«  1  »

 

Gemeinderat, 26. Sitzung vom 19.11.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 90 von 120

 

Ja, wir diskutieren heute den Budgetvoranschlag. Es sind ja schon einige Dinge gefallen, aber ich muss es leider wiederholen: Für den Gesundheits- und Sozialbereich gilt einmal mehr das Fortschreiben der bisherigen Politik. Hie und da gibt es zwar einige kosmetische Korrekturen, aber die großen und zukunftsweisenden Schritte werden vermisst. Lassen Sie mich dieses Symptom an einigen Beispielen aus dem Sozialbereich aufzeigen.

 

Angesichts der real existierenden Probleme für viele Menschen in Wien fordere ich die Stadtregierung dringend auf, die Lobhudelei über den Budgetvoranschlag der Gemeinde Wien einzustellen und an den Problemlösungen in dieser Stadt zu arbeiten. (Beifall bei der ÖVP.) Solange die Armut in Wien steigt - und das ist an den heute auch schon vorgestellten steigenden Ausgaben für Sozialhilfe ersichtlich -, ist es nahezu absurd, von einer erfolgreichen Politik in Wien zu sprechen. Das angeblich so erfolgreiche Wiener Budget bezahlen nämlich die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt. Ohne die dramatisch gestiegenen Gebührenerhöhungen oder die Einnahmen aus Bundesmitteln wäre selbst diese Fortschreibungspolitik nicht finanzierbar.

 

Wie sieht nun der Voranschlag für die Sozialhilfe aus? - Es wurde heute auch schon angesprochen, dass die Dotation der Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts um 18 Millionen EUR, also um 11,5 Prozent gestiegen ist. Gleichzeitig wurde aber die Hilfe in besonderen Lebenslagen um insgesamt 73 Prozent gekürzt. Das kann nun Folgendes bedeuten: Das kann bedeuten, dass die Stadt Wien künftig bedürftigen WienerInnen weniger Mittel aus der Sozialhilfe ohne Rechtsanspruch zugesteht. Mit dieser Politik werden die Armut und die Armutsgefährdung in Wien sicher nicht abnehmen.

 

Hier wird eines ganz deutlich: Trotz sprudelnder Steuereinnahmen und Rekordeinnahmen spart das soziale Wien bei den Ärmsten. Das bedeutet, dass beispielsweise nur eine von bisher vier MindestpensionistInnen, deren Heizung im Jänner kaputt wird, die Chance hat, dass ihr die Wiener Sozialverwaltung diese Heizungsreparatur zahlen wird.

 

Prinzipiell ist eine Ausweitung der Leistungen der allgemeinen Sozialhilfe zu begrüßen. Aber eine funktionierende und zukunftsweisende Arbeitsmarktpolitik, eine zukunftsweisende Bildungs- und Integrationspolitik würde die Hilfe in diesem Ausmaß erst gar nicht notwendig machen.

 

Ein weiterer Aspekt: Bei der Hilfe in besonderen Lebenslagen werden betroffene Menschen einmal mehr zur Bittstellerin, zum Bittsteller degradiert.

 

Lassen Sie mich darüber hinaus noch einen Aspekt der Sozialhilfe ausführen: Die Sozialhilferichtsätze in Wien sind unter den niedrigsten aller Bundesländer. Nicht nur, dass Wien einen der niedrigsten Sozialhilferichtsätze hat, müssen überdies Menschen, die darauf angewiesen sind, auch noch monatelang auf das Geld warten. Bei Notfällen ist eine Wartezeit von mehreren Wochen untragbar, denn wenn in Not geratene Menschen dringend Geld brauchen, muss das Geld von der Stadt Wien innerhalb von zwei Wochen ausbezahlt werden.

 

In diesem Zusammenhang auch zum leidigen Thema der Wartezeit bei der Schuldnerberatung: Die Wartezeit wurde jetzt dadurch verkürzt, dass ehrenamtliche MitarbeiterInnen die SchuldnerInnen beim Ausfüllen der nötigen Unterlagen unterstützen. Meine Damen und Herren, es ist aber Aufgabe der Stadt, MitarbeiterInnen einzustellen, die SchuldnerInnen sofort und kompetent beraten! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Der jährliche Bericht der Volksanwaltschaft - auch das konnten wir im heurigen Jahr bereits diskutieren - ist voll von Berichten über Missstände in der Sozialhilfeverwaltung der Stadt Wien. Es ist der Vollzug, der in Wien letztendlich SozialhilfeempfängerInnen zu BittstellerInnen degradiert. Wir fordern bereits seit Langem den Rechtsanspruch auf Heizkostenzuschuss in der tatsächlichen Höhe der Aufwendungen für sozial benachteiligte Menschen. Dieser soll bei Sozialhilfeanspruch auch automatisch ausbezahlt werden.

 

Aufgrund der Gebührenerhöhungen und der Erhöhung der Preise von Strom und Gas ist die geringe Höhe des Heizkostenzuschusses von 100 EUR eine Verhöhnung der Ärmsten in dieser Stadt. (Beifall bei der ÖVP und von Gemeinderäten der FPÖ.) Wir fordern einen Heizkostenzuschuss in der Höhe von mindestens 175 EUR.

 

Mit der Gewährung des Heizkostenzuschusses betreibt die Stadt Wien einmal mehr die Politik der Almosenauszahlung, denn es wird von Jahr zu Jahr neu entschieden, wie hoch dieser Heizkostenzuschuss ist. Es wurde auch heute von der Stadtregierung schon gesagt, dass er heuer 100 EUR betragen wird. Ich kann mich daran erinnern, es ist bereits jahrelang so, dass der Heizkostenzuschuss in der gleichen Höhe ausbezahlt wird. Also auch hier kann man nicht von Innovation und einer Anpassung an die tatsächlichen Kosten sprechen.

 

Das Gleiche schreibt sich natürlich fort in der Politik für behinderte Menschen. Ich bin vor dreieinhalb Jahren mit Elan in die Behindertenpolitik der Stadt eingestiegen, aber ich bin leider bereits sehr ernüchtert. Die Ankündigungen warten auf Umsetzung, und Visionen fehlen zur Gänze. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Frau Kollegin Stubenvoll hat uns schon gesagt, dass sie zahlreiche Informationen zum Budget des FSW hat. Ich denke, diese Informationen können nur in der fraktionellen Vorbesprechung vor der Beiratssitzung stattfinden, weil wir diese Informationen nicht haben.

 

Was das Wohnen für behinderte Menschen betrifft, weicht der Voranschlag um minus 3 Prozent gegenüber dem Budget vom letzten Mal ab. Ich weiß nicht, wo hier die Innovationen und der Ausbau im Bereich des Wohnens für behinderte Menschen herausgelesen werden können. Auch für Beschäftigung und Tagesstruktur werden heuer um 6 Prozent weniger an Mitteln zur Verfügung gestellt.

 

Ein Paradigmenwechsel in der Behindertenpolitik macht natürlich auch ein Umdenken im Wohnen für behinderte Menschen nötig. Behinderte Menschen brauchen auf Grund ihrer unterschiedlichen Bedürfnisse auch

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular