Gemeinderat,
6. Sitzung vom 28.02.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 52 von 82
Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Zuerst möchten wir
unterstreichen, dass wir es sehr begrüßenswert finden, dass die Zahl der
Deutsch- und Alphabetisierungskurse, vor allem auch solcher mit
Kinderbetreuung, steigt, und sind allein aus dem Grund für die zwei
vorliegenden Poststücke.
Was wir trotzdem
unterstreichen und einmahnen wollen, ist, dass es zwar gut ist, dass es eine
Kooperation zwischen NGOs und Volkshochschulen gibt – das sehen wir als
durchaus sehr positiv an –, das soll aber nicht bedeuten, dass die bisher von
den NGOs durchgeführten Kurse ihnen sozusagen aus der Hand genommen werden,
unter anderem auch deshalb, weil das die Gefährdung des Zuganges zu Migranten
und Migrantinnen bedeuten würde, weil die Volkshochschulen bis heute nicht so
gut vernetzt sind mit den Migranten-Communities, dass sie die Menschen, die
diese Kurse brauchen und von diesen Gebrauch machen würden, auch so gut erreichen
könnten wie die NGOs, die seit Jahren in diesem Bereich tätig sind.
Da hoffen wir, dass es in
Zukunft eine gute, eine produktive Zusammenarbeit geben wird zwischen den NGOs
und den Volkshochschulen, die diesen Zugang zu den Communities, der bei den
NGOs besteht, noch stärken wird und auch im Sinne aller nützen wird.
Unser zweiter Punkt, der
von uns hier im Haus auch schon deponiert wurde in mehreren
Gemeinderatssitzungen: Die Unterstützung von Menschen, die neu nach Wien
einwandern, sollte nicht bedeuten, dass jene Gruppe, jene relativ große Gruppe
von Migranten und Migrantinnen, die seit einigen Jahren, wenn nicht seit
Jahrzehnten in Wien leben und auch diese Kurse brauchen, aus dem Blickfeld
gerät. Wir sind dafür, dass die, die schon länger in Wien leben und trotzdem
oder weiterhin solche Alphabetisierungskurse brauchen, genauso berücksichtigt
werden wie die Gruppe von Neueinwanderern.
In unserem dritten und
letzten Punkt – um den zu verwirklichen, braucht es zusätzliche Maßnahmen, die
in diesen Geschäftsstücken noch nicht zum Ausdruck gebracht wurden – wollen wir
anmerken, dass auch weiterführende Maßnahmen notwendig sind. Die vorliegenden
Geschäftsstücke sprechen dezidiert aus, dass bestehende Barrieren beim Zugang
zum Bildungssystem in Wien abgebaut werden sollen. Ich wiederhole: Bestehende
Barrieren. Es wird also durchaus gesagt, es gibt ein Bewusstsein darüber, dass
es Barrieren gibt beim Zugang zum Bildungssystem in Wien, und die sollen
abgebaut werden durch niederschwellige Deutsch- und Alphabetisierungskurse.
Nur darf man natürlich
nicht dort stehen bleiben. Es ist notwendig, dass diese Menschen, die einen
gleichberechtigten Zugang zum Bildungssystem in Wien bekommen sollen, auch die
Möglichkeit erhalten, auch die Plätze erhalten, um beispielsweise einen
Hauptschulabschlusskurs zu machen. Und da schaut es leider nicht so gut aus.
Ich bringe Ihnen eine konkrete Zahl: Im Jahr 2004 hat der Stadtschulrat
zwischen 200 und 250 Jugendliche abweisen müssen, die einen
Hauptschulabschlusskurs in Wien absolvieren wollten. Diese Jugendlichen sind
auf dieses kostenlose Angebot angewiesen, weil sie sich in vielen Fällen die
Kosten eines privat absolvierten Hauptschulabschlusses schlicht und ergreifend
nicht leisten können. Und diese relativ große Zahl, 200 bis 250, sagt
eigentlich aus, dass wir in Wien weiterführende Maßnahmen brauchen, dass wir
mehr Plätze brauchen, damit mehr Menschen, die den Hauptschulabschlusskurs
machen wollen, denen dieser fehlt, das auch wirklich tun können.
In diesem Sinne werden wir
den zwei Poststücken zustimmen und erwarten uns von der Stadt Wien, dass mehr
Plätze zum Beispiel bei den Hauptschulabschlusskursen geschaffen werden und
dass dafür natürlich auch Mittel zur Verfügung gestellt und beschlossen werden.
– Danke. (Beifall bei den Grünen.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Danke schön.
Es liegt keine weitere
Wortmeldung vor.
Frau Berichterstatterin,
bitte.
Berichterstatterin GRin
Nurten Yilmaz: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Bei diesen beiden Poststücken geht es um Förderung
für Alphabetisierungskurse und Deutschkurse für MigrantInnen. Diese Kurse
finden im Großen und Ganzen in Vereinen und Organisationen statt, die von den
Volkshochschulen organisiert werden, professionell vorbereitet werden und vor
Ort, das heißt, dezentral, stattfinden.
Nach dem Motto, wir holen die Menschen dort ab, wo
sie sind, können wir da sicher sein, dass wir mit diesen Maßnahmen auch
bildungsferne Menschen erreichen und die aber auch dazu bringen, dass sie
weiterführende Kurse in den bestehenden zentral organisierten Volkshochschulen
besuchen können.
Kollegin Korun, Sie können sicher sein, dass all die
Maßnahmen nicht nur für NeuzuwanderInnen sind. Es ist ein Schwerpunkt, ja, aber
wir haben etliche Angebote auch für all jene, die schon sehr lange in Wien
leben. Sie können auch davon ausgehen, dass in Vereinen organisierte Menschen
zu 99 Prozent schon lang eingesessene MitbürgerInnen sind. Die kommen auch
jetzt in den Genuss dieser niederschwelligen Kurse. Das heißt, wir erwischen
sowohl NeuzuwanderInnen als auch all jene, bei denen nach wie vor ein Bedarf
besteht, ihre Sprachkenntnisse zu verbessern.
Was die Hauptschulabschlüsse betrifft: Ja, diese
Sorge habe ich auch. Wir zittern genauso um das Jugendbildungszentrum, dessen
Existenz zurzeit noch gefährdet ist, weil es seitens der Bildungsministerin
noch immer keine Zusage für die Weiterführung gibt. Die Stadt Wien steht zum
JUBIZ. Wir tun unser Möglichstes, denn wir wissen, dass dort hervorragende
Arbeit geleistet wird. Unsere Unterstützung gibt es immer noch, wir warten auf
die Unterstützung der Bildungsministerin. Es ist dies nämlich ein EU-gestütztes
Projekt, und das EU-Programm läuft heuer aus. Wir hoffen, dass der Bund seinen
Verpflichtungen nachkommen wird und wir das Angebot an die Jugendlichen
weiterführen können.
In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu diesen
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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