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Gemeinderat, 26. Sitzung vom 19.11.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 12 von 120

 

Bereich selbstständig werden. Aber wehe, wehe, sie werden krank, wehe, sie haben einen Unfall, wehe, so etwas stellt sich ein. Es gibt dann weder eine Perspektive noch eine Lösung.

 

Und hier, meine Damen und Herren, hätte die Stadt Wien schon durchaus in Zusammenarbeit, beispielsweise auch mit der Wirtschaftskammer, Konzepte entwickeln können, die tragfähiger sind, und die genau diesen Menschen diese dauerhafte Sozialangst, unter der sie leben müssen, auch nimmt.

 

Nun möchte ich mich auch im Zusammenhang mit den Umwälzungen auf dem Arbeitsmarkt noch bei einer Personengruppe aufhalten, die in den letzten Jahren ebenfalls eine dramatische Änderung ihrer Beschäftigungssituation erlebt hat, und zwar zum Schlechteren hin, und das sind die Frauen.

 

Also, Frau Stadträtin, ich weiß, dass Sie sehr kompetent sind im Frauenbereich, das heißt, wenn ich kompetent sage, meine ich, ich gehe davon aus, dass Sie sich ganz genau auskennen müssen bei der Situation von Frauen am Arbeitsmarkt. Ich könnte mir nicht vorstellen, dass Sie hier die Zahlen, von denen wir hier alle sprechen, nicht kennen würden.

 

Umso mehr wundert es mich, dass Sie die besonders hohe Erwerbsquote von Frauen in Wien loben, denn Sie müssen ja wissen, dass diese Erwerbsquote deshalb zustande kommt, weil es zum überwiegenden Teil keine existenzsichernden Jobs sind. Sie müssen es wissen, Sie müssen es wissen, dass zwischen Wien und Stockholm - um jetzt einen Vergleich zu ziehen - Welten, richtige Galaxien, liegen, denn wo wir in Schweden und in den skandinavischen Ländern weit über 80 Prozent Erwerbsquote von Frauen haben, die vollzeiterwerbstätig sind, haben wir hier in Wien in den letzten Jahren eine steigende Erwerbsquote zu verzeichnen gehabt, die nicht einmal mit Teilzeitjobs, ja nicht einmal mit Teilzeitjobs, zu tun hatte, sondern hauptsächlich atypische Beschäftigungen sind. Das heißt, das sind ja nur mehr diese Jobs, die für acht Stunden, für zehn Stunden zu verrichten sind, und von denen man definitiv nicht leben kann. Und gerade letzte Woche oder vorletzte Woche war es, glaube ich, dass in allen Medien die jüngste Studie präsentiert worden ist, wo die Frauen ja auch gefragt worden sind, ob sie es freiwillig tun oder nicht, und ich bin sehr dankbar für diese Studie, weil sie hat ein für allemal mit dem Mythos aufgeräumt, die Frauen würden deshalb teilzeiterwerbstätig sein, weil sie es sich wünschen.

 

Nein, meine Damen und Herren, ein geringer Teil, wenn ich mich recht erinnere, in etwa ein Viertel, hat angegeben, tatsächlich auf eigenen Wunsch, also freiwillig, teilzeitbeschäftigt zu sein. Der Rest hat ganz einfach festgestellt, mir bleibt keine andere Wahl, weil die Kinderbetreuung beispielsweise in dieser Stadt für Kleinstkinder nach wie vor nicht vorhanden ist.

 

Genau genommen, damit es nicht hinterher heißt, ich würde die Zahlen ignorieren, ist nur jedes vierte Kind zwischen null und drei Jahren in Wien in Betreuung. Und wenn man sich bemüht hat, das sogar ein bisschen zu verbessern, und meine Zahlen leicht veraltet sein sollten, dann ist es was? Jedes dreieinhalbte Kind, und das war es. Ja, das war es.

 

Wir sprechen nicht vom Kindergartendeckungsgrad, wir sprechen von jener Lebensphase des Kindes, in der es darauf ankommt, ob die Frau zu Hause bleiben muss oder ob sie Vollzeit-erwerbstätig sein kann.

 

Und, meine Damen und Herren, hier können sich die Zahlen nicht sehen lassen. Hier sind wir sehr weit zurück von dem, wo wir sein sollten. Und es nützt auch überhaupt nichts, den Bundesländervergleich heranzuziehen und zu sagen ... (GR Jürgen Wutzlhofer: In Oberösterreich!) Ja, in Oberösterreich, das ist ein wunderbares Beispiel, lieber Kollege, weil in Oberösterreich gibt es, seit die GRÜNEN regieren, ein äußerst ambitioniertes Projekt, mit dem jahrein, jahraus die Zahl der Betreuungsplätze mehr und mehr wird. Genau das, ja, genau das, vermisse ich in Wien. In Wien ist es nach wie vor in diesem Bereich relativ unterentwickelt und es bedeutet für Frauen, wie gesagt, noch einmal, dass sie hier nicht die Möglichkeit haben, obwohl sie es sich wünschen würden.

 

Und in Anbetracht der Zahlen, die, wie gesagt, diese Studie ergeben haben, und die eine deutliche Sprache sprechen, meinen wir, dass es an der Zeit wäre, hier Konzepte zu entwickeln. Und in diesem Zusammenhang möchte ich im Namen der Grünen Fraktion und auch ganz besonders im Namen unserer Frauensprecherin, StRin Dr Monika Vana, einen Antrag einbringen, in welchem wir ein Sofortmaßnahmenprogramm zur Förderung von Vollzeitarbeitsplätzen für Frauen und zur Bekämpfung der Frauenarbeitslosigkeit beantragen. Insbesondere sind Maßnahmen zur Förderung des beruflichen Wiedereinstiegs zur Vereinbarkeit von Beruf und Betreuungstätigkeiten und Maßnahmen für die Zielgruppe der atypisch Beschäftigten auszuweiten.

 

Und eigentlich ist es ohnedies eine gute Überleitung zum zweiten Bereich, wo ich der Ansicht bin, dass es in der Stadt ein sehr großer Problembereich ist, und von dem heute eigentlich so gut wie überhaupt nicht die Rede war, und das ist sehr wohl der Bereich Migrations- und Integrationspolitik in Wien. Wenn es einen Ort gibt, wo man schon sehen kann, dass es Probleme gibt, dass diese Probleme sehr wohl nennenswert sind, und dass sie sehr wohl Auswirkungen haben auf das Leben von uns allen, dann ist es tatsächlich der Bereich Schule.

 

Und, Frau Stadträtin, ich kann Ihnen absolut nicht zustimmen, wenn Sie von Wien als Topbildungsstandort sprechen, weil allen Ernstes Wien als Topbildungsstandort zu bezeichnen, in dem wir zwar endlich ein Sanierungspaket für die Schulen beschlossen haben, wir aber nach wie vor baufällige Schulen haben, ist sehr gewagt. Wir wissen es, und wir wissen auch, dass es länger dauern wird, bis genau dieser Problembereich behoben ist, in dem wir überfüllte Klassen haben und in dem wir nach wie vor wissen, dass wir Standorte haben, in denen Kinder sehr wohl bei der Einschulung mit erheblichen Deutschschwierigkeiten zu kämpfen haben, in dem wir in den letzten Jahren mehr als 1 000 Lehrerinnen und

 

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