Gemeinderat,
6. Sitzung vom 28.02.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 24 von 82
Vollprivatisierung gehen, wenn Sie keine Möglichkeiten haben. Nein, es ist nicht so, es ist tatsächlich nicht so, natürlich haben Sie Möglichkeiten. Ich verstehe schon, dass da wieder nervös zurückgerudert werden wird vom Herrn Bürgermeister und vom Herrn Klubobmann, aber wenn Sie sagen, dass Sie keine Einflussnahmemöglichkeit hätten, die Gas- und Strompreise zu senken, dann sagen Sie die Unwahrheit.
Ich habe bereits in meiner Rede zum
Budgetvoranschlag 2006 auch gesagt, dass wir Gebührenerhöhungen in dieser
Periode erwarten müssen und erwarten. Da haben Sie damals noch alles
dementiert.
Das war vor rund zwei Monaten. Aber jetzt haben die
Wiener auch die Möglichkeit zu sehen, dass meine Warnung gestimmt hat und dass
Ihre Sonntagsreden, die Sie damals hier gehalten haben, unwahr waren, dass Sie
damals, leider Gottes, geschwindelt haben. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass
es geschmalzene Gas- und Strompreiserhöhungen geben wird, dass auch die Kanal-
und Müllsteuer erhöht wird und die Erhöhung der Preise der Wiener Linien nur
mehr eine Frage der Zeit darstellt. Und ich sagte damals, dass Sie einen
Budgetvoranschlag gemacht haben mit der Absicht, diesen noch vor der
Gemeinderatswahl 2005 als Erfolg zu präsentieren. Es sollte der letzte
Voranschlag sein, wo man den Wienerinnen und Wienern eine heile Welt vorgaukelt
und er sollte so geschönt sein, um noch einmal bei der Wahl auch dafür bedankt
zu werden. Und das haben Sie ja auch ein bisschen erreicht. Die zahlreichen
Belastungen, die kommen und die kommen werden, die sollten hinausgezögert
werden, die sollten verschleiert werden und dabei waren die zu erwartenden
Erhöhungen auch schon im Budgetvoranschlag damals eigentlich ersichtlich. Wenn
man zwischen den Zeilen gelesen hat, konnte man damals schon erkennen, dass es
da gewisse Budgettricks und Halbwahrheiten und Taschenspielertricks gibt, die
aber in Wirklichkeit ja auch schon damals von uns aufgezeigt worden sind, wo
Sie halt versucht haben abzulenken und zu täuschen, was aber nicht gelungen
ist.
Man hat das damals schon erahnen können, dass sich
das nicht ausgehen kann angesichts der offenen Finanzierungsfragen im
Gesundheitsbereich oder auch der notwendigen und wichtigen Sozialmaßnahmen, die
anfallen. Und ich habe im Dezember 2005 nach der Wahl gesagt: „Das
bedeutet, in den nächsten fünf Jahren werden Sie die Menschen wieder belasten.“
Und ich habe Recht behalten, nur dass es so schnell und so drastisch passiert,
das hätte ich mir nicht einmal in den kühnsten Träumen erwartet, dass Sie das
wirklich so schnell und unverfroren vornehmen.
Ich bin mir daher auch ganz sicher, dass in
Anbetracht der jüngsten Entwicklungen notwendige Investitionen, wie die
Pflegemilliarde beispielsweise, die ja der Bürgermeister auf Grund des Druckes
der Opposition und auf Grund des Druckes und des Ergebnisses der
Untersuchungskommission versprochen hat, leider nicht kommen wird. Man wird
wieder alle möglichen Tricks und Erklärungen finden, warum diese
Pflegemilliarde nicht da ist und nicht möglich ist.
Die Belastungen für Strom, Gas, Wasser und Müll
wirken aber noch schwerer und ich sage, warum: Es sind insgesamt durch die SPÖ
in den letzten Jahren 60 Belastungen in dieser Stadt für die Wienerinnen
und Wiener beschlossen worden, ob das die Rettungs- und Transportgebühr war
oder ob das die Kindertagesheimtarife waren. Aber warum ist das so schwer und
warum wiegt das schwerer? Nicht nur, weil sie sich nahtlos an die jetzt
erfolgten Erhöhungen von Patientenbeiträgen, Pflegegebühren und
Ambulatoriumsbeiträgen in den Wiener Spitälern reihen, sondern weil sie noch
mehr als je zuvor und in den letzten Jahren in die sakrosankte Daseinsvorsorge
eingreifen, und das ist das Entscheidende. Die Daseinsvorsorge ist das
Entscheidende, und man kann über Ausgliederungen wirtschaftlicher Natur
Überlegungen anstellen, aber bitte nicht im Sozialbereich. Und man soll gerade
nicht Steuererhöhungen im Bereich von Gas und Strom setzen und im Bereich von
Müllgebühren, wo wirklich alle Bürger davon betroffen sind und eben auch die
Ärmsten der Armen gerade in der Stadt davon betroffen sind. Und diese
Erhöhungen, diese Angriffe auf das Geldbörsel der Wiener wirken auf die
Menschen mittlerweile so, als würde man versuchen, das Budget über eine
ungeheuerliche und ungebührliche Erhöhung beim Milch- und Brotpreis
gutzumachen. Also, so ähnlich kommt mir das auch vor. Wir verdoppeln die Brot-
und Milchpreise, damit wir die offenen Budgetlöcher in der Stadt Wien stopfen
können. Das ist in etwa die Vorgangsweise, die Sie da gewählt haben. Und mit
dieser in unermessliche Höhen gestiegenen Gebührenlawine wird den sozial
Bedürftigen die Grundversorgung, die Daseinskontrolle, in dieser Stadt geraubt.
Trotz zahlreicher Liberalisierungsschritte in der
Vergangenheit ist es heute beinahe nicht oder nur nach Abwarten von langen
Knebelungsfristen bei den Stromanbietern möglich, den Stromanbieter zu wechseln
und zu einem günstigeren umzusteigen.
Mit dem Eingriff in die Daseinsvorsorge haben Sie
sich von dem Wort sozial in Ihrem Parteinamen, meine sehr geehrten Damen und
Herren von der Sozialdemokratie, aber wirklich verabschiedet und ich sage, da
sollten Sie eigentlich nicht Sozialdemokraten heißen, sondern Belastungsdemokraten,
wenn man sich das anschaut, was Sie hier vornehmen. (Beifall bei der FPÖ.)
Umso verheerender ist der Anblick einer solchen
Politik, wenn Sie diese Erhöhungen gesondert von anderen immer wieder zu
erklären versuchen. Ich habe es ohnedies vorher angesprochen, da kommen dann
immer die Argumente internationale Vorgaben, Umweltschutz. Aber nichts von
diesen Argumenten stimmt und ist im Grunde genommen legitimiert, dass man sie
heranziehen kann. Die Menschen müssen die internationalen Vorgaben, die ihnen
die Konzerne und Ölkonzerne auferlegen sowieso schon über die gestiegenen
Rohölpreise tragen. Und gestiegene Energiepreise, geringe Lohnzuwächse und
geringe Pensionserhöhungen müssen schon jetzt von der Bevölkerung hingenommen
werden, während die OMV von einem Rekordgewinn zum nächsten eilt.
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