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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 25.01.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 34 von 78

 

sagen, akuten Versorgungsnotstand in etlichen Regionen der Stadt. Nach wie vor gibt es Mängel zum Beispiel in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Beim angekündigten neuen Krankenhaus Nord ist nach wie vor unklar, wie es mit dem Standort aussieht. Nach wie vor gibt es trotz Ankündigungen, dass es das nicht geben würde, die vierte Dialyseschicht. Also ich könnten jetzt wirklich alles auflisten!

 

Vielleicht schließe ich die Auflistung damit ab, dass es in Wahrheit sogar eine leichte Verschlechterung gegeben hat und vielleicht gar nicht so eine leichte, sondern eine größere Verschlechterung insofern, als die Pflegeanwaltschaft de facto zerschlagen worden ist und dass dadurch, dass Werner Vogt jetzt auch nicht mehr da ist, schlussendlich auch etwas verschlechtert worden ist, etwas, was wichtig und wertvoll gewesen wäre!

 

Deshalb ist es, wie gesagt, ein schweres Erbe und ich kann nur sagen, die Stadt braucht rasch klare Antworten. Man braucht einen klaren, nachvollziehbaren Plan, wie die dezentrale Pflege, die Pflege zu Hause, ausgebaut werden soll, wie es mit dem Standort für das Krankenhaus Nord aussieht und etliches mehr. Wir hoffen, dass das kommen wird, denn in den letzten Jahren, wie gesagt, sind sehr wohl viele Ankündigungen gekommen, sehr viele Lippenbekenntnisse, aber schlussendlich keine klaren, nachvollziehbaren Konzepte, über die man hätte auch diskutieren können.

 

Ich komme zum Bereich Integration, der meiner Meinung nach zu den wesentlichsten Bereichen einer Stadt wie Wien gehört, wo immerhin ein Viertel der Bevölkerung einen Migrations-Background hat, inzwischen bereits sogar mehr, das heißt, schlussendlich ist das eine der wesentlichsten Fragen für die Zukunft einer derart multikulturellen Stadt. Ich finde, ehrlich gesagt, den Wechsel vom Integrationsressort ins Gesundheitsressort für verfrüht. Meine Wahrnehmung war, dass sich Sonja Wehsely gerade eben erst in diesen Bereich eingearbeitet hatte. Und wenn dieser Wechsel schon sein muss, dann kann ich nicht nachvollziehen, wieso man einmal mehr in der Sozialdemokratie die Chance verpasst hat, an diese Stelle eine Frau mit Migrationshintergrund und auch mit Erfahrung und Engagement in der Frauenpolitik zu setzen und ich meine Nurten Yilmaz, von der ich denke, dass sie dafür durchaus sehr, sehr geeignet gewesen wäre, denn in dieser Position braucht man nicht nur fachliche Kompetenz, nicht nur Engagement, sondern auch Einfühlungsvermögen. Sie hätten eine Frau gehabt, die das alles gehabt hätte, die das hätte machen können und das hätte auch wieder einmal eine Pionierleistung bedeutet, ein Signal, das von dieser Stadt ausgegangen wäre: Die erste Politikerin mit Migrationshintergrund, die tatsächlich auch in eine regierende Position gelangt! Diese Chance haben Sie wieder verpasst. Ich finde es schade.

 

Ich komme zum Bereich Finanzen und Wirtschaft, wo Renate Brauner zweifelsohne erfahren genug ist, um dieses Amt zu übernehmen und möchte nur daran erinnern, dass 2008 neue Finanzausgleichsverhandlungen anstehen und dass diese für die Stadt Wien von massiver Bedeutung sein werden. Wir brauchen eben mehr Geld für Armutsbekämpfung in dieser Stadt. Wir brauchen eben mehr Geld für Infrastrukturprojekte, vor allem im Zusammenhang mit dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs in dieser Stadt. Ja, und das hat etwas mit Klimaschutz zu tun und das sollte höchste Priorität sein und das ist nicht da. Dieses Geld fehlt in Wien. Und wir brauchen mehr Geld und mehr Lehrerinnen und Lehrer für Wiens Schulen. Das heißt, hier gibt es eindeutige Vorgaben, was zu erreichen ist, und ich möchte hoffen, dass hier wirklich mit voller Kraft und mit vollem Engagement im Sinne der Stadt verhandelt wird.

 

Ansonsten wäre es höchste Zeit, die Wirtschaftsförderung zu modernisieren und auch eine Reform anzugehen. Hier wäre aus Sicht der GRÜNEN besonderes Augenmerk auf Kleinstbetriebe und auf Ein-Personen-Unternehmen zu legen. Und wenn Renate Brauner dieser Tage angekündigt hat, dass sie sich für die Sonntagsöffnung im Sinne der Hotellerie einsetzen möchte, als deren Vertreterin sie sich sieht, dann hoffe ich von Herzen, dass die Finanzstadträtin Renate Brauner nicht vergisst, was die Sozialstadträtin Renate Brauner meinte. Denn eine Sonntagsöffnung ohne gleichzeitige Besserstellung der Situation der Menschen im Handel ist hochproblematisch. Und solange es hier keinen Mindestlohn auf Stundenbasis gibt, würden wir damit ganz, ganz große Probleme für Tausende von Menschen in dieser Stadt und für ihre Familien schaffen, von denen ich nicht sicher bin, ob wir sie so haben wollen. Das heißt, hier in dieser Frage erwarte ich mir genauso viel Engagement und auch genauso viel Sensibilität wie sie sie in den Jahren davor in einer anderen Rolle gezeigt hat. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ich fasse es damit zusammen, dass ich es schade finde, dass hier bei dieser Personalrochade Chancen vertan wurden. Mir scheint es so zu sein, dass wieder einmal, wie in der Sozialdemokratie eben so oft, für diese Entscheidungen parteiinterne Sachzwänge den Ausschlag gegeben haben und weit weniger die Frage, wer wofür fachlich am besten geeignet wäre. Das, wie gesagt, finde ich in der Tat sehr schade.

 

Und alles in allem: Ja, in dieser neuen Zusammensetzung ist das eben die Fortsetzung einer Stadtregierung, so wie wir sie vorher hatten. Es fehlen die Konzepte, es fehlen die Visionen, es fehlt der Wille zu irgendeinem großen Wurf in irgendeinem Bereich. Ja, ich gehe davon aus, dass die so oft zitierte und berühmte und von Ihnen heißgeliebte Politik der kleinen, kleinen, kleinen Schritte, so kleine Schritte, dass man die Lupe braucht, um sie zu sehen, diese Politik der kleine Schritte sehe ich als Fortsetzung vor mir.

 

Aber eine Sache freut mich schon, dass nämlich dadurch, dass die Sozialdemokratie jetzt in der Bundesregierung sitzt, wir nicht mehr dieses Suderlied „Der Bund ist schuld, der Bund ist schuld, der Bund ist an allem schuld!“ zu hören bekommen werden. Jetzt sitzen Sie in der Bundesregierung. Schauen wir einmal, was jetzt daraus wird. Schade jedenfalls, Wien hat mehr verdient. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

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