Gemeinderat,
20. Sitzung vom 27.04.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 65 von 108
die man für Frauen zu tun vorgibt, sind den Familien
in dieser Stadt und in Österreich insgesamt jedoch vorenthalten worden!
Wie schauen unsere Förderrichtlinien aus? – Es
gibt in den Förderrichtlinien offensichtlich keine Kriterien, die auf
Familienfreundlichkeit abstellen. Wie schaut es bei den Bildungsprogrammen und
bei den Qualifizierungsprogrammen aus? – Da gibt es kaum Kriterien, die
die Familienfreundlichkeit in den Mittelpunkt der Politik stellen!
Meine Damen und Herren! Wir wollen daher, dass die
öffentlichen Gelder ganz bewusst so gesteuert werden, dass sie von vornherein
auch in Richtung Familien gelenkt werden. In der Budgetpolitik muss es daher
einen zentralen Ansatz geben, damit eine Lenkung der Mittel in Richtung unserer
Familien erfolgt. Beim Gender Mainstreaming gibt es auch das Gender Budgeting,
welches eben ein Ansatz ist, Mittel von vornherein in eine gewisse Richtung zu
lenken: Es werden von vornherein alle Ausgaben der öffentlichen Hand darauf
überprüft, wie sie sich auf Frauen und die Geschlechter in unserer Stadt
auswirken.
Meine Damen und Herren! Wenn ich an Sie die Frage
richte, wie sich all diese Aufgaben der Stadt auf die Familien auswirken und
welche diesbezüglichen Untersuchungen es gibt, dann werden wir feststellen,
dass wir das nicht wissen, weil das dieser Stadtregierung eigentlich egal ist.
Meine Damen und Herren! Ihnen sind die Familien in
Wirklichkeit egal! Das hat heute auch der Umgang mit unseren Lehrlingsanträgen
gezeigt. Und das hat sich auch in der Fragestunde gezeigt, als die neue
Gesundheitsstadträtin nach zehn Jahren draufgekommen ist, dass es auch
Kindergesundheit in dieser Stadt gibt. Mit Ihren ideologischen Scheuklappen
haben Sie einen Frauengesundheitstag eingeführt. Nach einer Schrecksekunde sind
Sie draufgekommen, dass es auch Männer in dieser Stadt gibt: Dann haben Sie
einen Männergesundheitstag eingeführt. Und die Wiener Freiheitlichen haben als
Antwort darauf vor zehn Jahren den ersten Wiener Kindergesundheitstag
eingeführt, meine Damen und Herren! – Eigentlich ist es traurig, dass die Stadt
zehn Jahre gebraucht hat, um draufzukommen, dass es auch in Wien
Kindergesundheit gibt! (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren! Wir haben heute schon
festgestellt, dass Sie bei Ihrem Landesparteitag die Freifahrt für Obdachlose beschlossen
haben, und zwar wahrscheinlich auf Druck der Sozialistischen Jugend, die sich
sonst nach dem Bruch aller Wahlversprechen abgespaltet hätte. Sie sind darauf
eingestiegen, und die Familien werden weiter zahlen müssen! Das haben wir heute
auch von Kollegin Klicka gehört: Wien ist jedenfalls die falsche Adresse. Der
Selbstbehalt ist in Ordnung. Eltern werden für ihre Kinder weiterhin den
Selbstbehalt für die Lehrlingsfreifahrt, für die Schülerfreifahrt und für die
Netzkarte sowieso zahlen müssen. Da heben Sie die Tarife sogar an: Mit
Jahresmitte werden die Tarife für die Wiener Familien um 10 Prozent
angehoben.
Meine Damen und Herren von der SPÖ! Ich meine daher,
es ist falsch, die Freifahrt für Obdachlose zu beschließen, so lange Sie die
Familien in dieser Stadt benachteiligen! Wir fordern Sie auf: Ändern Sie Ihre
Prioritäten endlich, und tun Sie etwas für die Familien! (Beifall bei der
FPÖ. – GR Dipl-Ing Martin Margulies: Klare Mietzinsobergrenzen!)
Im Mittelpunkt des Budgets soll daher die Familienpolitik
stehen: Die Verteilung der Haushaltsmittel soll ganz grundsätzlich unter dem
Aspekt der Auswirkung auf die Familien in unserer Stadt erfolgen. Wir wollen
eine neue, familiengerechte Budgetierung. Wir streben eine Familienbudgetierung
in allen öffentlichen Haushalten der Gebietskörperschaften an, damit das Geld
zielgerichtet an die Wiener Familien weitergeleitet wird. Wir wollen in allen
Magistratsabteilungen Steuerungsgruppen einrichten, die den Fluss der Mittel
überprüfen sollen, wie das beim Gender Budgeting bereits der Fall ist.
Wir müssen die Auswirkungen dieser Budgetposten auf
die Familien im Allgemeinen, auf den Arbeitsmarkt und auf den Zugang der
Familien zu öffentlichen Dienstleistungen untersuchen. Sehr wichtig hiebei ist
auch der Wert, den die Familien durch die Kindererziehung und durch diverse
weitere unbezahlte Leistungen für die Gesellschaft erbringen. Das betrifft alle
Bereiche und alle Geschäftsgruppen der Stadt, aber auch die ausgegliederten
Bereiche, die Spitäler, Wiener Wohnen, den ArbeitnehmerInnenfonds, den
Wirtschaftsfonds und auch den Fonds Soziales Wien.
Meine Damen und Herren! Wir bringen daher folgenden
Beschlussantrag ein:
„Die amtsführende Stadträtin für Finanzen und
Wirtschaftspolitik wird ersucht, erstens einen Plan zur Implementierung einer
familiengerechten Budgetierung vorzulegen, zweitens in allen Geschäftsgruppen
und Magistratsabteilungen budgetäre Mittel für die Umsetzung einer
familiengerechten Verwaltung bereit zu stellen, drittens in allen
Magistratsabteilungen Steuerungsgruppen zur Umsetzung einzurichten, viertens
auch dem Gemeinderat einen Entwurf vorzulegen, um das Kriterium der
Familienfreundlichkeit bei der Auftragsvergabe der Stadt in der Planung, in der
Vergabe und auch in der Umsetzung zu berücksichtigen.
Die amtsführenden Stadträte sollen dazu jedes Jahr
per Stichtag 1. Juni den jeweiligen Ausschüssen in Form eines
schriftlichen Berichtes auch darlegen, welche Schritte zu einer
familiengerechten Verwaltung bisher vorgenommen worden sind und welche konkreten
Schritte eine höhere Chancengleichheit für die Familien bewirken können.“
Meine Damen und Herren! Ich
glaube, wir brauchen ein Bekenntnis zur Familie, weil die Familien heute zu den
am meisten benachteiligten Gruppen in unserer Gesellschaft gehören. Wir
brauchen ein Bekenntnis zur Beendigung dieser Nachteile. Die Politik hat nicht
nur für Randgruppen tätig zu sein und für geschlechterspezifische Behandlung zu
sorgen, sondern sie hat vor allem die zentrale Aufgabe, den Familien durch die
Stadt zumindest einen Teil dessen wieder zurückzugeben, was
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