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Gemeinderat, 20. Sitzung vom 27.04.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 33 von 108

 

nachgefragt. Wir könnten sogar so weit gehen, dass wir dieses Schulsystem exportieren; genügend Länder interessieren sich dafür. Das aber wollen Sie nicht immer gerne zur Kenntnis nehmen, und Sie verunsichern auch unsere berufsbildenden mittleren und höheren Schulen mit allfälligen Abschaffungen.

 

Bekennen wir uns zur Differenzierung! Reden wir darüber, dass vor allem bei den 10- bis 14-Jährigen in der Vergangenheit zu wenig auf Standards, auf Leistung und auf Qualität geschaut wurde. (GR Mag Rüdiger Maresch: Das ist doch Gehrer-Politik pur, was Sie uns da erzählen!) Gehrer hat viel für die Schulqualität getan, nur leider wurde das in Wien ignoriert. (Widerspruch bei den GRÜNEN.)

 

Man hat gerade in Wien kein verbindliches Qualitätsmanagementsystem. (GR Mag Rüdiger Maresch: Braucht man auch nicht!) Gerade Wien hat kein verbindliches Qualitätsmanagementsystem, auch wenn Sie das so verschreckt. Ich weiß ja, wer für die Abschaffung der Bildungsstandards ist, der ist auch für die Abschaffung von Qualitätsstandards und Qualitätskriterien. (Beifall bei der ÖVP. – GR Mag Rüdiger Maresch: Das ist uralte Politik!) Auch Uraltes ist oft gut.

 

Es geht darum, dass wir über die ... (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Wir sind im 21. Jahrhundert!) Im 21. Jahrhundert ist der Begriff der Allgemeinbildung und Berufsbildung immer noch sehr modern, denn es ist wichtig, dass wir neue pädagogische Erkenntnisse nutzen, (GRin Mag Maria Vassilakou: Ja, eben!) neue pädagogische Erkenntnisse nutzen. (GR Mag Rüdiger Maresch: 36 SchülerInnen pro Klasse, habe ich gelesen!) Ja, 36 SchülerInnen pro Klasse, weil Wien nicht planen kann. Da bin ich bei Ihnen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Aber kommen wir dazu, dass neue pädagogische Erkenntnisse dahin gehend überall aufzeigen, dass es vor allem um die Anforderungen und die Fördermaßnahmen geht. Es geht darum, dass wir uns dazu bekennen, dass wir nicht zwei Kategorien von 14-Jährigen haben wollen, die einen, die den Lehrplan können und die anderen, die den Lehrplan ignorieren müssen. Das kann nicht die Zukunft unseres Bildungskonzeptes sein, wir brauchen daher flexible neue Formen, die eine schrittweise Kooperation ermöglichen.

 

Und lassen Sie mich das am Beispiel der AHS in der Wasagasse mit der Kooperativen Mittelschule in der Glasergasse darstellen. Warum fördern wir nicht gemeinsam den Ausbau dieses Schulzentrums? Warum fördern wir nicht gemeinsam die Zusammenarbeit der Lehrerinnen und Lehrer? Hören wir auf, uns über Etiketten zu unterhalten und reden wir über Kooperationsmodelle, Kooperationsmodelle auf einem modernen, pädagogisch-didaktischen Standard. Und warum bringen wir nicht alle Kooperativen Mittelschulen und Hauptschulen dazu, mit den AHS verbindlich und mit den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen gemeinsam für die Durchlässigkeit des Systems zu sorgen.

 

Denn es geht nicht um die Etikette, die draußen steht, sondern um die Durchlässigkeit unseres Gesamtsystems. Und darüber sollten wir gemeinsam nachdenken, wie wir diese Kooperationen verbindlich machen, wie wir hier fließendere Übergänge ermöglichen, wie wir hier Lehrerinnen und Lehrer ins Boot holen, wie wir hier Schüler und Eltern gemeinsam dafür begeistern können, wie moderne flexibilisierte Systeme der Kooperation zwischen verschiedenen Schul- und Bildungsangeboten ausschauen können.

 

Uns ist es besonders wichtig, dass nicht die Schulaufsicht die Lehrerinnen und Lehrer anweist, die Augen zuzudrücken, wenn Kinder bestimmte Leistungen nicht erbringen, sondern uns ist es wichtig, ein Schulsystem zu kreieren, in dem die Leistungen für die Schülerinnen und Schüler und für die Lehrerinnen und Lehrer motivierend sind und indem wir über individuelle Fördermaßnahmen diskutieren. Wie können wir sicherstellen, dass die Bildungsstandards, die im Lehrplan festgehalten und im Lehrplan 99 auch zwischen Kern- und Erweiterungsbereich differenziert sind, wie können wir also sicherstellen, dass der Kernbereich mit 14 zu gemeinsamen Standards und zu gemeinsamen Kompetenzen führt.

 

Gerade das Europäische Sprachenportfolio ist zukunftsweisend. Gerade das Europäische Sprachenportfolio redet nämlich von umfassenden Kompetenzen, nicht nur von Faktenwissen oder Grammatikwissen. Und dieses Sprachenportfolio sieht genau jene Differenzierung und Individualisierung vor, die uns vorschwebt, nämlich ein ganzheitliches Bildungssystem, in dem vom kulturellen Verständnis bis zur Alltagssprache und bis zur Länderkunde die verschiedenen Leistungsstufen und Kompetenzstufen in einem Portfolio umfassend dargestellt werden. Ein derartiges Kompetenzmodell ist für uns zukunftsweisend und nicht, wie die GRÜNEN es offensichtlich verstehen, abzulehnen.

 

Reden wir stärker über Wissen, Können und Haltungen, reden wir stärker über das, dass ähnlich dem Europäischen Sprachenportfolio, wir so ein Portfolio auch für den Kulturbereich brauchen, nämlich ein Kulturportfolio. Auch das wird ja an verschiedenen privaten Schulen, die Reformpädagogik ausprobieren, sehr stark in den Mittelpunkt gerückt. Es ist uns daher wichtig, dass die unterschiedlichen Kompetenzen sichtbar werden, transparent werden und diese individuelle Förderung auch tatsächlich für jedes Kind angeboten wird.

 

Wir müssen uns stärker darüber unterhalten, wie in der Diskussion wieder die Kinder in den Mittelpunkt kommen, denn derzeit diskutieren wir nur über das Gebäude, in das sie hineingehen sollen, in ein Gebäude, das noch dazu desolat ist. Und ich möchte der Wiener SPÖ nicht unterstellen, dass sie jetzt einfach über die Diskussion, die die Frau Präsidentin angekündigt hat, nämlich über die Abschaffung der AHS, plötzlich dazu übergeht, dass der Bund für alles zuständig werden soll. Ich gehe davon aus, dass mit dem vorliegenden Entwurf zum Budget die SPÖ selbst Geld in die Hand nimmt, zu dem sie gesetzlich auch verpflichtet ist, und vielfältige Schulen fördert.

 

Der Maulkorberlass der Präsidentin des Stadtschulrates ist genau jener Hinweis, der aufzeigt, dass die SPÖ offensichtlich nicht für einen solchen demokratischen

 

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