Gemeinderat,
22. Sitzung vom 25.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 140
Teil einnehmen zu können, wie es in einzelnen Bundesländern in der Bundesrepublik möglich ist, würde den Kassen von Wien tatsächlich etwas nützen.
Damit man nicht glaubt, das sind ganz krause Ideen –
denn ich kenne ja die Gegenargumente der Wirtschaftskammer, der
Industriellenvereinigung, der Volkspartei –: Wenn man in Österreich
vermögensbezogene Steuern einführen würde, die ein Volumen von
5 Milliarden EUR ausmachen, dann sind wir nur im OECD-Durchschnitt.
Da sind wir nicht irgendwo abgehoben, sondern da sind wir einfach dort, wo viele
andere Länder auch sind, schön im Durchschnitt der OECD, also nicht irgendetwas
Abwegiges, weit hinter den USA und anderen Ländern, die man wohl nicht
unbedingt in irgendeine linke Ecke abschieben würde. Hätten wir die
Vermögenssteuern der Vereinigten Staaten von Amerika, wären das in Österreich
13 Milliarden EUR.
Weil wir
ja vom Wiener Rechnungsabschluss reden, was würde das denn für Wien bedeuten?
Wenn wir österreichweit zusätzlich 5 Milliarden EUR einnähmen,
bedeutete das über den Finanzausgleich, so wie er bis jetzt ist, also wenn er
nicht geändert wird, über 300 Millionen EUR zusätzlich für die Wiener
Kassen. Und mit 300 Millionen EUR sind nicht nur die dringendsten
Politikfelder sanierbar, mit 300 Millionen EUR wären wir in der Lage,
tatsächlich die grünen Vorschläge eins zu eins umzusetzen.
Wer die Vermögenssteuer insgesamt für so unfair hält,
den möchte ich daran erinnern, dass jetzt eine Vermögenssteuer eingeführt wird,
die weit mehr als 0,75 Prozent OECD-Durchschnitt bedeutet, nämlich 90 oder
mehr Prozent sein kann. Wenn es jemand geschafft hat, sich in seinem Leben
50 000 EUR auf die Seite zu legen – ein Betrag, der von der
Vermögenssteuer der GRÜNEN nicht betroffen wäre –, dann wird die Person in dem
Fall, dass sie pflegebedürftig wird am Ende ihres Lebens, heruntergepfändet bis
auf 5 000 EUR. Das ist eine Vermögenssteuer von 90 Prozent! Wenn
man nicht viel hat, dann gibt es schon eine Vermögenssteuer. Wenn man mit viel
Mühe bis zu seiner Pension 50 000 EUR angesammelt hat, kann es sein,
dass man – nachdem heute nicht alle jung Kinder kriegen –, noch bevor die
Kinder, die Enkel, die Urenkel das brauchen – die Enkel, nehmen wir die Enkel
–, bevor die Enkel das brauchen würden für das Studium, selber Pflegefall wird,
und dann schlägt die Vermögensbesteuerung durch, dann gibt es einen Regress,
der bis auf 5 000 EUR heruntergeht. Das ist ein absolut unhaltbarer
Zustand. Bei Vermögenssteuern bitte nicht bei denen ansetzen, die sich mit Müh
und Not 10 000, 20 000, 50 000 EUR auf die Seite gelegt
haben, sondern bei denen anfangen, bei denen es nicht so weh tut, nämlich bei
denen, die im Schnitt wesentlich höher liegen, also eher bei
1 Million EUR oder zumindest bei einer halben. (Beifall bei den
GRÜNEN.)
In der
Bundesrepublik Deutschland wissen das auch Leute, die viel haben. Da gibt es
den Herrn Peter Krämer – ich wäre froh, wenn wir einen finden würden in
Österreich, der das ähnlich sagen würde –, einen Mehrfachmillionär aus Hamburg,
der ganzseitige Anzeigen in der „FAZ“ und in anderen Tageszeitungen geschaltet
hat, die im Wesentlichen gelautet haben: „Weg mit den Massensteuern oder
zumindest keine Erhöhung" – das war damals anlässlich der Erhöhung der
Mehrwertsteuer –, „besteuert die Reichen, besteuert mich!" Und er hat
20 Kollegen und Kolleginnen gefunden, die diesen Aufruf mit unterzeichnet
haben.
Das ist
keine linke Spinnerei, Vermögenssteuern sind einfach ein Beitrag zu mehr
sozialer Gerechtigkeit und sind ein absolutes Muss bei sinkenden Löhnen, bei
einer sinkenden Lohnquote. Irgendjemand wird die Steuern einbringen müssen,
irgendjemand wird das Sozialwesen zahlen müssen, und entweder finanzieren Sie
es über die Lohnsteuer, also höhere Lohnsteuer, oder über die Mehrwertsteuer,
also Erhöhung der Mehrwertsteuer, oder über Vermögenssteuern. Viele andere
Alternativen gibt es nicht in dem Bereich. Es würde lohnen, darüber intensiver
nachzudenken.
Ich nutze
die letzten paar Minuten, um eine intellektuelle Tieffliegerei anzusprechen,
die mich immer wieder ärgert da herinnen, weil sie bei jeder Rechnungsabschlussdebatte
und bei jeder Budgetdebatte wieder kommt: Die Streitereien darüber, was denn
jetzt genau Minderheitsrechte sind, was denn jetzt genau ein gerechtes
Wahlrecht ist.
Herr
Klubobmann Tschirf hat wieder einmal ausgeführt, dass man in Wien mit weniger
als 50 Prozent der Stimmen eine absolute Mehrheit erhalten kann. Jetzt
finden wir das auch nicht gut, aber die Österreichische Volkspartei findet das
in allen Bundesländern ganz exzellent, in denen sie selber den Landeshauptmann
stellt. Überall dort, wo die ÖVP regiert, gibt es das auch, weil wir in
Österreich auf nahezu allen Ebenen – angefangen bei der Hochschülerschaft bis
hin zu den Landtagen und zum Nationalrat – zwar ein Wahlrecht haben, das
relativ genau die Stimmen abdeckt, aber eben nur relativ genau, und überall
haben wir ein mehrheitsverstärkendes Wahlrecht, in Wien genauso wie in
Niederösterreich. 2008 sind in Niederösterreich Wahlen. Ich kenne keine
Initiative aus Niederösterreich, die sagt, der Herr Pröll hätte gerne, wenn er
48 oder 49 Prozent hat, keine absolute Mehrheit. Im Gegenteil! Er wird sie
auch nehmen, wenn er nur 47 Prozent zusammenbringt.
Es ist absolut ärgerlich, dass das
so diskutiert wird. Diskutiert werden sollte: Ist es notwendig? Ist man dafür,
dass es so etwas gibt wie die Hürden unten mit 4 Prozent, 5 Prozent?
Was ist jetzt fair, was ist nicht fair? Das kann man intellektuell diskutieren,
ja, aber man kann doch nicht darüber reden, vor allem nicht als ÖVP, dass das
total unredlich ist, wenn in jedem Bundesland, wo sie etwas zu sagen hat, genau
das auch passiert. (GR Dr Matthias
Tschirf: Sie verstehen das nicht!) Es gibt kein Wahlrecht in Österreich,
das eins zu eins die Stimmen und die Mandate wiedergibt, und man kann sogar
darüber diskutieren, ob das einen Sinn macht. Ich glaube nicht einmal, dass wir
uns zu 100 Prozent einig sind als Grüne,
wie weit das genau eins zu eins sein muss. Bei der Hürde sind wahrscheinlich
alle Parteien der Meinung,
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