelt, bestätigt. Ich kann Ihnen dazu berichten, dass es für
Probebohrungen im Nationalpark, die es ja schon des Öfteren gegeben hat, zum
Beispiel im Zusammenhang mit der Sanierung der Altlast Lobau,
selbstverständlich immer eine Wasserrechtsgenehmigung gab, und auch für die
Bebohrungen betreffend unsere Grundwasserbrunnen haben wir über eine
Wasserrechtsgenehmigung verfügt. Das ist also überhaupt nichts Neues und
Ungewöhnliches! Ganz im Gegenteil: Es ist dies ein ganz normaler rechtlicher
Vorgang, den wir hier nach den Buchstaben des Gesetzes durchführen.
Ich darf Sie bei dieser
Gelegenheit noch einmal daran erinnern, dass der Nationalpark fraglos ein
besonders heikles Gebiet ist. Bei den Probebohrungen werden zwei
grundwasserführende Schichten durchbohrt. Wir befinden uns in unmittelbarer
Nähe des Wasserschutzgebietes sowie in unmittelbarer Nähe der Altlast –
das darf man nicht vergessen! – und der Sperrbrunnen der Altlast, die wir
zum Schutz der Trinkwasserversorgung errichtet haben. Außerdem befinden sich in
unmittelbarer Nähe auch Trinkwasserbrunnen der MA 31.
Ich glaube, all das sind
genug Gründe, einen Wasserrechtsbescheid auszustellen, und zu diesem Schluss
ist auch die MA 58 gekommen; und auch die ASFiNAG hat das ja schon erahnt,
denn sie hätte ja keinen Antrag auf Wasserrechtsbewilligung gestellt, wenn sie
von vornherein davon ausgegangen wäre, dass man keine Wasserrechtsgenehmigung
braucht.
Ich darf Sie daran erinnern,
dass es zum Beispiel beim Lainzer Tunnel genau an diesem Punkt gehängt ist und
wir dann drei Jahre Stillstand gehabt haben. Ich glaube nicht, dass Sie oder
wir das wollen, und deswegen sind wir natürlich sehr bestrebt, das Verfahren
ordentlich und absolut rechtsgültig abzuwickeln. Natürlich ist bei einem
solchen Verfahren, das durchaus nicht unumstritten ist, mit Einsprüchen zu
rechnen, und daher muss das rechtlich wasserdicht sein.
Ich möchte jetzt auch
etwas fragen, damit einmal ein bisschen Abwechslung in der Fragestunde kommt,
Sie kommen ja dann noch einmal zu Wort: Was wäre Ihr Vorschlag gewesen? Was
hätten Sie gesagt? – Pfeifen wir aufs Wasserrecht, ist ja wurscht, geben
wir die Genehmigung! – Das klingt bei Ihrer Frage so ein bisschen durch,
und das wundert mich, denn meine Auffassung von Rechtsstaat ist schon, dass man
sagt: Es gibt gültige Gesetze, die wir unter anderem im Landtag beschließen,
und die wir auch zu exekutieren haben, und zwar auf Punkt und Beistrich.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Zusatzfrage: Herr
GR Mag Maresch.
GR Mag Rüdiger Maresch (Grüner Klub im
Rathaus): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Es hat schon was, wenn ein
Wasserrechtsbescheid wasserdicht ist; das gefällt mir allein von der Metapher
her gut! Aber da geht es natürlich nicht nur um Bescheide von Behörden der
Stadt Wien, sondern es geht mir bei dieser Geschichte auch darum: Ich weiß,
dass die SPÖ gern hätte, dass die Autobahn schon vorvorgestern gebaut worden
wäre und dass es möglicherweise in Fischamend noch eine 24. und in Hainburg
eine 36. Donauquerung gibt. Ich blicke jetzt aber noch einmal zurück:
International ist das ja ein anerkanntes Schutzgebiet, und zwar von Seiten der
EU als Natura 2000, aber es gibt ja auch die IUCN, die sozusagen ein
internationales Gütesiegel für die Lobau und für den ganzen Nationalpark
ausgestellt hat.
Ich nehme an, die
Probebohrungen werden natürlich auch internationale Gremien beschäftigt haben,
und die Stadt Wien und auch die Naturschutzbehörde haben sich hoffentlich auch
damit beschäftigt. Deswegen meine Frage: Was hat die IUCN zu den Probebohrungen
gesagt?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Bitte.
Amtsf StRin Mag Ulli Sima: Vorläufig hat die IUCN
noch gar nichts zu den Probebohrungen gesagt, weil es sich ja, wie gesagt, um ein
noch laufendes Verfahren handelt, bei dem naturschutzrechtlich,
nationalparkrechtlich, nach dem Artenschutz und auch nach dem Wasserrecht
begutachtet wird. Meiner Auffassung nach bin ich verpflichtet, das zu melden,
darüber hinaus gibt es aber keine Möglichkeit der Einflussnahme, weil wir ja
geltende Gesetze haben, die von der MA 22 und der MA 58 genau
durchgeführt und exekutiert – mir fällt jetzt kein besseres Wort
ein – werden.
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