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Gemeinderat, 14. Sitzung vom 20.11.2006, Wörtliches Protokoll  -  Seite 54 von 108

 

Aus all diesen Gründen werden wir selbstverständlich keine Zustimmung zum Voranschlag geben. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender Dr Wolfgang Ulm: Frau GRin Puller gelangt nunmehr zu Wort. – Bitte schön.

 

GRin Ingrid Puller (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Technische Störungen und Gebrechen stehen auf der Tagesordnung im U-Bahn-Netz der Wiener Linien. Ich warte auf einen Aufschrei. Ich warte. (GR Franz Ekkamp: Weil es nicht stimmt!) Ich warte, weil immer, wenn ich gerechtfertigte Kritik an den Wiener Linien übe, dann hat zum Beispiel Herr Hora geschrieben, das sei völlig an den Haaren herbeigezogen, ich schieße über das Ziel hinaus, gehe an der Realität vorbei. Herr Lichtenegger, der Geschäftsführer von den Wiener Linien, meinte: „Sachlich nicht gerechtfertigt, billige Panikmache."

 

Ich darf jetzt Mails vorlesen, die mir Betroffene schicken. Ob Sie dann auch noch sagen, das sind alles Querulanten, Panikmacher? (GR Karlheinz Hora: Wie viele Millionen Fahrgäste werden am Tag befördert?) Wie auch immer, ich habe eine Mail bekommen: „Die Störungen auf der Linie U4 haben ein Ausmaß von 20 Prozent meiner Fahrten erreicht. Nach Beschwerde bei den Wiener Linien hat man mir dort erklärt, dass die Nachtwartung der Züge aus Kostengründen gestrichen wurde und somit die Züge offenbar so lange fahren, bis sie ausfallen. Ich habe weiters auch erlebt, dass nach einer Störung versucht wurde, mit dem offensichtlich schadhaften Zug weiterzufahren und der Zug zwei Stationen später wieder wegen Defekts liegen blieb. Ich habe Aufzeichnungen über die Störungen." - Dieser Herr hat Aufzeichnungen über seine Störungen, über die 20 Prozent, das Ausmaß, was er mit seinen U-Bahn-Fahrten nicht erreicht. Vom 9.3. bis 22.6., hat er exakt ausgeführt, sind das 23 Störungen. Da war er aber noch vom 6.5. bis 28.5. auf Urlaub. Also Querulant, stimmt ja alles nicht! (GR Karlheinz Hora: Der muss aber wirklich ein Pech gehabt haben!)

 

Oder: „Sehr geehrte Damen und Herren! Ich hatte gerade ein erschütterndes Erlebnis in der U6. Es ist etwas passiert, was einfach nicht passieren darf. Ich bin mit meiner Schwester bei der Station Burggasse/Stadthalle gerade eingestiegen, als plötzlich jemand ruft, dass die Tür nicht aufgeht. Eine Dame, die einen Herrn im Rollstuhl führte, wollte aussteigen, aber die Tür ging nicht auf. Gut, das alleine war nicht das Problem. Man kann ja die nächste Tür benützen, denkt man sich. Ja, aber nur, wenn man dorthin kommt. Der Durchgang zwischen den Sitzen war zu schmal. Der Rollstuhl passte nicht durch und da war es dann auch schon zu spät, die U-Bahn fuhr ab. Zum Glück haben sich dann zwei Männer gefunden, die bei der nächsten Station den Herrn mitsamt dem Rollstuhl hinübergehoben haben." - Also da sind schon einmal dieses Design und die Architektur bei den Wiener U-Bahn-Zügen oder auch bei den Straßenbahnen. Das müsste man auch einmal überdenken. Was passiert wirklich, wenn der Herr nicht aussteigen kann, nur weil er im Rollstuhl sitzt und die Tür nicht aufgeht? (GR Karl Dampier: Haben Sie schon einmal einen internationalen Vergleich angestellt? Ich glaube nicht!)

 

Dann, unglaublich der Vorfall, U4-Garnitur von Hütteldorf stadteinwärts, am gestrigen Sonntag gegen mittags: „In offensichtlicher Folge eines technischen Defekts", so seine völlig glaubwürdige Darstellung. - Moment, da bin ich falsch! Okay, der wollte in der Station Schönbrunn aussteigen: „Die Garnitur schoss darüber hinaus, kam unter lauten Geräuschen auf offener Strecke unplanmäßig zum Stehen und schaffte es schließlich ruckweise nach mehrfachen Vorsätzen unter weiter entsetzlichem Getöse, das einen mechanischen Defekt erkennbar machte, mühsam bis in die Station Meidling. Dort durften immerhin nicht nur alle Fahrgäste aussteigen, sondern endlich auch jene, die eigentlich gerne längst in Schönbrunn ausgestiegen wären, hätte der Zug dort einen Halt geschafft."

 

Dazu war im Vergleich das Defekt-Highlight des heutigen Tages schon fast beruhigend. Da musste am Nachmittag die Station Schwedenplatz wegen Brandgefahr evakuiert werden. Durch einen elektrischen Defekt im Schaltwerk einer U4-Garnitur war es zu starker Rauchentwicklung gekommen. Der Wagen wurde eingezogen und da die glosende Garnitur wenigstens brav exakt in der Station zu rauchen begonnen hatte, kam auch niemand zu Schaden.

 

Oder als Letztes, Herr Hora, von den Querulanten und von den PanikmacherInnen: „Als Benützer des öffentlichen Verkehrsmittels fällt es mir auf, dass es in Wien sehr viele Störungen des U-Bahn-Netzes gibt. Da ich zehn Jahre lang in Prag gelebt habe und das dortige Netz größenmäßig mit dem Wiener vergleichbar ist ..." - (GR Karlheinz Hora: Das stimmt nicht!) – „... kann ich die Störungsfreundlichkeit vergleichen und leider sind die Störungen in Wien um vieles häufiger. Da mich das Thema interessiert, habe ich bei den Stadtwerken nachgefragt, ob es so etwas wie eine Statistik der U-Bahn-Störungen gibt. Ja, wurde mit geantwortet, aber die Zahlen werden nicht bekannt gegeben und das finde ich ziemlich feige."

 

Ich habe die Zahlen. Die sind nicht an den Haaren herbeigezogen und ich habe sie mir auch nicht aus der Nase gezogen. Es sind vom 1. Jänner bis Mai 2006 1 630 U-Bahn-Störungen aufgetreten, die mehr als drei Minuten in Anspruch genommen haben. Aber das stimmt ja alles nicht! (GR Karlheinz Hora: Wie viele Stationen haben wir? Wie viele Störungen sind das im Vergleich?) Das sind, ausgerechnet, im gesamten U-Bahn-Netz elf Störungen pro Tag. Das ist alles an den Haaren herbeigezogen?

 

Dabei haben wir ja noch Glück, weil es vielen Leuten zu mühsam ist, dass sie sich beschweren. Das ist halt die Wiener Mentalität. Die regen sich auf, sagen aber dann: „Es hilft ohnedies nichts, wenn ich mich beschwere."

 

Aber das sind Fakten und das sind Bürgerinnen und Bürger, die Zivilcourage haben, die halt Störungen

 

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