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Gemeinderat, 20. Sitzung vom 27.04.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 34 von 108

 

Diskurs ist, für Offenheit und Ehrlichkeit, sondern vieles zu verbergen hat. Also bauen wir die Schulautonomie aus und lassen wir die Schulleiterinnen und Schulleiter ehrlich reden über die Probleme, die sie tatsächlich in den Schulen haben. Beteiligen wir alle Schulpartner, so wie es in Ihrem neuen Resolutionsantrag steht, beteiligen wir alle Schulpartner an diesem Diskurs, sorgen wir für einen breiten gesellschaftlichen Konsens, der auch die Eltern und Schüler einbezieht, anstatt sie tagtäglich zu verunsichern, dass es nun die Schule der Einfalt geben soll. Also reden wir nicht von einfältigen Schulen, sondern von vielfältigen Schulen, vom Ausbau der Schulautonomie, von Bildungsstandards und von Qualitätssicherung.

 

Bauen wir Brücken in den Medien und reißen wir nicht die Brücken ab, bauen wir die Brücken in den Medien, auch was den ehrlichen Diskurs betrifft, führen wir einen ehrlichen Diskurs darüber, dass die GRÜNEN offensichtlich mit der Ablehnung der Bildungsstandards ganz einfach auch ein verkrampftes Verhältnis zur Leistungsorientierung und Wettbewerbsorientierung haben. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Ich nehme zur Kenntnis, dass die GRÜNEN offensichtlich nicht an einer Verbesserung unseres Schulsystems interessiert sind, sondern allein an einer ideologischen Debatte, die die Probleme und Herausforderungen der Schule ganz einfach ignoriert.

 

Wenn Wien ein ungelöstes Integrationsproblem hat, dann müssen wir dieses lösen. Wenn Wien derzeit nicht sicherstellt, dass die Schülerinnen und Schüler sich in diesem Kulturkreis sicher bewegen und leben können, so ist es notwendig, dass wir dafür Rahmenbedingungen schaffen. Wenn wir die Nachmittagsbetreuung, so wie sie gesetzlich vorgesehen ist, nicht tatsächlich allen Kindern zwischen der ersten und der neunten Schulstufe ermöglichen, wenn sie es wünschen, dann wird diese Integrationspolitik weiter fortgesetzt, die bisher ein Scheitern im Schulerfolg verursacht hat.

 

Uns ist es wichtig, gemeinsam mit diesen Beteiligten einen Zustand anzustreben, in dem Chancengerechtigkeit für alle Schülerinnen und Schüler künftig möglich wird. Aber Chancengerechtigkeit heißt, die Chance auf einen erfolgreichen Einstieg ins Berufsleben zu haben, heißt, eine faire Chance zu haben, auch einen Arbeitsplatz zu bekommen.

 

Wenn Schülerinnen und Schüler ihre Schulzeit abgesessen haben, ohne zu einem erfolgreichen Pflichtschulabschluss zu kommen, dann haben genau jene SchülerInnen keine Chance. Aber warum haben sie keine Chance? Weil sie zu wenig Kenntnisse mitbringen, um sich erfolgreich für eine Lehrstelle zu bewerben, um sich erfolgreich für eine weiterführende Schule zu bewerben. Daher ist Qualitätssicherung angesagt vom Kindergarten bis zum 14. Lebensjahr, um die Schnittstelle der Durchlässigkeit zu den höheren Schulen und zur dualen Ausbildung zu ermöglichen. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Also reden wir über das, was Kinder können sollen mit 14, mit 13, und reden wir darüber, was Kinder können sollen mit 17, mit 18, reden wir darüber, dass die Schulpflicht nicht ausreicht, um die Ausbildung sicherzustellen. Also reden wir über eine Ausbildungspflicht statt einer Schulpflicht und reden wir darüber, dass es notwendig ist, Kinder gut auszubilden, um ihnen in einer dualen Ausbildung dieselben Chancen zu geben, wie in den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen.

 

Nur durch ein Bekenntnis zu dieser individuellen Förderung wird es möglich werden, Innovationen auch in struktureller Form zu fördern und zu unterstützen. Diese individuelle Förderung zeigt auf, dass gerade am Land eine Hauptschule, die in Wien so schlecht geredet wird, (GR Mag Rüdiger Maresch: 20 Jahre habt Ihr Zeit gehabt!) so sehr geschätzt wird, dass dort alle Schülerinnen und Schüler hin wollen.

 

Also, allein der Begriff Hauptschule - und das zeigt sich an dem Thema - ist noch keine Etikette, die gut oder schlecht ist. Ich weiß, dass Ihnen das schwer fällt, dass es Gemeinden gibt, die sich ganz massiv für ihre Hauptschule aussprechen, weil sie stolz sind auf die Leistung und die Qualität, die dort geboten wird. (GR Mag Rüdiger Maresch: Aber in Hietzing mit 80 Prozent Mittelschülern!) Ja, das fällt schwer.

 

Dass in Wien eine AHS, in der 50 Prozent ohne eine Differenzierung unterrichtet werden, das Qualitätsniveau nicht in dem Ausmaß halten kann, das haben wir in den vergangenen Jahren gesehen. Wir sind bereit, über Reformen nachzudenken, aber dann, wenn sie auf der Basis von verbindlichen Qualitätsstandards beruhen. Denn die Eltern haben ein hohes Sensorium dafür, ob das jetzt nur ein Schwindel in der Etikette ist und hier nur das Türschild ausgetauscht wird, oder ob hier tatsächlich die Bildungschancen unserer Kinder erhöht und verbessert werden.

 

Den Eltern geht es nicht um den Begriff, den Eltern geht es um den Inhalt. Schüler und Eltern wollen nicht an der Verpackung etwas geändert haben, außer dass die Fassade erneuert wird - aber im baulichen Zustand -, sondern Schüler und Eltern wollen sichergestellt haben, dass Leistung gefordert wird.

 

Wenn ein Kind in der Volksschule einen Dreier in einem Gegenstand hat, dann heißt es noch lange nicht, dass diese Beurteilung übereinstimmt mit den Beurteilungskriterien der anderen Lehrerinnen und Lehrer. Daher brauchen wir genau jene Qualitätskriterien und Bildungsstandards, die sicherstellen, dass die Transparenz in der Leistungsbeurteilung auch tatsächlich gerecht ist. Wenn bei dem einem Lehrer der Dreier nach bestimmten Kriterien vergeben wird und beim anderen nach anderen Kriterien, dann sind genau das die Punkte, die auch von allen Expertinnen und Experten in der Vergangenheit immer aufgezeigt wurden.

 

Es geht daher um Verbindlichkeit im Wissensstandard, die herzustellen ist, und auch darum, die Beurteilung transparent zu machen. Es geht darum, nicht zu selektieren, sondern zu fördern und zu fordern. Aber fordern von einem gemeinsamen Ziel, fordern unter dem Motto „Gemeinsame Inhalte". Wir könnten in dem Sprachportfolio ein Kulturportfolio haben, wir könnten ein naturwissenschaftliches Portfolio haben, ein

 

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