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Gemeinderat, 18. Sitzung vom 02.03.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 99 von 104

 

und als Selbstständiger bekommt er keine Arbeitslose.

 

Ein Obst- und Gemüsehändler, der seit 20 Jahren tätig ist, hat sich dort drei Stände aufgebaut und hat vier Angestellte. Er sagt - er ist Vater von drei Kindern -: „Wer zahlt die Schulden? Ich zittere vor Angst.“ - Seine Frau sagt: „Ich finde die Vorgangsweise zum Kotzen.“ - Und sie drückt aus, was sich eigentlich alle denken.

 

Bis vor Kurzem war es für die Leute fix, dass dieser Markt modernisiert wird und im Gesamtprojekt seinen Platz findet. Da wir alle wissen, dass ein Markt auch ein integrationspolitisches Instrument ist, ist es besonders fragwürdig, warum Sie als Integrationspolitikerin einen Markt schließen lassen. Die Leute fühlen sich allein gelassen, und sie haben keinen Ansprechpartner. Es werden zusätzlich 300 Arbeitsplätze vernichtet. Das ist eine Täuschung der Leute gewesen, und die Vorgangsweise war und ist unmenschlich! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Die Wiener Stadtregierung sollte einen Blick in die Geschichtsbücher machen. Die Märkte waren und sind Kristallisationspunkte, sie haben zur Entwicklung von Städten wesentlich beigetragen, sie sind kulturelle Orte, wirtschaftliche Orte und soziale Orte. Schauen Sie in diesem Zusammenhang in andere Metropolen, von Paris bis Barcelona, welchen Wert sie für eine Stadt haben, auch für den Tourismus, und wie Marktentwicklungskonzepte ausschauen, was für einen Markt getan werden kann. Die Wiener Stadtregierung bringt die Stadt um einen Teil ihrer Kultur, und diesem Marktzerstörungsprozess muss Einhalt geboten werden.

 

Wir bringen hier zwei Anträge dazu ein. Der erste ist folgender Beschlussantrag von Dr Tschirf, Dr Aichinger und mir:

 

„Die amtsführende Stadträtin für Integration, Frauenfrauen und Konsumentenschutz möge den Erhalt des Marktes bei Wien-Mitte, der Landstraßer Markthalle, sicherstellen und die für die Erneuerung und Attraktivierung des Standortes erforderlichen finanziellen Mittel ehestmöglich bereitstellen.

 

In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung beantragt." (Beifall bei der ÖVP.)

 

Dann stellen wir einen weiteren Beschlussantrag, gemeinsam mit Dr Wolfgang Ulm, Mag Ekici und Monika Riha, betreffend Sofort-Investition in Wiener Märkte, Landstraßer Markthalle. Insgesamt 920 000 EUR sind ursprünglich noch 2006 für Investitionen in die Wiener Märkte vorgesehen gewesen, sie sollen nun einer Rücklage zugeführt werden. Im Hinblick auf die derzeitigen Probleme der Märkte, zum Beispiel Markthalle bei Wien-Mitte oder Meiselmarkt, ist es unverständlich, dass eine solch enorme Summe übrig geblieben ist und nicht gleichzeitig für die Sanierung von Märkten verwendet wurde, wo das mehr als dringend notwendig ist. Denn die Erhaltung, Sanierungen und Erneuerung ist ja wohl eine der zentralen Aufgaben der Wiener Stadtverwaltung.

 

Wir stellen folgenden Beschlussantrag.

 

„Die amtsführende Stadträtin möge die 920 000 EUR, die im Budget 2006 für Investitionen vorgesehen waren und die nun einer Rücklage zugeführt werden, 2007 für Sofort-Investitionen in die Wiener Märkte, vor allem in die Landstraßer Markthalle, bereit stellen.

 

In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung beantragt." (Beifall bei der ÖVP.)

 

Wir werden alles tun, um zu versuchen, die Rettung der Halle dennoch zu erreichen. Unsere zentrale Forderung ist und bleibt die Sanierung und Erhaltung der Markthalle. Denn manchmal, Herr Bürgermeister, geht es nicht nur um unternehmerisches Denken, vor allem nicht, wenn man Stadtregierung ist und auch eine kulturelle und arbeitsmarktpolitische Verpflichtung hat. - Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Matiasek. Ich erteile es ihr.

 

GRin Veronika Matiasek (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Bürgermeister! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Diese Dringliche Anfrage gibt sicher dazu Gelegenheit, jetzt - wenn auch zu vorgerückter Stunde - nicht nur ganz speziell über das Problem des Landstraßer Marktes, sondern vielleicht auch generell zur Situation der Märkte in Wien, aber auch zur Situation der Nahversorgung oder Geschäftsstraßen, ein paar Worte zu sagen.

 

Wenn man sich die aktuelle Situation - jetzt mit oder ohne Landstraßer Markt - der Märkte in Wien anschaut, muss man schon feststellen, dass sie ja so problemlos nicht ist. Letztes Beispiel war etwa der Brunnenmarkt, wo man sich ein neues Konzept vorgestellt hat, das in vielen Bereichen doch an den Interessen der Betreiber, aber auch, wenn man mit den Einkaufenden auf diesem Markt spricht, an deren Interessen vorbeigeht. Wenn man sich die zuletzt sanierten Märkte in Wien anschaut, dann muss man feststellen, dass dieses Marktkonzept in die Richtung geht, dass man eine Normierung der Märkte, ein Einheitsbild, eine Einheitsbudenart, die teuer ist, aber auch steril wirkt, der Bevölkerung vorsetzt oder vorsetzen will.

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, ein ganz wesentlicher Punkt, von dem ein Markt lebt, ist auch sein Flair. Das heißt nicht, dass man unhygienischen Umständen das Wort redet, aber ich glaube, man muss eben eines auch ganz deutlich unterscheiden: Haben wir einen temporären oder einen permanenten Markt vor uns? Handelt es sich um eine Markthalle? Oder haben wir es mit einem offenen Markt zu tun, haben wir es mit einem Straßenmarkt zu tun? Ich glaube, dass man die Märkte an sich nicht über einen Kamm scheren kann, sondern dass man bei einer Revitalisierung und Sanierung auch sehr genau auf die vorhandenen Gegebenheiten Rücksicht zu nehmen hat.

 

Wenn wir das in den Gesamtkontext der Wiener Nahversorgung oder auch der Entwicklung der Geschäftstraßen stellen, dann kommt es mir schon ein bisschen so vor - und diese Kritik muss ich hier anbringen -, dass man auf der einen Seite die Geschäftsstraßen eher markt- oder basarartig verwandelt, indem riesige Ausräumungen auf den Straßen stattfinden dürfen. Ich kann mich erinnern, ich bin jetzt auch schon relativ lange in der Kommunalpolitik, und als ich 1987 als kleine

 

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