Gemeinderat,
6. Sitzung vom 28.02.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 77 von 82
Überbelegte, schlechte Behausungen in Abbruchhäusern und abgewohnten Altbauten dienen nur der Bestätigung von Vorurteilen, was im schlimmsten Fall zu einem Gefühl der Überfremdung führt.
So haben wir schon lange Maßnahmen
zur hohen politischen Durchmischung in dieser Stadt eingebracht und auch
gefordert, dass die Gemeindewohnungen schrittweise für Drittstaatsangehörige
geöffnet werden sollen, jedoch ohne viel Erfolg, weil die SPÖ-Mehrheit in
dieser Stadt vor dieser Frage den Kopf in den Sand gesteckt hat und einfach
alles beim Alten lassen wollte.
Diese Mikadostäbchenmethode
ist erstens sachpolitisch nicht haltbar, weil das Problem einfach aufgestaut
bleibt, und zweitens hätte diese SPÖ-Stadtregierung realpolitisch wissen
müssen, dass die EU eine Richtlinie zur Gleichstellung Drittstaatsangehöriger
bei Gemeindewohnungen beschließen wird. Jetzt liegt die Richtlinie seitens der
EU vor, und wir müssen sie so schnell wie möglich auch in der Vergaberealität
umsetzen.
Wäre man dem ÖVP-Vorschlag
gefolgt und hätte man vor Jahren eine schrittweise Öffnung der Gemeindebauten
für Drittstaatsangehörige durchgeführt, dann wäre diese Dringliche Anfrage
heute nicht nötig, dann würde auch die genannte Schocksituation nicht bestehen,
und die FPÖ könnte daraus kein politisches Kleingeld schlagen.
Diese Stadtregierung hat spätestens seit 2003
gewusst, dass wir eine EU-Richtlinie für die Öffnung der Gemeindebauten für
Drittstaatsangehörige umsetzen müssen werden. Aber anstatt die Sache offensiv
anzugehen, als die ÖVP – wie gesagt – eine Öffnung vorgeschlagen hat,
hat sie nichts unternommen, um die Mieter der Gemeindewohnungen Wiens bezüglich
der anstehenden Änderungen zu informieren und sie darauf vorzubereiten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Leider hat die
SPÖ fälschlicherweise jahrzehntelang geglaubt, dass die Gemeindebauten
exterritoriale Gebiete der Stadt sind. Anders ist nicht zu verstehen, warum sie
mit einem Ausschluss aus den Gemeindebauten jahrelang Menschen diskriminiert
hat, die genauso Steuern gezahlt haben wie Sie und ich auch.
In einem "Standard"-Interview hat Frau
StRin Wehsely von ihrer Integrationspolitik geschwärmt und hat gleichzeitig
erklärt, dass es bei der Öffnung der Gemeindebauten noch keinen Handlungsbedarf
gibt.
Meine Damen und Herren! Ihr Verhalten in der Frage
der Öffnung der Gemeindebauten zeigt eindeutig, dass Sie Integrationspolitik
nur abwehren, aber nicht entsprechend reagieren. Eine solche Politik wird aber
nicht die geeigneten Voraussetzungen für ein Zusammenleben zwischen
MigrantInnen und alt eingesessenen WienerInnen schaffen. Wir brauchen keine
Integrationspolitik, die die Dinge einfach treiben lässt, sondern eine aktive
Integrationspolitik, und zwar vor allem im Wohnungsbereich, die unmittelbar
aber auch die Integration im schulischen und in anderen Bereichen bewirkt.
Sehr geehrte Damen und Herren! Nun geht es um die von
der EU angeordnete und von der Stadt Wien verschlafene Öffnung der
Gemeindebauten für MigrantInnen, doch anstatt jetzt endlich in den
Gemeindebauten Aktionen zu setzen und für Verständnis für diese Tatsache zu
sorgen, macht diese Stadtregierung, was sie immer tut, wenn sie mit Neuerungen
nicht zurecht kommt: Sie versucht zu verschleppen und Zeit zu gewinnen. Da
werden Bewerber einfach abgewiesen, oder man gibt in Beratungsgesprächen
falsche Informationen, um die MigrantInnen abzuwehren. Außerdem schafft man
entsprechende Vergabekriterien, die ebenfalls die Chance für diese Verwaltung
in sich bergen, möglichst viele Bewerber abzuwehren. Auch das ist leider Teil
der SPÖ-Rathauspolitik, die noch immer nicht der Vergangenheit angehört und
gerade bei der Integration viel Schaden anrichtet. So sieht es in der Realität
eines Wohnungsbewerbers ohne Staatsbürgerschaft aus. (Beifall bei der ÖVP.)
Der Satz ist noch nicht ausgeführt, ich musste nur
Wasser trinken, weil ich einen trockenen Hals habe! – Also: So sieht es
aus. Er wird abgewiesen, wenn er nicht durchgehend zwei Jahre an derselben
Adresse gemeldet ist, obwohl dies meines Erachtens gar nicht den Bestimmungen
entspricht. Es leuchtet doch ein, dass gerade Menschen auf der Suche nach einer
Wohnung, die sich schwer auf dem Wohnungsmarkt tun, öfters die Adresse wechseln
müssen!
Mittlerweile hat man im Übrigen, um die Hürden noch
weiter aufzubauen, die Meldefirst von einem Jahr auf zwei erhöht. Sie sehen:
Man überlegt ständig, wie man die EU-Richtlinie unterlaufen kann, aber das ist
genau die falsche Politik, die dazu führen wird, dass die Migranten dieser
Stadt in Ghettos getrieben werden. Dann kommt es zu einer Situation, die wir
nicht haben wollen, denn wir wollen keine solchen Klüfte zwischen MigrantInnen
und WienerInnen, wie es in manchen anderen europäischen Metropolen der Fall
ist. Ganz im Gegenteil: Wir wünschen uns eine gesunde Durchmischung!
Wenn wir schon die Hinhaltetaktik der SPÖ nicht
verstehen, dann ist uns die Haltung der FPÖ vollkommen unverständlich,
besonders im Zusammenhang mit Ihrem Antrag. So weit müsste auch eine
Anti-EU-Partei das europäische Recht kennen – sehr geehrter Herr
Gemeinderat, ich hoffe, Sie hören zu! –, dass sie weiß, dass die
EU-Richtlinien umgesetzt werden müssen. Politisch sei Ihnen gesagt: Wenn Sie
die EU bekämpfen, dann bekämpfen Sie nicht das Problem! Das Problem ist
nämlich, dass Sie und die SPÖ sich nicht zu einer aktiven Integrationspolitik
bekennen, sondern einfach den Konflikt der Kulturen suchen. Hören Sie endlich
auf, die Stimmung so zu vergiften, dass kein friedliches Zusammenleben möglich
ist!
Wir haben eine andere Politik,
nämlich eine Politik der konkreten Maßnahmen, die Verständnis sowohl in Bezug
auf die Ängste der eingesessenen BürgerInnen als auch auf die
Integrationswünsche der MigrantInnen beweist. Deshalb wollen wir faire
Integrationschancen bei gleichzeitiger Wahrung gemeinsamer urbaner Grundlagen.
Diese kann man aber von den MigrantInnen nur einfordern, wenn man sie auch fair
behandelt. Nur so
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