Gemeinderat,
26. Sitzung vom 20.11.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 64 von 112
dass der Wiener Autofahrer Parkscheingebühren für 266 500 Stunden bezahlen muss, um allein die Zulage für die Kontrollorgane zu finanzieren. So stellen wir uns die Mobilität für den Autofahrer in dieser Stadt nicht vor!
Daher sagen wir: Mit diesem Budget und den Erhöhungen
tragen Sie dazu bei, dass der Verkehr zu einer Hauptbelastungsquelle für alle
Bürgerinnen und Bürger wird, und gleichzeitig tragen Sie dazu bei, dass Wien
nicht mobiler wird.
Es wäre quasi ein Pleonasmus, an dieser Stelle zu
sagen, dass wir dem Budget nicht zustimmen. Ändern Sie Ihre Verkehrspolitik!
Geben Sie den Wienerinnen und Wienern ihre Mobilität zurück, und zwar
unabhängig vom Einkommen! Mobilität ist ein Grundrecht und darf nicht nur ein
Privileg für bestimmte Gruppen sein! (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als
Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Deutsch. Ich erteile es ihm.
GR Christian Deutsch (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Herr Vorsitzender! Herr
Stadtrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Wien ist eine sehr attraktive und prosperierende
Stadt. Alle demographischen Prognosen weisen darauf hin, dass die Bevölkerung
wesentlich rascher wachsen wird als in den vergangenen Jahren. Die Gründe dafür
sind vielfältig: Höhere Geburtenraten und damit eine positive Geburtenbilanz,
internationale Zuwanderung ebenso wie Zuwanderung aus weiter entfernten
Regionen Österreichs, aber auch eine steigende Lebenserwartung. Es ist
eigentlich eine sehr erfreuliche Tatsache, dass die Menschen in unserer Stadt
immer älter werden. All diese Faktoren führen zu einem Anstieg der
Gesamtbevölkerung.
Auf Basis von empirischen Daten gehen die jüngsten
Prognosen daher von einem deutlich höheren Bevölkerungswachstum aus –
Kollege Madejski ist in seinem Beitrag bereits darauf eingegangen – als es
noch in früheren Studien prognostiziert wurde.
Von der Magistratsabteilung 18 - Stadtentwicklung
und Stadtplanung wurde eine Studie beauftragt, deren Ergebnisse ganz eindeutige
Trends zeigen: Die Zunahme der EinwohnerInnenzahl bis 2035 wird mit
336 600 Personen, also einem Plus von 21 Prozent, angenommen,
sodass Wien an die 2 Millionen-Grenze heranrückt.
Gravierend sind dabei vor allem die kleinräumigen
Veränderungen, die wir uns in der Diskussion noch näher anzusehen haben. Die
heute überwiegend von älterer Bevölkerung bewohnten Stadtteile wie etwa die
Innenstadt oder der Westen Wiens werden durchschnittlich jünger, während die
heute von jungen Familien bewohnten Stadtteile im Nordosten und im Süden
unserer Stadt älter werden. Damit nimmt aber nicht nur der Bedarf an
Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen insgesamt zu, sondern dieser Bedarf verlagert
sich auch räumlich. Gleichzeitig gestaltet sich auf Grund der prognostizierten
Bevölkerungsentwicklung aber auch der demographische Alterungsprozess moderater
als in anderen Ländern.
Darauf, dass die Wiener Bezirke sich dabei
unterschiedlich entwickeln werden, nimmt die Stadtplanung bereits Rücksicht.
Das Bevölkerungswachstum wird sich auf die Bezirke 3, 11, 2, 20, 21, 22, 10 und
23 konzentrieren. Im Hinblick auf diese neuen Daten der MA 18 und der
Statistik Austria meine ich, dass es sinnvoll und notwendig ist, auch die Daten
der Studie „Leben in Wien“ zu aktualisieren beziehungsweise, wenn erforderlich,
auch neu zu erheben, damit auch die Wiener Ausgangslage nochmals untersucht
werden kann, weil diese Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung auf kleinräumiger
Basis eine sehr wichtige Planungsgrundlage auch für andere Geschäftsgruppen
darstellen. Die Bevölkerungszahl und deren Struktur sind nämlich beispielsweise
auch eine wichtige Grundlage für Bedarfsplanungen, wenn es um die Frage von
Schulen, Kindergärten oder technischer Infrastruktur geht.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor dem
Hintergrund dieser Bevölkerungsentwicklung werden aber auch die Voraussetzungen
für eine wachsende Stadt optimiert. Ich meine, Herr Kollege Madejski, dass kein
Anlass besteht, Visionen zu vermissen! Die Ziele der Stadtplanung sind auch im
Stadtentwicklungsplan 2005 ganz klar definiert, und die
Umsetzungsprogramme sind vorbereitet.
Die kurzfristig wichtigste Herausforderung betrifft auf
Grund dieser Bevölkerungsprognose die steigende Nachfrage nach Wohnraum. Bis
2020 wird ein Einwohnerzuwachs von plus 165 000 gegenüber dem Jahr
2006 prognostiziert. Die Zuwächse der Wohnbevölkerung sind dabei vor allem in
jenen Regionen zu erwarten, die an den großen Verkehrsachsen liegen. Das wird
uns nicht überraschen, denn an diesen Verkehrsachsen ist eine
überdurchschnittliche wirtschaftliche Dynamik zu beobachten, diese Standorte
weisen eine sehr gute Erreichbarkeit auf und sind für Betriebsansiedelungen
attraktiv.
Daher soll bei einem so genannten „Bauland-Check“ die
räumliche Entwicklung der Stadt beobachtet und gesteuert werden. Der
Siedlungsbedarf wird den verfügbaren beziehungsweise mobilisierbaren
Baulandreserven und Baulandpotenzialen vor allem entlang dieser hochrangigen
Verkehrstrecken gegenübergestellt. Auf Grund der erwähnten aktuellen
Bevölkerungsprognose wird die Mobilisierung geeigneter Verdichtungspotenziale
zunehmend nicht nur zur dringlichen Aufgabe, sondern es werden auch neue Widmungsprogramme
erforderlich sein. Das ist notwendig, um auf die aktuellen kleinräumigen
Entwicklungen und Bedarfs- und Problemsituationen künftig noch schneller und
zielgruppenorientierter reagieren zu können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Durch den geplanten Neubau von
20 000 Wohnungen in den kommenden drei Jahren wird das potenzielle
Wohnungsangebot noch verstärkt. Beim Neubau wird künftig noch ein wesentlich
stärkerer Schwerpunkt auf Ökologie, Klimaschutz und bedarfsgerechte Angebote verschiedener
Wohnmodelle wie Passivhaus-Wohnbauten und Generationen-Wohnen gelegt werden. In
neun der insgesamt
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